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Melander, Otto: [Joco-seria] Das ander theil dieses Schimpff vnd Ernsts. Bd. 2. Lich, 1605.

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bleibet/ er nicht verhaßt wirdt. Aber wo er zehen
tag aneinander zu jhm gehet/ vnnd jhn gleich der
Herr nicht vngern sihet/ so äfftern vnd raucken doch
die Knecht darüber.

Tibullus.

Ne simus nimium stultorum more molesti.

Das ist/

Wir sollen nicht zu viel nach der Narren art
beschwerlich seyn.

Jtem ein gemein sprichwort.

Man soll der Herren geniessen/ soll sie aber auch
beym Brot lassen.

Item.

Ein willig Pferd soll man nicht vbertreiben.

Item.

Wer sich nicht schämet/ der macht jm die Kirch-
weihe nütz.
XLIX. Von einem Priester vnd sei-
nem Glöckner.

ES war ein gelehrter Mann in einer vor-
nemmen Stadt Pfarherr/ mit Namen
Michael/ der hatte einen Glöckner oder
Cüster auß Westphalen/ auch Michael ge-
nannt/ welcher in seiner jugend ein Mönnichs le-
ben geführt/ nachmals aber solches verlassen/ vnnd
sich zum theil mit Garten bawen/ zum theil mit
Weißbinden/ zum theil mit dem Glöcknerampt
nehrete. Auff ein zeit befihlet vorgemelter Pfarherr
diesem Glöckner/ er solte seinen Geuattern vnd die
Gäst in einem Kindbett/ mit etlich Wein vereh-
ren/ welches er dann thut mit folgenden Worten:

Jhr
bleibet/ er nicht verhaßt wirdt. Aber wo er zehen
tag aneinander zu jhm gehet/ vnnd jhn gleich der
Herr nicht vngern ſihet/ ſo aͤfftern vnd raucken doch
die Knecht daruͤber.

Tibullus.

Ne ſimus nimium ſtultorum more moleſti.

Das iſt/

Wir ſollen nicht zu viel nach der Narren art
beſchwerlich ſeyn.

Jtem ein gemein ſprichwort.

Man ſoll der Herren genieſſen/ ſoll ſie aber auch
beym Brot laſſen.

Item.

Ein willig Pferd ſoll man nicht vbertreiben.

Item.

Wer ſich nicht ſchaͤmet/ der macht jm die Kirch-
weihe nuͤtz.
XLIX. Von einem Prieſter vnd ſei-
nem Gloͤckner.

ES war ein gelehrter Mann in einer vor-
nemmen Stadt Pfarherr/ mit Namen
Michael/ der hatte einen Gloͤckner oder
Cuͤſter auß Weſtphalen/ auch Michael ge-
nannt/ welcher in ſeiner jugend ein Moͤnnichs le-
ben gefuͤhrt/ nachmals aber ſolches verlaſſen/ vnnd
ſich zum theil mit Garten bawen/ zum theil mit
Weißbinden/ zum theil mit dem Gloͤcknerampt
nehrete. Auff ein zeit befihlet vorgemelter Pfarherꝛ
dieſem Gloͤckner/ er ſolte ſeinen Geuattern vnd die
Gaͤſt in einem Kindbett/ mit etlich Wein vereh-
ren/ welches er dann thut mit folgenden Worten:

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[61/0065] bleibet/ er nicht verhaßt wirdt. Aber wo er zehen tag aneinander zu jhm gehet/ vnnd jhn gleich der Herr nicht vngern ſihet/ ſo aͤfftern vnd raucken doch die Knecht daruͤber. Tibullus. Ne ſimus nimium ſtultorum more moleſti. Das iſt/ Wir ſollen nicht zu viel nach der Narren art beſchwerlich ſeyn. Jtem ein gemein ſprichwort. Man ſoll der Herren genieſſen/ ſoll ſie aber auch beym Brot laſſen. Item. Ein willig Pferd ſoll man nicht vbertreiben. Item. Wer ſich nicht ſchaͤmet/ der macht jm die Kirch- weihe nuͤtz. XLIX. Von einem Prieſter vnd ſei- nem Gloͤckner. ES war ein gelehrter Mann in einer vor- nemmen Stadt Pfarherr/ mit Namen Michael/ der hatte einen Gloͤckner oder Cuͤſter auß Weſtphalen/ auch Michael ge- nannt/ welcher in ſeiner jugend ein Moͤnnichs le- ben gefuͤhrt/ nachmals aber ſolches verlaſſen/ vnnd ſich zum theil mit Garten bawen/ zum theil mit Weißbinden/ zum theil mit dem Gloͤcknerampt nehrete. Auff ein zeit befihlet vorgemelter Pfarherꝛ dieſem Gloͤckner/ er ſolte ſeinen Geuattern vnd die Gaͤſt in einem Kindbett/ mit etlich Wein vereh- ren/ welches er dann thut mit folgenden Worten: Jhr

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Zitationshilfe: Melander, Otto: [Joco-seria] Das ander theil dieses Schimpff vnd Ernsts. Bd. 2. Lich, 1605, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/melander_jocoseria02_1605/65>, abgerufen am 24.11.2024.