Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Melander, Otto: [Joco-seria] Das ander theil dieses Schimpff vnd Ernsts. Bd. 2. Lich, 1605.

Bild:
<< vorherige Seite

Gottes/ vor dessen Gericht er balt solt gestellet wer-
den/ jhn nit abhielte von den newen Sünden/ vnnd
jn an wiese anders zu sterben/ als er gelebet hatte.
Da sie aber hörten/ daß er solt in die Kirchen begra-
ben werden/ sorgten sie für das ander nichts ferner.
Nach dem er kurtz hernacher das Abendmal des
Herrn empfangen/ die schwachheit je lenger je mehr
zunahme/ vnnd er mit der letzten salbung verschen
war/ starb er noch eben den tag/ darauff er die herr-
liche Beicht gethan hatte. Die beyde Brüder liessen
jhm ein ehrlich begrebnus zu richten/ liessen etliche
Geistliche holen/ welche bey der Leich des Nachts
wachten/ vnd des Morgens alles/ wz zu einen stact-
lichen begrebnis gehöret/ zu richteten. Da der gut
Mönnich/ der jn beichten gehöret/ vernahm/ daß er
gestorben were/ gehet er so balt zu dem Obersten im
Closter/ welcher ließ ein Glock zihen/ daß alle Mon-
nich zusammen kommen solten/ wie dan geschahe/ der
Mön nich zeigt an/ wie Capelletus der Heilige man/
in massen solches aus seiuer Beicht abzunemen/ we-
re in Go[tt] verschieden/ verhoffendt/ Gott würde
durch jn viel zeichen thun/ solten jn derwegen mit vie-
len Ceremonien vnd sonderbarer heiligkeit zur Erden
bestatten/ darzu geben beid der Oberst wie auch alle
andere Geistliche jren willen. Also versamblen sie
sich bey Cappelleti Leich des Abends hauffen weiß/
vnd halten die wacht des nachts vber stattlich. Den
folgenden tag aber tragen sie alle lange mäntel/ ha-
ben Bücher in jhren Händen/ tragen auch die Creutz
vor jm her/ singen todenlieder/ gehen in einem Pro-
ceß vnd mit grossen geprengen in die Kirch/ der
Leich folgeten vast die gantze Bergerschafft von
Man vnd Weibspersonen. Da man die Leich nun
in der Kirchen nider gesetzet hatte/ da g[i]ng d Mön-
nich/ welcher ihn Beichten gehöret/ auff die Cantzel/
redt viel don jm/ seinen Leben/ messigkeit/ k[eu]schheit/

einfel-

Gottes/ vor deſſẽ Gericht er balt ſolt geſtellet wer-
den/ jhn nit abhielte von den newen Suͤnden/ vnnd
jn an wieſe anders zu ſterben/ als er gelebet hatte.
Da ſie aber hoͤrten/ daß er ſolt in die Kirchẽ begra-
ben werden/ ſorgten ſie fuͤr das ander nichts ferner.
Nach dem er kurtz hernacher das Abendmal des
Herꝛn empfangen/ die ſchwachheit je lenger je mehr
zunahme/ vnnd er mit der letzten ſalbung verſchen
war/ ſtarb er noch eben den tag/ darauff er die herꝛ-
liche Beicht gethan hatte. Die beyde Bruͤder lieſſen
jhm ein ehrlich begrebnus zu richten/ lieſſen etliche
Geiſtliche holen/ welche bey der Leich des Nachts
wachten/ vnd des Morgens alles/ wz zu einẽ ſtact-
lichen begrebnis gehoͤret/ zu richteten. Da der gut
Moͤnnich/ der jn beichten gehoͤret/ vernahm/ daß er
geſtorben were/ gehet er ſo balt zu dem Oberſtẽ im
Cloſter/ welcher ließ ein Glock zihen/ daß alle Mon-
nich zuſam̃en kommen ſolten/ wie dan geſchahe/ der
Moͤn nich zeigt an/ wie Capelletus der Heilige man/
in maſſen ſolches aus ſeiuer Beicht abzunemen/ we-
re in Go[tt] verſchieden/ verhoffendt/ Gott wuͤrde
durch jn viel zeichẽ thun/ ſolten jn derwegen mit vie-
len Ceremonien vnd ſonderbarer heiligkeit zur Erdẽ
beſtatten/ darzu geben beid der Oberſt wie auch alle
andere Geiſtliche jren willen. Alſo verſamblen ſie
ſich bey Cappelleti Leich des Abends hauffẽ weiß/
vnd haltẽ die wacht des nachts vber ſtattlich. Den
folgenden tag aber tragen ſie alle lange maͤntel/ ha-
ben Buͤcher in jhren Haͤnden/ tragen auch die Creutz
vor jm her/ ſingen todenlieder/ gehen in einem Pro-
ceß vnd mit groſſen geprengen in die Kirch/ der
Leich folgeten vaſt die gantze Bergerſchafft von
Man vnd Weibsperſonen. Da man die Leich nun
in der Kirchen nider geſetzet hatte/ da g[i]ng ď Moͤn-
nich/ welcher ihn Beichten gehoͤret/ auff die Cantzel/
redt viel don jm/ ſeinẽ Leben/ meſſigkeit/ k[eu]ſchheit/

einfel-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0433" n="407"/>
Gottes/ vor de&#x017F;&#x017F;e&#x0303; Gericht er balt &#x017F;olt ge&#x017F;tellet wer-<lb/>
den/ jhn nit abhielte von den newen Su&#x0364;nden/ vnnd<lb/>
jn an wie&#x017F;e anders zu &#x017F;terben/ als er gelebet hatte.<lb/>
Da &#x017F;ie aber ho&#x0364;rten/ daß er &#x017F;olt in die Kirche&#x0303; begra-<lb/>
ben werden/ &#x017F;orgten &#x017F;ie fu&#x0364;r das ander nichts ferner.<lb/>
Nach dem er kurtz hernacher das Abendmal des<lb/>
Her&#xA75B;n empfangen/ die &#x017F;chwachheit je lenger je mehr<lb/>
zunahme/ vnnd er mit der letzten &#x017F;albung ver&#x017F;chen<lb/>
war/ &#x017F;tarb er noch eben den tag/ darauff er die her&#xA75B;-<lb/>
liche Beicht gethan hatte. Die beyde Bru&#x0364;der lie&#x017F;&#x017F;en<lb/>
jhm ein ehrlich begrebnus zu richten/ lie&#x017F;&#x017F;en etliche<lb/>
Gei&#x017F;tliche holen/ welche bey der Leich des Nachts<lb/>
wachten/ vnd des Morgens alles/ wz zu eine&#x0303; &#x017F;tact-<lb/>
lichen begrebnis geho&#x0364;ret/ zu richteten. Da der gut<lb/>
Mo&#x0364;nnich/ der jn beichten geho&#x0364;ret/ vernahm/ daß er<lb/>
ge&#x017F;torben were/ gehet er &#x017F;o balt zu dem Ober&#x017F;te&#x0303; im<lb/>
Clo&#x017F;ter/ welcher ließ ein Glock zihen/ daß alle Mon-<lb/>
nich zu&#x017F;am&#x0303;en kommen &#x017F;olten/ wie dan ge&#x017F;chahe/ der<lb/>
Mo&#x0364;n nich zeigt an/ wie Capelletus der Heilige man/<lb/>
in ma&#x017F;&#x017F;en &#x017F;olches aus &#x017F;eiuer Beicht abzunemen/ we-<lb/>
re in Go<supplied>tt</supplied> ver&#x017F;chieden/ verhoffendt/ Gott wu&#x0364;rde<lb/>
durch jn viel zeiche&#x0303; thun/ &#x017F;olten jn derwegen mit vie-<lb/>
len Ceremonien vnd &#x017F;onderbarer heiligkeit zur Erde&#x0303;<lb/>
be&#x017F;tatten/ darzu geben beid der Ober&#x017F;t wie auch alle<lb/>
andere Gei&#x017F;tliche jren willen. Al&#x017F;o ver&#x017F;amblen &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich bey Cappelleti Leich des Abends hauffe&#x0303; weiß/<lb/>
vnd halte&#x0303; die wacht des nachts vber &#x017F;tattlich. Den<lb/>
folgenden tag aber tragen &#x017F;ie alle lange ma&#x0364;ntel/ ha-<lb/>
ben Bu&#x0364;cher in jhren Ha&#x0364;nden/ tragen auch die Creutz<lb/>
vor jm her/ &#x017F;ingen todenlieder/ gehen in einem Pro-<lb/>
ceß vnd mit gro&#x017F;&#x017F;en geprengen in die Kirch/ der<lb/>
Leich folgeten va&#x017F;t die gantze Berger&#x017F;chafft von<lb/>
Man vnd Weibsper&#x017F;onen. Da man die Leich nun<lb/>
in der Kirchen nider ge&#x017F;etzet hatte/ da g<supplied>i</supplied>ng &#x010F; Mo&#x0364;n-<lb/>
nich/ welcher ihn Beichten geho&#x0364;ret/ auff die Cantzel/<lb/>
redt viel don jm/ &#x017F;eine&#x0303; Leben/ me&#x017F;&#x017F;igkeit/ k<supplied>eu</supplied>&#x017F;chheit/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">einfel-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[407/0433] Gottes/ vor deſſẽ Gericht er balt ſolt geſtellet wer- den/ jhn nit abhielte von den newen Suͤnden/ vnnd jn an wieſe anders zu ſterben/ als er gelebet hatte. Da ſie aber hoͤrten/ daß er ſolt in die Kirchẽ begra- ben werden/ ſorgten ſie fuͤr das ander nichts ferner. Nach dem er kurtz hernacher das Abendmal des Herꝛn empfangen/ die ſchwachheit je lenger je mehr zunahme/ vnnd er mit der letzten ſalbung verſchen war/ ſtarb er noch eben den tag/ darauff er die herꝛ- liche Beicht gethan hatte. Die beyde Bruͤder lieſſen jhm ein ehrlich begrebnus zu richten/ lieſſen etliche Geiſtliche holen/ welche bey der Leich des Nachts wachten/ vnd des Morgens alles/ wz zu einẽ ſtact- lichen begrebnis gehoͤret/ zu richteten. Da der gut Moͤnnich/ der jn beichten gehoͤret/ vernahm/ daß er geſtorben were/ gehet er ſo balt zu dem Oberſtẽ im Cloſter/ welcher ließ ein Glock zihen/ daß alle Mon- nich zuſam̃en kommen ſolten/ wie dan geſchahe/ der Moͤn nich zeigt an/ wie Capelletus der Heilige man/ in maſſen ſolches aus ſeiuer Beicht abzunemen/ we- re in Gott verſchieden/ verhoffendt/ Gott wuͤrde durch jn viel zeichẽ thun/ ſolten jn derwegen mit vie- len Ceremonien vnd ſonderbarer heiligkeit zur Erdẽ beſtatten/ darzu geben beid der Oberſt wie auch alle andere Geiſtliche jren willen. Alſo verſamblen ſie ſich bey Cappelleti Leich des Abends hauffẽ weiß/ vnd haltẽ die wacht des nachts vber ſtattlich. Den folgenden tag aber tragen ſie alle lange maͤntel/ ha- ben Buͤcher in jhren Haͤnden/ tragen auch die Creutz vor jm her/ ſingen todenlieder/ gehen in einem Pro- ceß vnd mit groſſen geprengen in die Kirch/ der Leich folgeten vaſt die gantze Bergerſchafft von Man vnd Weibsperſonen. Da man die Leich nun in der Kirchen nider geſetzet hatte/ da ging ď Moͤn- nich/ welcher ihn Beichten gehoͤret/ auff die Cantzel/ redt viel don jm/ ſeinẽ Leben/ meſſigkeit/ keuſchheit/ einfel-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/melander_jocoseria02_1605
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/melander_jocoseria02_1605/433
Zitationshilfe: Melander, Otto: [Joco-seria] Das ander theil dieses Schimpff vnd Ernsts. Bd. 2. Lich, 1605, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/melander_jocoseria02_1605/433>, abgerufen am 19.05.2024.