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Melander, Otto: [Joco-seria] Das ander theil dieses Schimpff vnd Ernsts. Bd. 2. Lich, 1605.

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wiewol er mir mein Köl abgefressen. Der Schult-
heiß hat jhm solches nicht wollen glauben/ sondern
solt jhm das noch bey trew vnnd glauben schweren.
Sie gehen mit einander zum Pfaffen daß ers all-
da mit Gottes Wort bethwerte. Sie suchen nach
dem Buch/ aber da wa kein Buch ins Pfaffen
Hauß. Bald kompt ein junger Knab zur Thür hin-
ein/ den fraget der Pfaff: Hör Jung/ wer hat doch
meine Bibel entlehnet. Da antwortet der Jung:
wisset jhr nicht daß jhr sie gestern abend/ als jhr so
truncken vnnd voll ward/ vnnd so zürnet vber ewer
Frawen/ daß jhr sie zerrisset. Bald lauffet er vnnd
sucht/ da find er noch etliche Blättlein vmb die Wi-
gen herumb ligen.

CLVI. Von einem Bür-
genmeister.

JCh denck jetzunder eines Bürgenmeisters/
der sein lebtag in keiner Bibel gelesen. Die-
sem schenckt einmal ein guter Freund/ ein
gelehrter Mann eine Bibel/ vnnd bat/ daß
er sie fleissig wolt lesen. Solches verheißt er zu
thun. Nicht lang hernacher wirdt er gefragt/ ob er
auch in der Bibel gelesen/ vnd was er vor nutz dar-
auß geschöffet? Da hat er geantwortet/ ich hatte
mein lebtag nicht gemeinet/ daß solche gute schna-
cken in der Bibel weren.

CLVIII. Von einem vngelehrten
Bischoff.

DJeser Heilige Vatter der Pflegte all-
zeit zu sagen/ der Buchstab tödtet/ der
Buchstab tödtet/ vor solchem nun hastu
dich wol bewahret/ daß dich der Buch-

stab

wiewol er mir mein Koͤl abgefreſſen. Der Schult-
heiß hat jhm ſolches nicht wollen glauben/ ſondern
ſolt jhm das noch bey trew vnnd glauben ſchweren.
Sie gehen mit einander zum Pfaffen daß ers all-
da mit Gottes Wort bethwerte. Sie ſuchen nach
dem Buch/ aber da wa kein Buch ins Pfaffen
Hauß. Bald kompt ein junger Knab zur Thuͤr hin-
ein/ den fraget der Pfaff: Hoͤr Jung/ wer hat doch
meine Bibel entlehnet. Da antwortet der Jung:
wiſſet jhr nicht daß jhr ſie geſtern abend/ als jhr ſo
truncken vnnd voll ward/ vnnd ſo zuͤrnet vber ewer
Frawen/ daß jhr ſie zerriſſet. Bald lauffet er vnnd
ſucht/ da find er noch etliche Blaͤttlein vmb die Wi-
gen herumb ligen.

CLVI. Von einem Buͤr-
genmeiſter.

JCh denck jetzunder eines Buͤrgenmeiſters/
der ſein lebtag in keiner Bibel geleſen. Die-
ſem ſchenckt einmal ein guter Freund/ ein
gelehrter Mann eine Bibel/ vnnd bat/ daß
er ſie fleiſſig wolt leſen. Solches verheißt er zu
thun. Nicht lang hernacher wirdt er gefragt/ ob er
auch in der Bibel geleſen/ vnd was er vor nutz dar-
auß geſchoͤffet? Da hat er geantwortet/ ich hatte
mein lebtag nicht gemeinet/ daß ſolche gute ſchna-
cken in der Bibel weren.

CLVIII. Von einem vngelehrten
Biſchoff.

DJeſer Heilige Vatter der Pflegte all-
zeit zu ſagen/ der Buchſtab toͤdtet/ der
Buchſtab toͤdtet/ vor ſolchem nun haſtu
dich wol bewahret/ daß dich der Buch-

ſtab
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[148/0172] wiewol er mir mein Koͤl abgefreſſen. Der Schult- heiß hat jhm ſolches nicht wollen glauben/ ſondern ſolt jhm das noch bey trew vnnd glauben ſchweren. Sie gehen mit einander zum Pfaffen daß ers all- da mit Gottes Wort bethwerte. Sie ſuchen nach dem Buch/ aber da wa kein Buch ins Pfaffen Hauß. Bald kompt ein junger Knab zur Thuͤr hin- ein/ den fraget der Pfaff: Hoͤr Jung/ wer hat doch meine Bibel entlehnet. Da antwortet der Jung: wiſſet jhr nicht daß jhr ſie geſtern abend/ als jhr ſo truncken vnnd voll ward/ vnnd ſo zuͤrnet vber ewer Frawen/ daß jhr ſie zerriſſet. Bald lauffet er vnnd ſucht/ da find er noch etliche Blaͤttlein vmb die Wi- gen herumb ligen. CLVI. Von einem Buͤr- genmeiſter. JCh denck jetzunder eines Buͤrgenmeiſters/ der ſein lebtag in keiner Bibel geleſen. Die- ſem ſchenckt einmal ein guter Freund/ ein gelehrter Mann eine Bibel/ vnnd bat/ daß er ſie fleiſſig wolt leſen. Solches verheißt er zu thun. Nicht lang hernacher wirdt er gefragt/ ob er auch in der Bibel geleſen/ vnd was er vor nutz dar- auß geſchoͤffet? Da hat er geantwortet/ ich hatte mein lebtag nicht gemeinet/ daß ſolche gute ſchna- cken in der Bibel weren. CLVIII. Von einem vngelehrten Biſchoff. DJeſer Heilige Vatter der Pflegte all- zeit zu ſagen/ der Buchſtab toͤdtet/ der Buchſtab toͤdtet/ vor ſolchem nun haſtu dich wol bewahret/ daß dich der Buch- ſtab

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Zitationshilfe: Melander, Otto: [Joco-seria] Das ander theil dieses Schimpff vnd Ernsts. Bd. 2. Lich, 1605, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/melander_jocoseria02_1605/172>, abgerufen am 25.11.2024.