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Melander, Otto: Joco-seria Das ist Schimpff vnd Ernst. Bd. 1. Lich, 1605.

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jhr mich nicht so vnzeitlich davon vertrieben
hettet. Das ich nun den zugefügten schaden
deß weihens oder habichß habe wollen er-
statten/ bin ich billicher zu loben als zu
schelten. Wolan machet ihr mir nur ein gu-
ten grossern Habern Brey/ vber welchen das
Fett rings vmb her schwimbt/ weil nun ist
der Fünffte tag/ vnnd ich weder gessen noch
etwas gekostet habe. Jn kurtzem/ die eltern
sint durch deß Narrns ihres Sohns thor-
heit versöhnet/ vnnd zu mit leiden beweget/
das sie jhnen seiner bitt gewehren wollen/
weiß aber nicht wie es verblieben. Damit
aber gleich wol der thor seinen erhun-
gerten magen möcht wider ersettigen/
greifft er an die Keeß/ auß welchen er jun-
ge Hünlein brutten wollen frist einen nach
dem andern auff/ vngeachtet er vber densel-
ben vier tage gesessen/ vnnd mit blossem gesäß
erwärmet hatte.

CLXVIII. Von eben dem sel-
ben.

DJesen Narrn haben seine Eltern
zur schull gehalten/ in welcher
er so viel gelernet/ daß er nicht al-
lein können lesen vnnd schreiben/
sondern hat auch zum theil wissen Later-
nisch reden. Als er aber je mehr vnnd mehr
narrete/ haben sie jhn auß der Schull be-
halten/ vnnd backen geleret. Vnder dessen
aber besucht er seine Schul Gesellen zum
fleisigsten alle Sontag/ vnnd conferirt mit

jhnen/

jhr mich nicht ſo vnzeitlich davon vertrieben
hettet. Das ich nun den zugefuͤgten ſchaden
deß weihens oder habichß habe wollen er-
ſtatten/ bin ich billicher zu loben als zu
ſchelten. Wolan machet ihr mir nur ein gu-
ten groſſern Habern Brey/ vber welchen das
Fett rings vmb her ſchwimbt/ weil nun iſt
der Fuͤnffte tag/ vnnd ich weder geſſen noch
etwas gekoſtet habe. Jn kurtzem/ die eltern
ſint durch deß Narrns ihres Sohns thor-
heit verſoͤhnet/ vnnd zu mit leiden beweget/
das ſie jhnen ſeiner bitt gewehren wollen/
weiß aber nicht wie es verblieben. Damit
aber gleich wol der thor ſeinen erhun-
gerten magen moͤcht wider erſettigen/
greifft er an die Keeß/ auß welchen er jun-
ge Huͤnlein brutten wollen friſt einen nach
dem andern auff/ vngeachtet er vber denſel-
ben vier tage geſeſſen/ vnnd mit bloſſem geſaͤß
erwaͤrmet hatte.

CLXVIII. Von eben dem ſel-
ben.

DJeſen Narrn haben ſeine Eltern
zur ſchull gehalten/ in welcher
er ſo viel gelernet/ daß er nicht al-
lein koͤnnen leſen vnnd ſchreiben/
ſondern hat auch zum theil wiſſen Later-
niſch reden. Als er aber je mehr vnnd mehr
narrete/ haben ſie jhn auß der Schull be-
halten/ vnnd backen geleret. Vnder deſſen
aber beſucht er ſeine Schul Geſellen zum
fleiſigſten alle Sontag/ vnnd conferirt mit

jhnen/
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[158/0166] jhr mich nicht ſo vnzeitlich davon vertrieben hettet. Das ich nun den zugefuͤgten ſchaden deß weihens oder habichß habe wollen er- ſtatten/ bin ich billicher zu loben als zu ſchelten. Wolan machet ihr mir nur ein gu- ten groſſern Habern Brey/ vber welchen das Fett rings vmb her ſchwimbt/ weil nun iſt der Fuͤnffte tag/ vnnd ich weder geſſen noch etwas gekoſtet habe. Jn kurtzem/ die eltern ſint durch deß Narrns ihres Sohns thor- heit verſoͤhnet/ vnnd zu mit leiden beweget/ das ſie jhnen ſeiner bitt gewehren wollen/ weiß aber nicht wie es verblieben. Damit aber gleich wol der thor ſeinen erhun- gerten magen moͤcht wider erſettigen/ greifft er an die Keeß/ auß welchen er jun- ge Huͤnlein brutten wollen friſt einen nach dem andern auff/ vngeachtet er vber denſel- ben vier tage geſeſſen/ vnnd mit bloſſem geſaͤß erwaͤrmet hatte. CLXVIII. Von eben dem ſel- ben. DJeſen Narrn haben ſeine Eltern zur ſchull gehalten/ in welcher er ſo viel gelernet/ daß er nicht al- lein koͤnnen leſen vnnd ſchreiben/ ſondern hat auch zum theil wiſſen Later- niſch reden. Als er aber je mehr vnnd mehr narrete/ haben ſie jhn auß der Schull be- halten/ vnnd backen geleret. Vnder deſſen aber beſucht er ſeine Schul Geſellen zum fleiſigſten alle Sontag/ vnnd conferirt mit jhnen/

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Zitationshilfe: Melander, Otto: Joco-seria Das ist Schimpff vnd Ernst. Bd. 1. Lich, 1605, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/melander_jocoseria01_1605/166>, abgerufen am 28.04.2024.