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Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882.

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sich aufraffend. "Du hast mir ein Opfer gebracht, als Du Dein hübsches Bräutchen meinetwegen verließest. Ich habe Dir gleich meine Erkenntlichkeit dafür ausgedrückt; aber damals habe ich noch nicht gewußt, welchen Muth und welche Selbstüberwindung es gekostet haben muß, eine zu verlassen, die uns liebt, da es ja schon so schwer, so ungeheuer schwer und fast unmöglich ist, eine zu verlassen, von der man gar nicht wieder geliebt wird!"

"Das war freilich ein hartes Stück Arbeit, von Schloß Werdenberg fortzugehn," erwiderte Thomas in seiner schlichten Weise, "aber eine Arbeit, mit der man niemals fertig wird, - denn ich muß immer und immer wieder der Heimath gedenken."

"Hast Du also Heimweh?" fragte der Graf.

"Mehr und weniger," versetzte Thomas, Muth schöpfend, "je nach dem Orte, an dem wir weilen. Hier aber hört es gar nicht auf. Was soll einem hier gefallen? Aus diesen nackten, dürren Felsen, wo kaum ein Baum Wurzeln fassen kann, mit einer Handvoll Erde bedeckt, wo die Pflugschar gleich stumpf würde! In einer Sonne, die einem den letzten Schweißtropfen auspreßt!

sich aufraffend. „Du hast mir ein Opfer gebracht, als Du Dein hübsches Bräutchen meinetwegen verließest. Ich habe Dir gleich meine Erkenntlichkeit dafür ausgedrückt; aber damals habe ich noch nicht gewußt, welchen Muth und welche Selbstüberwindung es gekostet haben muß, eine zu verlassen, die uns liebt, da es ja schon so schwer, so ungeheuer schwer und fast unmöglich ist, eine zu verlassen, von der man gar nicht wieder geliebt wird!“

„Das war freilich ein hartes Stück Arbeit, von Schloß Werdenberg fortzugehn,“ erwiderte Thomas in seiner schlichten Weise, „aber eine Arbeit, mit der man niemals fertig wird, – denn ich muß immer und immer wieder der Heimath gedenken.“

„Hast Du also Heimweh?“ fragte der Graf.

„Mehr und weniger,“ versetzte Thomas, Muth schöpfend, „je nach dem Orte, an dem wir weilen. Hier aber hört es gar nicht auf. Was soll einem hier gefallen? Aus diesen nackten, dürren Felsen, wo kaum ein Baum Wurzeln fassen kann, mit einer Handvoll Erde bedeckt, wo die Pflugschar gleich stumpf würde! In einer Sonne, die einem den letzten Schweißtropfen auspreßt!

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[67/0075] sich aufraffend. „Du hast mir ein Opfer gebracht, als Du Dein hübsches Bräutchen meinetwegen verließest. Ich habe Dir gleich meine Erkenntlichkeit dafür ausgedrückt; aber damals habe ich noch nicht gewußt, welchen Muth und welche Selbstüberwindung es gekostet haben muß, eine zu verlassen, die uns liebt, da es ja schon so schwer, so ungeheuer schwer und fast unmöglich ist, eine zu verlassen, von der man gar nicht wieder geliebt wird!“ „Das war freilich ein hartes Stück Arbeit, von Schloß Werdenberg fortzugehn,“ erwiderte Thomas in seiner schlichten Weise, „aber eine Arbeit, mit der man niemals fertig wird, – denn ich muß immer und immer wieder der Heimath gedenken.“ „Hast Du also Heimweh?“ fragte der Graf. „Mehr und weniger,“ versetzte Thomas, Muth schöpfend, „je nach dem Orte, an dem wir weilen. Hier aber hört es gar nicht auf. Was soll einem hier gefallen? Aus diesen nackten, dürren Felsen, wo kaum ein Baum Wurzeln fassen kann, mit einer Handvoll Erde bedeckt, wo die Pflugschar gleich stumpf würde! In einer Sonne, die einem den letzten Schweißtropfen auspreßt!

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Zitationshilfe: Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882/75>, abgerufen am 23.11.2024.