Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882.knapp vorübergehen mußte, langsam, gedankenvoll, ohne die allergeringste Neugierde zu zeigen. Beide konnten ihn mit Muße betrachten. Das Edle und Gebietende, das er, von ferne gesehen, hatte, wich in der Nähe dem Eindrucke des Leidens und des Unglücks. Das früh gealterte Gesicht mit den eingesunkenen Wangen, die welke, citronengelbe Haut, die tiefliegenden Augen mit dem Ausdrucke unsäglicher Schwermuth, der von Verbitterung und Schmerz umspielte Mund, - Alles das kundete von schweren Krankheiten und schweren Schicksalen. Als der Mann schon am Grafen vorüber gehen wollte, fiel sein Blick auf diesen, erst matt, belebte und befestigte sich jedoch schnell. "Ich erkenne Euch," rief plötzlich der Fremde mit einer etwas seltsam klingenden Stimme. "Ich habe Euch das erste Mal gesehen in einer mir unvergeßlichen Zeit! Eure Züge haben sich mir tief, tief eingeprägt. Ihr seid der Graf Albrecht von Werdenberg!" Der Graf erwiderte nach kurzem Besinnen: "Und wer seid Ihr?" knapp vorübergehen mußte, langsam, gedankenvoll, ohne die allergeringste Neugierde zu zeigen. Beide konnten ihn mit Muße betrachten. Das Edle und Gebietende, das er, von ferne gesehen, hatte, wich in der Nähe dem Eindrucke des Leidens und des Unglücks. Das früh gealterte Gesicht mit den eingesunkenen Wangen, die welke, citronengelbe Haut, die tiefliegenden Augen mit dem Ausdrucke unsäglicher Schwermuth, der von Verbitterung und Schmerz umspielte Mund, – Alles das kundete von schweren Krankheiten und schweren Schicksalen. Als der Mann schon am Grafen vorüber gehen wollte, fiel sein Blick auf diesen, erst matt, belebte und befestigte sich jedoch schnell. „Ich erkenne Euch,“ rief plötzlich der Fremde mit einer etwas seltsam klingenden Stimme. „Ich habe Euch das erste Mal gesehen in einer mir unvergeßlichen Zeit! Eure Züge haben sich mir tief, tief eingeprägt. Ihr seid der Graf Albrecht von Werdenberg!“ Der Graf erwiderte nach kurzem Besinnen: „Und wer seid Ihr?“ <TEI> <text> <body> <div n="2"> <p><pb facs="#f0178" n="170"/> knapp vorübergehen mußte, langsam, gedankenvoll, ohne die allergeringste Neugierde zu zeigen.</p> <p>Beide konnten ihn mit Muße betrachten.</p> <p>Das Edle und Gebietende, das er, von ferne gesehen, hatte, wich in der Nähe dem Eindrucke des Leidens und des Unglücks. Das früh gealterte Gesicht mit den eingesunkenen Wangen, die welke, citronengelbe Haut, die tiefliegenden Augen mit dem Ausdrucke unsäglicher Schwermuth, der von Verbitterung und Schmerz umspielte Mund, – Alles das kundete von schweren Krankheiten und schweren Schicksalen.</p> <p>Als der Mann schon am Grafen vorüber gehen wollte, fiel sein Blick auf diesen, erst matt, belebte und befestigte sich jedoch schnell.</p> <p>„Ich erkenne Euch,“ rief plötzlich der Fremde mit einer etwas seltsam klingenden Stimme. „Ich habe Euch das erste Mal gesehen in einer mir unvergeßlichen Zeit! Eure Züge haben sich mir tief, tief eingeprägt. Ihr seid der Graf Albrecht von Werdenberg!“</p> <p>Der Graf erwiderte nach kurzem Besinnen: „Und wer seid Ihr?“</p> </div> </body> </text> </TEI> [170/0178]
knapp vorübergehen mußte, langsam, gedankenvoll, ohne die allergeringste Neugierde zu zeigen.
Beide konnten ihn mit Muße betrachten.
Das Edle und Gebietende, das er, von ferne gesehen, hatte, wich in der Nähe dem Eindrucke des Leidens und des Unglücks. Das früh gealterte Gesicht mit den eingesunkenen Wangen, die welke, citronengelbe Haut, die tiefliegenden Augen mit dem Ausdrucke unsäglicher Schwermuth, der von Verbitterung und Schmerz umspielte Mund, – Alles das kundete von schweren Krankheiten und schweren Schicksalen.
Als der Mann schon am Grafen vorüber gehen wollte, fiel sein Blick auf diesen, erst matt, belebte und befestigte sich jedoch schnell.
„Ich erkenne Euch,“ rief plötzlich der Fremde mit einer etwas seltsam klingenden Stimme. „Ich habe Euch das erste Mal gesehen in einer mir unvergeßlichen Zeit! Eure Züge haben sich mir tief, tief eingeprägt. Ihr seid der Graf Albrecht von Werdenberg!“
Der Graf erwiderte nach kurzem Besinnen: „Und wer seid Ihr?“
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Zitationshilfe: | Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882/178>, abgerufen am 16.02.2025. |