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Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882.

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"Sagt mir ganz offen," sagte Graf Albrecht, ihr in's Wort fallend, "wollt Ihr noch immer einem Traumbilde nachjagen und ihm das Leben opfern?"

"O," rief die Prinzessin, "Arbogast ist todt, vermuthlich, ja sicherlich todt! Er hat mich so sehr geliebt! Würde er denn, wenn er lebte, nicht ebensoviel gewagt haben, mich wiederzufinden, als ich für ihn gewagt habe? Er lebt nur noch in meinem Herzen!"

Graf Albrecht sagte finster:

"Ihr braucht ihn nicht zu vergessen, aber auch nicht seinetwegen alles Andere rings um Euch."

"Ich habe freilich alles Uebrige vergessen," sprach die Prinzessin, schmerzlicher Reue voll, "meinen Vater, meine Freunde, meine Heimath! Ihr habt mich vorher so finster angeblickt, werdet auch Ihr mir böse, dann habe ich nichts mehr, nichts!"

Da klopfte es an die Thür, und man meldete, daß die Maulthiere auf das Gepäck unten warteten; der Aufbruch müsse so schnell als möglich erfolgen.

An den Ernst der Lage gemahnt, raffte die Prinzessin ihre Kräfte zusammen und sagte: "Ich werde bald fertig

„Sagt mir ganz offen,“ sagte Graf Albrecht, ihr in’s Wort fallend, „wollt Ihr noch immer einem Traumbilde nachjagen und ihm das Leben opfern?“

„O,“ rief die Prinzessin, „Arbogast ist todt, vermuthlich, ja sicherlich todt! Er hat mich so sehr geliebt! Würde er denn, wenn er lebte, nicht ebensoviel gewagt haben, mich wiederzufinden, als ich für ihn gewagt habe? Er lebt nur noch in meinem Herzen!“

Graf Albrecht sagte finster:

„Ihr braucht ihn nicht zu vergessen, aber auch nicht seinetwegen alles Andere rings um Euch.“

„Ich habe freilich alles Uebrige vergessen,“ sprach die Prinzessin, schmerzlicher Reue voll, „meinen Vater, meine Freunde, meine Heimath! Ihr habt mich vorher so finster angeblickt, werdet auch Ihr mir böse, dann habe ich nichts mehr, nichts!“

Da klopfte es an die Thür, und man meldete, daß die Maulthiere auf das Gepäck unten warteten; der Aufbruch müsse so schnell als möglich erfolgen.

An den Ernst der Lage gemahnt, raffte die Prinzessin ihre Kräfte zusammen und sagte: „Ich werde bald fertig

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[136/0144] „Sagt mir ganz offen,“ sagte Graf Albrecht, ihr in’s Wort fallend, „wollt Ihr noch immer einem Traumbilde nachjagen und ihm das Leben opfern?“ „O,“ rief die Prinzessin, „Arbogast ist todt, vermuthlich, ja sicherlich todt! Er hat mich so sehr geliebt! Würde er denn, wenn er lebte, nicht ebensoviel gewagt haben, mich wiederzufinden, als ich für ihn gewagt habe? Er lebt nur noch in meinem Herzen!“ Graf Albrecht sagte finster: „Ihr braucht ihn nicht zu vergessen, aber auch nicht seinetwegen alles Andere rings um Euch.“ „Ich habe freilich alles Uebrige vergessen,“ sprach die Prinzessin, schmerzlicher Reue voll, „meinen Vater, meine Freunde, meine Heimath! Ihr habt mich vorher so finster angeblickt, werdet auch Ihr mir böse, dann habe ich nichts mehr, nichts!“ Da klopfte es an die Thür, und man meldete, daß die Maulthiere auf das Gepäck unten warteten; der Aufbruch müsse so schnell als möglich erfolgen. An den Ernst der Lage gemahnt, raffte die Prinzessin ihre Kräfte zusammen und sagte: „Ich werde bald fertig

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Zitationshilfe: Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882/144>, abgerufen am 23.11.2024.