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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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mehr, ich sah nur den Mörder alles dessen,
was mir werth und theuer war. Jch stürzte
auf ihn los; ergrif ihn, warf ihn die Treppe
hinab; und bei diesem Falle verlezt' er sich
am Hinterhaupte so tödtlich, daß er noch am
Abend dieses unseligen Tages seinen Geist
aufgeben mußte. Er war großmüthig genug,
mich in diesen leztenAugenblicken nicht anzu-
klagen. Niemand hatte ihn hinauf gehn ge-
sehn; niemand von unserm Zank etwas ge-
hört; sein Fall galt für ein nntürliches, ganz
ohngefähres Unglück. Man begrub ihn; sein
Stillschweigen rettete mich von Schmach, Ge-
richt und Tod. Aber ach! nicht von der in-
nern Strafe! Jch fühlte das Gräßliche mei-
nes Fehltritts nur allzusehr. Eine tiefe, in
sich selbst verschloßne, durch nichts zerstreu-
bare Traurigkeit verbreitete sich über mein
ganzes Wesen. Jnnere Unruhe trieb mich jezt
ins Getümmel der Welt, jezt in priesterlichen
Stand, jezt wieder in Geräusch' und Krieg.
Endlich entschloß ich mich, meinen Gram und

mehr, ich ſah nur den Moͤrder alles deſſen,
was mir werth und theuer war. Jch ſtuͤrzte
auf ihn los; ergrif ihn, warf ihn die Treppe
hinab; und bei dieſem Falle verlezt' er ſich
am Hinterhaupte ſo toͤdtlich, daß er noch am
Abend dieſes unſeligen Tages ſeinen Geiſt
aufgeben mußte. Er war großmuͤthig genug,
mich in dieſen leztenAugenblicken nicht anzu-
klagen. Niemand hatte ihn hinauf gehn ge-
ſehn; niemand von unſerm Zank etwas ge-
hoͤrt; ſein Fall galt fuͤr ein nntuͤrliches, ganz
ohngefaͤhres Ungluͤck. Man begrub ihn; ſein
Stillſchweigen rettete mich von Schmach, Ge-
richt und Tod. Aber ach! nicht von der in-
nern Strafe! Jch fuͤhlte das Graͤßliche mei-
nes Fehltritts nur allzuſehr. Eine tiefe, in
ſich ſelbſt verſchloßne, durch nichts zerſtreu-
bare Traurigkeit verbreitete ſich uͤber mein
ganzes Weſen. Jnnere Unruhe trieb mich jezt
ins Getuͤmmel der Welt, jezt in prieſterlichen
Stand, jezt wieder in Geraͤuſch' und Krieg.
Endlich entſchloß ich mich, meinen Gram und

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[79/0087] mehr, ich ſah nur den Moͤrder alles deſſen, was mir werth und theuer war. Jch ſtuͤrzte auf ihn los; ergrif ihn, warf ihn die Treppe hinab; und bei dieſem Falle verlezt' er ſich am Hinterhaupte ſo toͤdtlich, daß er noch am Abend dieſes unſeligen Tages ſeinen Geiſt aufgeben mußte. Er war großmuͤthig genug, mich in dieſen leztenAugenblicken nicht anzu- klagen. Niemand hatte ihn hinauf gehn ge- ſehn; niemand von unſerm Zank etwas ge- hoͤrt; ſein Fall galt fuͤr ein nntuͤrliches, ganz ohngefaͤhres Ungluͤck. Man begrub ihn; ſein Stillſchweigen rettete mich von Schmach, Ge- richt und Tod. Aber ach! nicht von der in- nern Strafe! Jch fuͤhlte das Graͤßliche mei- nes Fehltritts nur allzuſehr. Eine tiefe, in ſich ſelbſt verſchloßne, durch nichts zerſtreu- bare Traurigkeit verbreitete ſich uͤber mein ganzes Weſen. Jnnere Unruhe trieb mich jezt ins Getuͤmmel der Welt, jezt in prieſterlichen Stand, jezt wieder in Geraͤuſch' und Krieg. Endlich entſchloß ich mich, meinen Gram und

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/87>, abgerufen am 23.11.2024.