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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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ter jener Schandthaten zu seyn. Ohne ihn
hätte vor dreizehn Jahren schon die Folter den
Unmenschen zum Geständnis, das Geständnis
zum Tode gebracht. Daß er gar wohl geahn-
det habe: dieser Verhaftete sei strafbar;
daß er dessen verdiente Strafe blos aus Ei-
telkeit hintertrieben; daß er noch oft mit die-
sem glücklichen Betruge sich gebrüstet habe; --
alles dies fiel ihm jezt zentnerschwer aufs Herz;
und sein Gewißen (so nachgiebig sonst das Ge-
wißen eines Rechtsgelehrten zu seyn pflegt!)
erwachte nun mit furchtbarer Stärke. Jhm
schmekte nun an der Tafel weder Speise noch
Trank; ihn floh am Tage jedes noch so kleine
Vergnügen; ihn floh des Nachts der Schlaf.
Jn jedem Traume glaubt' er das Winseln der
Ermordeten zu hören, in jedem dunkeln Win-
kel ihre Gestalten zu sehn. Sein eigner Kör-
per ward fast ein Schatten; sein Antliz ver-
fiel. Alle Fragen seiner Bekannten: ob ir-
gend ein Unfall ihn betroffen habe? beantwor-
tete er mit -- Stillschweigen. Auch den

K k 3

ter jener Schandthaten zu ſeyn. Ohne ihn
haͤtte vor dreizehn Jahren ſchon die Folter den
Unmenſchen zum Geſtaͤndnis, das Geſtaͤndnis
zum Tode gebracht. Daß er gar wohl geahn-
det habe: dieſer Verhaftete ſei ſtrafbar;
daß er deſſen verdiente Strafe blos aus Ei-
telkeit hintertrieben; daß er noch oft mit die-
ſem gluͤcklichen Betruge ſich gebruͤſtet habe; —
alles dies fiel ihm jezt zentnerſchwer aufs Herz;
und ſein Gewißen (ſo nachgiebig ſonſt das Ge-
wißen eines Rechtsgelehrten zu ſeyn pflegt!)
erwachte nun mit furchtbarer Staͤrke. Jhm
ſchmekte nun an der Tafel weder Speiſe noch
Trank; ihn floh am Tage jedes noch ſo kleine
Vergnuͤgen; ihn floh des Nachts der Schlaf.
Jn jedem Traume glaubt' er das Winſeln der
Ermordeten zu hoͤren, in jedem dunkeln Win-
kel ihre Geſtalten zu ſehn. Sein eigner Koͤr-
per ward faſt ein Schatten; ſein Antliz ver-
fiel. Alle Fragen ſeiner Bekannten: ob ir-
gend ein Unfall ihn betroffen habe? beantwor-
tete er mit — Stillſchweigen. Auch den

K k 3
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[517/0525] ter jener Schandthaten zu ſeyn. Ohne ihn haͤtte vor dreizehn Jahren ſchon die Folter den Unmenſchen zum Geſtaͤndnis, das Geſtaͤndnis zum Tode gebracht. Daß er gar wohl geahn- det habe: dieſer Verhaftete ſei ſtrafbar; daß er deſſen verdiente Strafe blos aus Ei- telkeit hintertrieben; daß er noch oft mit die- ſem gluͤcklichen Betruge ſich gebruͤſtet habe; — alles dies fiel ihm jezt zentnerſchwer aufs Herz; und ſein Gewißen (ſo nachgiebig ſonſt das Ge- wißen eines Rechtsgelehrten zu ſeyn pflegt!) erwachte nun mit furchtbarer Staͤrke. Jhm ſchmekte nun an der Tafel weder Speiſe noch Trank; ihn floh am Tage jedes noch ſo kleine Vergnuͤgen; ihn floh des Nachts der Schlaf. Jn jedem Traume glaubt' er das Winſeln der Ermordeten zu hoͤren, in jedem dunkeln Win- kel ihre Geſtalten zu ſehn. Sein eigner Koͤr- per ward faſt ein Schatten; ſein Antliz ver- fiel. Alle Fragen ſeiner Bekannten: ob ir- gend ein Unfall ihn betroffen habe? beantwor- tete er mit — Stillſchweigen. Auch den K k 3

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 517. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/525>, abgerufen am 23.11.2024.