Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

wissen denn die Gesezze einer gewißen Ehre
vom Besinnen und von Besserung!

Würklich dachte derAusforderer auch stands-
mäßig genug um von dieser Erlaubniß keinen
Gebrauch zu machen. Pünktlich hatte er sich die
Wohnung des andern gemerkt; minder pünkt-
lich die anberaumte Zeit. Es schien ihm an-
ständiger zu eilen als zu zögern. Gleich nach
neun Uhr trat er daher rasch in des Haupt-
manns Zimmer, und traf diesen noch ganz in
Nachtkleidern, beim Schreibetische sizzend an.
Wenigstens sieben Briefe, schon überschrieben
und gesiegelt, lagen um das Schreibezeug
herum; am achten war er in vollster Arbeit.
Auf die Verwundrung des Eintretenden, ihn
noch so unangekleidet zu finden, antwortete er
blos mit Hinhaltung der Uhr und den kurzen
Worten: Es ist noch nicht eilfe! Alle Anfode-
rung, sich wenigstens jezt anzuziehn, widerlegt'
er mit der trocknen Versicherung: Unmöglich!
dieser Brief muß erst geendet seyn! "Selbst dem
Erbieten seines Gegners, so lange hier zu war-

G g

wiſſen denn die Geſezze einer gewißen Ehre
vom Beſinnen und von Beſſerung!

Wuͤrklich dachte derAusforderer auch ſtands-
maͤßig genug um von dieſer Erlaubniß keinen
Gebrauch zu machen. Puͤnktlich hatte er ſich die
Wohnung des andern gemerkt; minder puͤnkt-
lich die anberaumte Zeit. Es ſchien ihm an-
ſtaͤndiger zu eilen als zu zoͤgern. Gleich nach
neun Uhr trat er daher raſch in des Haupt-
manns Zimmer, und traf dieſen noch ganz in
Nachtkleidern, beim Schreibetiſche ſizzend an.
Wenigſtens ſieben Briefe, ſchon uͤberſchrieben
und geſiegelt, lagen um das Schreibezeug
herum; am achten war er in vollſter Arbeit.
Auf die Verwundrung des Eintretenden, ihn
noch ſo unangekleidet zu finden, antwortete er
blos mit Hinhaltung der Uhr und den kurzen
Worten: Es iſt noch nicht eilfe! Alle Anfode-
rung, ſich wenigſtens jezt anzuziehn, widerlegt'
er mit der trocknen Verſicherung: Unmoͤglich!
dieſer Brief muß erſt geendet ſeyn! „Selbſt dem
Erbieten ſeines Gegners, ſo lange hier zu war-

G g
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0473" n="465"/>
wi&#x017F;&#x017F;en denn die Ge&#x017F;ezze einer gewißen Ehre<lb/>
vom <hi rendition="#g">Be&#x017F;innen</hi> und von <hi rendition="#g">Be&#x017F;&#x017F;erung</hi>!</p><lb/>
          <p>Wu&#x0364;rklich dachte derAusforderer auch &#x017F;tands-<lb/>
ma&#x0364;ßig genug um von die&#x017F;er Erlaubniß keinen<lb/>
Gebrauch zu machen. Pu&#x0364;nktlich hatte er &#x017F;ich die<lb/>
Wohnung des andern gemerkt; minder pu&#x0364;nkt-<lb/>
lich die anberaumte Zeit. Es &#x017F;chien ihm an-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndiger zu eilen als zu zo&#x0364;gern. Gleich nach<lb/>
neun Uhr trat er daher ra&#x017F;ch in des Haupt-<lb/>
manns Zimmer, und traf die&#x017F;en noch ganz in<lb/>
Nachtkleidern, beim Schreibeti&#x017F;che &#x017F;izzend an.<lb/>
Wenig&#x017F;tens &#x017F;ieben Briefe, &#x017F;chon u&#x0364;ber&#x017F;chrieben<lb/>
und ge&#x017F;iegelt, lagen um das Schreibezeug<lb/>
herum; am achten war er in voll&#x017F;ter Arbeit.<lb/>
Auf die Verwundrung des Eintretenden, ihn<lb/>
noch &#x017F;o unangekleidet zu finden, antwortete er<lb/>
blos mit Hinhaltung der Uhr und den kurzen<lb/>
Worten: Es i&#x017F;t noch nicht eilfe! Alle Anfode-<lb/>
rung, &#x017F;ich wenig&#x017F;tens jezt anzuziehn, widerlegt'<lb/>
er mit der trocknen Ver&#x017F;icherung: Unmo&#x0364;glich!<lb/>
die&#x017F;er Brief muß er&#x017F;t geendet &#x017F;eyn! &#x201E;Selb&#x017F;t dem<lb/>
Erbieten &#x017F;eines Gegners, &#x017F;o lange hier zu war-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G g</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[465/0473] wiſſen denn die Geſezze einer gewißen Ehre vom Beſinnen und von Beſſerung! Wuͤrklich dachte derAusforderer auch ſtands- maͤßig genug um von dieſer Erlaubniß keinen Gebrauch zu machen. Puͤnktlich hatte er ſich die Wohnung des andern gemerkt; minder puͤnkt- lich die anberaumte Zeit. Es ſchien ihm an- ſtaͤndiger zu eilen als zu zoͤgern. Gleich nach neun Uhr trat er daher raſch in des Haupt- manns Zimmer, und traf dieſen noch ganz in Nachtkleidern, beim Schreibetiſche ſizzend an. Wenigſtens ſieben Briefe, ſchon uͤberſchrieben und geſiegelt, lagen um das Schreibezeug herum; am achten war er in vollſter Arbeit. Auf die Verwundrung des Eintretenden, ihn noch ſo unangekleidet zu finden, antwortete er blos mit Hinhaltung der Uhr und den kurzen Worten: Es iſt noch nicht eilfe! Alle Anfode- rung, ſich wenigſtens jezt anzuziehn, widerlegt' er mit der trocknen Verſicherung: Unmoͤglich! dieſer Brief muß erſt geendet ſeyn! „Selbſt dem Erbieten ſeines Gegners, ſo lange hier zu war- G g

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/473
Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 465. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/473>, abgerufen am 24.05.2024.