merke nur zu deutlich ihre Schwangerschaft. Bald werde alles ruchbar, bald für ihre Schmach keine andere Rettung möglich seyn, als sich im nächsten Teich zu stürzen."
Der gute Mann that, was er nur vermoch- te, um auch diese Unglückliche, wenigstens in etwas, zu beruhigen. Verweisung auf seines Weibes täglich zunehmende Schwäche, Wie- derholung seines Versprechens, Trostgründe der Religion, Schmeicheleien der Liebe -- alles ward hervorgesucht, und das arme Mädchen fing wirklich an etwas gelaßner zu werden, als sie von weitem eben diejenige Per- son, auf deren Tod sie beiderseits hoften, kommen sahen. Sie trennten sich sofort, und der Bauer ging seiner Frau entgegen.
-- Aber diese hatte bereits jenes Gespräch bemerkt, und selbst aus der geschwinden Tren- nung desselben neuen Verdacht unerlaubter Vertraulichkeiten geschöpft. Sie vergaß da- her jezt auf einige Augenblicke ihr Unpäß- lichseyn und ihre Kraftlosigkeit; kam so schnell,
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merke nur zu deutlich ihre Schwangerſchaft. Bald werde alles ruchbar, bald fuͤr ihre Schmach keine andere Rettung moͤglich ſeyn, als ſich im naͤchſten Teich zu ſtuͤrzen.“
Der gute Mann that, was er nur vermoch- te, um auch dieſe Ungluͤckliche, wenigſtens in etwas, zu beruhigen. Verweiſung auf ſeines Weibes taͤglich zunehmende Schwaͤche, Wie- derholung ſeines Verſprechens, Troſtgruͤnde der Religion, Schmeicheleien der Liebe — alles ward hervorgeſucht, und das arme Maͤdchen fing wirklich an etwas gelaßner zu werden, als ſie von weitem eben diejenige Per- ſon, auf deren Tod ſie beiderſeits hoften, kommen ſahen. Sie trennten ſich ſofort, und der Bauer ging ſeiner Frau entgegen.
— Aber dieſe hatte bereits jenes Geſpraͤch bemerkt, und ſelbſt aus der geſchwinden Tren- nung deſſelben neuen Verdacht unerlaubter Vertraulichkeiten geſchoͤpft. Sie vergaß da- her jezt auf einige Augenblicke ihr Unpaͤß- lichſeyn und ihre Kraftloſigkeit; kam ſo ſchnell,
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merke nur zu deutlich ihre Schwangerſchaft.
Bald werde alles ruchbar, bald fuͤr ihre
Schmach keine andere Rettung moͤglich ſeyn,
als ſich im naͤchſten Teich zu ſtuͤrzen.“
Der gute Mann that, was er nur vermoch-
te, um auch dieſe Ungluͤckliche, wenigſtens in
etwas, zu beruhigen. Verweiſung auf ſeines
Weibes taͤglich zunehmende Schwaͤche, Wie-
derholung ſeines Verſprechens, Troſtgruͤnde
der Religion, Schmeicheleien der Liebe —
alles ward hervorgeſucht, und das arme
Maͤdchen fing wirklich an etwas gelaßner zu
werden, als ſie von weitem eben diejenige Per-
ſon, auf deren Tod ſie beiderſeits hoften,
kommen ſahen. Sie trennten ſich ſofort, und
der Bauer ging ſeiner Frau entgegen.
— Aber dieſe hatte bereits jenes Geſpraͤch
bemerkt, und ſelbſt aus der geſchwinden Tren-
nung deſſelben neuen Verdacht unerlaubter
Vertraulichkeiten geſchoͤpft. Sie vergaß da-
her jezt auf einige Augenblicke ihr Unpaͤß-
lichſeyn und ihre Kraftloſigkeit; kam ſo ſchnell,
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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/47>, abgerufen am 24.11.2024.
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