Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

besonders befragt; leugneten beide den Mord,
widersprachen sich aber gleichwohl stark in ih-
rer Aussage. Der Küster, der zugleich einen
Gastschank unterhielt, gestand: daß der er-
wähnte Reisende bei ihm eingekehrt, übernach-
tet, und des andern Morgens wieder wegge-
reiset sey; der Schulmeister hingegen versicher-
te, alle seine Abende schon seit geraumer Zeit
beim Küster zugebracht, und doch nichts von
diesem Reisenden gesehn oder gehört zu ha-
ben. Man schritt nunmehr zu einer Haus-
untersuchung. Sowohl beim Küster, als
beim Schulmeister, fand man mehrere Gold-
stücke und verschiedne Kaufmanns-Waaren.
Doch beim Verhöre deshalb wußten beide
davon so genaue Rechenschaft zu geben, daß
der Richter sich damit befriedigen mußte.

Endlich erinnerte sich der Geistliche -- und
staunte nicht eher darauf gefallen zu seyn! --
M.

Abweisung! Selbst das nachmalige Eintref-
fen entschuldigt die vorhergegangne Ungesez-
lichkeit nicht.

beſonders befragt; leugneten beide den Mord,
widerſprachen ſich aber gleichwohl ſtark in ih-
rer Ausſage. Der Kuͤſter, der zugleich einen
Gaſtſchank unterhielt, geſtand: daß der er-
waͤhnte Reiſende bei ihm eingekehrt, uͤbernach-
tet, und des andern Morgens wieder wegge-
reiſet ſey; der Schulmeiſter hingegen verſicher-
te, alle ſeine Abende ſchon ſeit geraumer Zeit
beim Kuͤſter zugebracht, und doch nichts von
dieſem Reiſenden geſehn oder gehoͤrt zu ha-
ben. Man ſchritt nunmehr zu einer Haus-
unterſuchung. Sowohl beim Kuͤſter, als
beim Schulmeiſter, fand man mehrere Gold-
ſtuͤcke und verſchiedne Kaufmanns-Waaren.
Doch beim Verhoͤre deshalb wußten beide
davon ſo genaue Rechenſchaft zu geben, daß
der Richter ſich damit befriedigen mußte.

Endlich erinnerte ſich der Geiſtliche — und
ſtaunte nicht eher darauf gefallen zu ſeyn! —
M.

Abweiſung! Selbſt das nachmalige Eintref-
fen entſchuldigt die vorhergegangne Ungeſez-
lichkeit nicht.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0400" n="392"/>
be&#x017F;onders befragt; leugneten beide den Mord,<lb/>
wider&#x017F;prachen &#x017F;ich aber gleichwohl &#x017F;tark in ih-<lb/>
rer Aus&#x017F;age. Der Ku&#x0364;&#x017F;ter, der zugleich einen<lb/>
Ga&#x017F;t&#x017F;chank unterhielt, ge&#x017F;tand: daß der er-<lb/>
wa&#x0364;hnte Rei&#x017F;ende bei ihm eingekehrt, u&#x0364;bernach-<lb/>
tet, und des andern Morgens wieder wegge-<lb/>
rei&#x017F;et &#x017F;ey; der Schulmei&#x017F;ter hingegen ver&#x017F;icher-<lb/>
te, alle &#x017F;eine Abende &#x017F;chon &#x017F;eit geraumer Zeit<lb/>
beim Ku&#x0364;&#x017F;ter zugebracht, und doch nichts von<lb/>
die&#x017F;em Rei&#x017F;enden ge&#x017F;ehn oder geho&#x0364;rt zu ha-<lb/>
ben. Man &#x017F;chritt nunmehr zu einer Haus-<lb/>
unter&#x017F;uchung. Sowohl beim Ku&#x0364;&#x017F;ter, als<lb/>
beim Schulmei&#x017F;ter, fand man mehrere Gold-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;cke und ver&#x017F;chiedne Kaufmanns-Waaren.<lb/>
Doch beim Verho&#x0364;re deshalb wußten beide<lb/>
davon &#x017F;o genaue Rechen&#x017F;chaft zu geben, daß<lb/>
der Richter &#x017F;ich damit befriedigen mußte.</p><lb/>
          <p>Endlich erinnerte &#x017F;ich der Gei&#x017F;tliche &#x2014; und<lb/>
&#x017F;taunte nicht eher darauf gefallen zu &#x017F;eyn! &#x2014;<lb/><note xml:id="seg2pn_5_2" prev="#seg2pn_5_1" place="foot" n="*)">Abwei&#x017F;ung! Selb&#x017F;t das nachmalige Eintref-<lb/>
fen ent&#x017F;chuldigt die vorhergegangne Unge&#x017F;ez-<lb/>
lichkeit nicht.</note><lb/><hi rendition="#et">M.</hi><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[392/0400] beſonders befragt; leugneten beide den Mord, widerſprachen ſich aber gleichwohl ſtark in ih- rer Ausſage. Der Kuͤſter, der zugleich einen Gaſtſchank unterhielt, geſtand: daß der er- waͤhnte Reiſende bei ihm eingekehrt, uͤbernach- tet, und des andern Morgens wieder wegge- reiſet ſey; der Schulmeiſter hingegen verſicher- te, alle ſeine Abende ſchon ſeit geraumer Zeit beim Kuͤſter zugebracht, und doch nichts von dieſem Reiſenden geſehn oder gehoͤrt zu ha- ben. Man ſchritt nunmehr zu einer Haus- unterſuchung. Sowohl beim Kuͤſter, als beim Schulmeiſter, fand man mehrere Gold- ſtuͤcke und verſchiedne Kaufmanns-Waaren. Doch beim Verhoͤre deshalb wußten beide davon ſo genaue Rechenſchaft zu geben, daß der Richter ſich damit befriedigen mußte. Endlich erinnerte ſich der Geiſtliche — und ſtaunte nicht eher darauf gefallen zu ſeyn! — *) M. *) Abweiſung! Selbſt das nachmalige Eintref- fen entſchuldigt die vorhergegangne Ungeſez- lichkeit nicht.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/400
Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/400>, abgerufen am 18.05.2024.