besonders befragt; leugneten beide den Mord, widersprachen sich aber gleichwohl stark in ih- rer Aussage. Der Küster, der zugleich einen Gastschank unterhielt, gestand: daß der er- wähnte Reisende bei ihm eingekehrt, übernach- tet, und des andern Morgens wieder wegge- reiset sey; der Schulmeister hingegen versicher- te, alle seine Abende schon seit geraumer Zeit beim Küster zugebracht, und doch nichts von diesem Reisenden gesehn oder gehört zu ha- ben. Man schritt nunmehr zu einer Haus- untersuchung. Sowohl beim Küster, als beim Schulmeister, fand man mehrere Gold- stücke und verschiedne Kaufmanns-Waaren. Doch beim Verhöre deshalb wußten beide davon so genaue Rechenschaft zu geben, daß der Richter sich damit befriedigen mußte.
Endlich erinnerte sich der Geistliche -- und staunte nicht eher darauf gefallen zu seyn! -- M.
Abweisung! Selbst das nachmalige Eintref- fen entschuldigt die vorhergegangne Ungesez- lichkeit nicht.
beſonders befragt; leugneten beide den Mord, widerſprachen ſich aber gleichwohl ſtark in ih- rer Ausſage. Der Kuͤſter, der zugleich einen Gaſtſchank unterhielt, geſtand: daß der er- waͤhnte Reiſende bei ihm eingekehrt, uͤbernach- tet, und des andern Morgens wieder wegge- reiſet ſey; der Schulmeiſter hingegen verſicher- te, alle ſeine Abende ſchon ſeit geraumer Zeit beim Kuͤſter zugebracht, und doch nichts von dieſem Reiſenden geſehn oder gehoͤrt zu ha- ben. Man ſchritt nunmehr zu einer Haus- unterſuchung. Sowohl beim Kuͤſter, als beim Schulmeiſter, fand man mehrere Gold- ſtuͤcke und verſchiedne Kaufmanns-Waaren. Doch beim Verhoͤre deshalb wußten beide davon ſo genaue Rechenſchaft zu geben, daß der Richter ſich damit befriedigen mußte.
Endlich erinnerte ſich der Geiſtliche — und ſtaunte nicht eher darauf gefallen zu ſeyn! — M.
Abweiſung! Selbſt das nachmalige Eintref- fen entſchuldigt die vorhergegangne Ungeſez- lichkeit nicht.
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beſonders befragt; leugneten beide den Mord,
widerſprachen ſich aber gleichwohl ſtark in ih-
rer Ausſage. Der Kuͤſter, der zugleich einen
Gaſtſchank unterhielt, geſtand: daß der er-
waͤhnte Reiſende bei ihm eingekehrt, uͤbernach-
tet, und des andern Morgens wieder wegge-
reiſet ſey; der Schulmeiſter hingegen verſicher-
te, alle ſeine Abende ſchon ſeit geraumer Zeit
beim Kuͤſter zugebracht, und doch nichts von
dieſem Reiſenden geſehn oder gehoͤrt zu ha-
ben. Man ſchritt nunmehr zu einer Haus-
unterſuchung. Sowohl beim Kuͤſter, als
beim Schulmeiſter, fand man mehrere Gold-
ſtuͤcke und verſchiedne Kaufmanns-Waaren.
Doch beim Verhoͤre deshalb wußten beide
davon ſo genaue Rechenſchaft zu geben, daß
der Richter ſich damit befriedigen mußte.
Endlich erinnerte ſich der Geiſtliche — und
ſtaunte nicht eher darauf gefallen zu ſeyn! —
*)
M.
*) Abweiſung! Selbſt das nachmalige Eintref-
fen entſchuldigt die vorhergegangne Ungeſez-
lichkeit nicht.
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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/400>, abgerufen am 18.05.2024.
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