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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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X.

Ein Geistlicher in Nord-England -- wahr-
scheinlich in der Grafschaft Lankaster, -- ward
einst, als er auf die Kanzel kam, und seine Bi-
bel aufschlug, in solcher ein Blättgen Papier
gewahr, welches er beim ersten Blick für einen
kirchlichen Aufgebots-Zettul hielt, worauf er
aber beim genauern Anschauen folgende Wor-
te las:
"Johann P* und Jakob D* haben einen
Reisenden, der bei ihnen einkehrte, Namens
R** geplündert, ermordet, und seinen
Leichnam im nächsten Wäldchen an dem und
dem Orte verscharrt."

Voll Erstaunen rief der Pfarrer sofort seinen
Schulmeister, und fragte ihn: Ob er wohl
ein Billet ihm in die Bibel gelegt habe? Dieser
verneinte es, und der Prediger wollte nicht
weiter darnach fragen; denn die Namen der
angeblichen Mörder auf diesem Zettul waren

X.

Ein Geiſtlicher in Nord-England — wahr-
ſcheinlich in der Grafſchaft Lankaſter, — ward
einſt, als er auf die Kanzel kam, und ſeine Bi-
bel aufſchlug, in ſolcher ein Blaͤttgen Papier
gewahr, welches er beim erſten Blick fuͤr einen
kirchlichen Aufgebots-Zettul hielt, worauf er
aber beim genauern Anſchauen folgende Wor-
te las:
„Johann P* und Jakob D* haben einen
Reiſenden, der bei ihnen einkehrte, Namens
R** gepluͤndert, ermordet, und ſeinen
Leichnam im naͤchſten Waͤldchen an dem und
dem Orte verſcharrt.“

Voll Erſtaunen rief der Pfarrer ſofort ſeinen
Schulmeiſter, und fragte ihn: Ob er wohl
ein Billet ihm in die Bibel gelegt habe? Dieſer
verneinte es, und der Prediger wollte nicht
weiter darnach fragen; denn die Namen der
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[390/0398] X. Ein Geiſtlicher in Nord-England — wahr- ſcheinlich in der Grafſchaft Lankaſter, — ward einſt, als er auf die Kanzel kam, und ſeine Bi- bel aufſchlug, in ſolcher ein Blaͤttgen Papier gewahr, welches er beim erſten Blick fuͤr einen kirchlichen Aufgebots-Zettul hielt, worauf er aber beim genauern Anſchauen folgende Wor- te las: „Johann P* und Jakob D* haben einen Reiſenden, der bei ihnen einkehrte, Namens R** gepluͤndert, ermordet, und ſeinen Leichnam im naͤchſten Waͤldchen an dem und dem Orte verſcharrt.“ Voll Erſtaunen rief der Pfarrer ſofort ſeinen Schulmeiſter, und fragte ihn: Ob er wohl ein Billet ihm in die Bibel gelegt habe? Dieſer verneinte es, und der Prediger wollte nicht weiter darnach fragen; denn die Namen der angeblichen Moͤrder auf dieſem Zettul waren

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/398>, abgerufen am 24.11.2024.