Glaublich genug war die Ausflucht; doch fingen dieGerichte nun anArgwohn zu schöpfen. Da auch von Spreazo eine Menge Einwohner erschienen; da alle der armen Amalie das beste Zeugnis ertheilten; vom Alibius aber versicher- ten: daß er vordem schon Frau und Tochter oft hart behandelt habe; da entschlos man sich endlich, diese Leztre wenigstens vor der Hand loszulassen, und lieber mit der peinlichen Frage gegen den Alibius zu verfahren. Auf der Stelle ward dieses leztere ins Werk gesezt; und der Nichtswürdige, der so gelassen sein einziges Kind der Marter überliefern konte, fühlte nun kaum an sich selbst die nemlichen Qualen, als er alles gestand, und nur in- ständigst bat: daß man seiner jungen Frau verschone, weil diese bey seinen Verbrechen ganz schuldlos und unwissend sei. Man schauderte bei diesem furchtbaren Beispiel eines wollüstigen Alten, der grausamer Gatte, unnatürlicher Vater, überdachter
Glaublich genug war die Ausflucht; doch fingen dieGerichte nun anArgwohn zu ſchoͤpfen. Da auch von Spreazo eine Menge Einwohner erſchienen; da alle der armen Amalie das beſte Zeugnis ertheilten; vom Alibius aber verſicher- ten: daß er vordem ſchon Frau und Tochter oft hart behandelt habe; da entſchlos man ſich endlich, dieſe Leztre wenigſtens vor der Hand loszulaſſen, und lieber mit der peinlichen Frage gegen den Alibius zu verfahren. Auf der Stelle ward dieſes leztere ins Werk geſezt; und der Nichtswuͤrdige, der ſo gelaſſen ſein einziges Kind der Marter uͤberliefern konte, fuͤhlte nun kaum an ſich ſelbſt die nemlichen Qualen, als er alles geſtand, und nur in- ſtaͤndigſt bat: daß man ſeiner jungen Frau verſchone, weil dieſe bey ſeinen Verbrechen ganz ſchuldlos und unwiſſend ſei. Man ſchauderte bei dieſem furchtbaren Beiſpiel eines wolluͤſtigen Alten, der grauſamer Gatte, unnatuͤrlicher Vater, uͤberdachter
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Glaublich genug war die Ausflucht; doch
fingen dieGerichte nun anArgwohn zu ſchoͤpfen.
Da auch von Spreazo eine Menge Einwohner
erſchienen; da alle der armen Amalie das beſte
Zeugnis ertheilten; vom Alibius aber verſicher-
ten: daß er vordem ſchon Frau und Tochter oft
hart behandelt habe; da entſchlos man ſich
endlich, dieſe Leztre wenigſtens vor der Hand
loszulaſſen, und lieber mit der peinlichen Frage
gegen den Alibius zu verfahren. Auf der
Stelle ward dieſes leztere ins Werk geſezt;
und der Nichtswuͤrdige, der ſo gelaſſen ſein
einziges Kind der Marter uͤberliefern konte,
fuͤhlte nun kaum an ſich ſelbſt die nemlichen
Qualen, als er alles geſtand, und nur in-
ſtaͤndigſt bat: daß man ſeiner jungen Frau
verſchone, weil dieſe bey ſeinen Verbrechen
ganz ſchuldlos und unwiſſend ſei. Man
ſchauderte bei dieſem furchtbaren Beiſpiel
eines wolluͤſtigen Alten, der grauſamer
Gatte, unnatuͤrlicher Vater, uͤberdachter
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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/371>, abgerufen am 17.05.2024.
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