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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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henden Vorsicht schwebte bereits über ihn. --
Nur wenige Tage hatte er in seinem neuen
Ehestande verlebt, so kam einer von seinen
alten Bekannten nach Brescia, ging in ein
Weinhaus, und erzählte daselbst halbberauscht:
Alibius und seine Tochter Amalia hätten zu-
sammen die alte Menille erschlagen. Bald
verbreitete sich dieses Gerücht weiter in der
Stadt, und fand hier und da Glauben. Selbst
die Obrigkeit, als es ihr kund ward, ließ den
Alibius und auch den Urheber jener Sage vor-
fordern, um beide gegen einander abzuhören.
Alibius leugnete dreist; und auch der zweite
versicherte: Er habe zwar allerdings im
trunknen Muthe dergleichen Reden ausgestos-
sen; wisse aber nicht den geringsten Grund zu
diesem Argwohn anzuführen, und bitte, nach
verflognem Rausch, seinen alten Freund herz-
lich um Verzeihung.

Man entließ auf diese Erklärung beide.
Da aber unter den Gerichts-Beisizzern einer
merkte: daß auch ein falsches Gerüchte nicht

henden Vorſicht ſchwebte bereits uͤber ihn. —
Nur wenige Tage hatte er in ſeinem neuen
Eheſtande verlebt, ſo kam einer von ſeinen
alten Bekannten nach Breſcia, ging in ein
Weinhaus, und erzaͤhlte daſelbſt halbberauſcht:
Alibius und ſeine Tochter Amalia haͤtten zu-
ſammen die alte Menille erſchlagen. Bald
verbreitete ſich dieſes Geruͤcht weiter in der
Stadt, und fand hier und da Glauben. Selbſt
die Obrigkeit, als es ihr kund ward, ließ den
Alibius und auch den Urheber jener Sage vor-
fordern, um beide gegen einander abzuhoͤren.
Alibius leugnete dreiſt; und auch der zweite
verſicherte: Er habe zwar allerdings im
trunknen Muthe dergleichen Reden ausgeſtoſ-
ſen; wiſſe aber nicht den geringſten Grund zu
dieſem Argwohn anzufuͤhren, und bitte, nach
verflognem Rauſch, ſeinen alten Freund herz-
lich um Verzeihung.

Man entließ auf dieſe Erklaͤrung beide.
Da aber unter den Gerichts-Beiſizzern einer
merkte: daß auch ein falſches Geruͤchte nicht

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[358/0366] henden Vorſicht ſchwebte bereits uͤber ihn. — Nur wenige Tage hatte er in ſeinem neuen Eheſtande verlebt, ſo kam einer von ſeinen alten Bekannten nach Breſcia, ging in ein Weinhaus, und erzaͤhlte daſelbſt halbberauſcht: Alibius und ſeine Tochter Amalia haͤtten zu- ſammen die alte Menille erſchlagen. Bald verbreitete ſich dieſes Geruͤcht weiter in der Stadt, und fand hier und da Glauben. Selbſt die Obrigkeit, als es ihr kund ward, ließ den Alibius und auch den Urheber jener Sage vor- fordern, um beide gegen einander abzuhoͤren. Alibius leugnete dreiſt; und auch der zweite verſicherte: Er habe zwar allerdings im trunknen Muthe dergleichen Reden ausgeſtoſ- ſen; wiſſe aber nicht den geringſten Grund zu dieſem Argwohn anzufuͤhren, und bitte, nach verflognem Rauſch, ſeinen alten Freund herz- lich um Verzeihung. Man entließ auf dieſe Erklaͤrung beide. Da aber unter den Gerichts-Beiſizzern einer merkte: daß auch ein falſches Geruͤchte nicht

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/366>, abgerufen am 19.05.2024.