mehr noch die angefügteBeschränkung. Er redete in seinerAntwort mancherlei von Menschen, die alles könten, alles nur mit dem Munde möglich fänden; und foderte zulezt den Doktor geradezu auf, seine bessere Einsicht zu beweisen, mit dem Versprechen: daß einHochweiserRath ihm allen nur möglichen Vorschub leisten werde. Fal- ke, der sich beym Worte gehalten sah, schlug ein; nur auf vierzehn Tage oder drei Wochen bedingte er sich eine scheinbare Ruhe, um in- deß seine Anstalten zu treffen.
Noch diesen Abend schrieb Falk nach H*, je- nem Oertgen, wo R. fünf Jahre so versteckt zugebracht hatte, und erkundigte sich bei meh- rern Personen zugleich: ob man während die- ses Aufenthalts gar keine Lieblingsneigung an dem Jeztverhafteten wahrgenommen habe? Die einstimmige Antwort war: "Keine! Jmmer habe er sich hier als der stillste, ordentlichste, vor- wurffreieste Mensch bewiesen; daß er zuweilen mit einigen Bekanten ein Glas Rheinwein gern getrunken habe, könne man keine Lieblingsnei-
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mehr noch die angefuͤgteBeſchraͤnkung. Er redete in ſeinerAntwort mancherlei von Menſchen, die alles koͤnten, alles nur mit dem Munde moͤglich faͤnden; und foderte zulezt den Doktor geradezu auf, ſeine beſſere Einſicht zu beweiſen, mit dem Verſprechen: daß einHochweiſerRath ihm allen nur moͤglichen Vorſchub leiſten werde. Fal- ke, der ſich beym Worte gehalten ſah, ſchlug ein; nur auf vierzehn Tage oder drei Wochen bedingte er ſich eine ſcheinbare Ruhe, um in- deß ſeine Anſtalten zu treffen.
Noch dieſen Abend ſchrieb Falk nach H*, je- nem Oertgen, wo R. fuͤnf Jahre ſo verſteckt zugebracht hatte, und erkundigte ſich bei meh- rern Perſonen zugleich: ob man waͤhrend die- ſes Aufenthalts gar keine Lieblingsneigung an dem Jeztverhafteten wahrgenommen habe? Die einſtimmige Antwort war: „Keine! Jmmer habe er ſich hier als der ſtillſte, ordentlichſte, vor- wurffreieſte Menſch bewieſen; daß er zuweilen mit einigen Bekanten ein Glas Rheinwein gern getrunken habe, koͤnne man keine Lieblingsnei-
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mehr noch die angefuͤgteBeſchraͤnkung. Er redete
in ſeinerAntwort mancherlei von Menſchen, die
alles koͤnten, alles nur mit dem Munde moͤglich
faͤnden; und foderte zulezt den Doktor geradezu
auf, ſeine beſſere Einſicht zu beweiſen, mit dem
Verſprechen: daß einHochweiſerRath ihm allen
nur moͤglichen Vorſchub leiſten werde. Fal-
ke, der ſich beym Worte gehalten ſah, ſchlug
ein; nur auf vierzehn Tage oder drei Wochen
bedingte er ſich eine ſcheinbare Ruhe, um in-
deß ſeine Anſtalten zu treffen.
Noch dieſen Abend ſchrieb Falk nach H*, je-
nem Oertgen, wo R. fuͤnf Jahre ſo verſteckt
zugebracht hatte, und erkundigte ſich bei meh-
rern Perſonen zugleich: ob man waͤhrend die-
ſes Aufenthalts gar keine Lieblingsneigung an
dem Jeztverhafteten wahrgenommen habe? Die
einſtimmige Antwort war: „Keine! Jmmer
habe er ſich hier als der ſtillſte, ordentlichſte, vor-
wurffreieſte Menſch bewieſen; daß er zuweilen
mit einigen Bekanten ein Glas Rheinwein gern
getrunken habe, koͤnne man keine Lieblingsnei-
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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/313>, abgerufen am 23.11.2024.
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