mochte, wandt' er an, um auch die Einwil- ligung ihrer Aeltern zu erlangen. Seine Sitten waren die unbescholtensten, seine Kenntnisse be- währt, sein Betragen und sein Aeußerliches angenehm, doch alles dieß half ihm nichts, denn ihm gebrach, was so manchen Buben hebt: Keckheit und Geld.
So hartnäckig aber auch diese Grausamen auf ihrer Verweigerung beharrten, so gütig wußte das Mädchen selbst ihren Liebhaber wie- der aufzurichten. -- "Sie kenne," sagte sie oft zu ihm, "die Denkungsart ihrer Aeltern; sie "wären allerdings schwer zu bewegen, "aber nicht ganz unerbittlich. Die Fort- "dauer seiner Bewerbung, die Kraft ihrer kind- "lichen Bitten würde gewiß endlich noch sie- "gen; und wär' alles umsonst; könnte nichts "die Abgeneigten erweichen, nur dann -- dann "sey sie fest entschlossen, ihm zu folgen, wohin "es auch immer sey; zu folgen, wo keine hart- "herzigen Anverwandten ihrem Glück und ih- "rer Liebe im Wege stehen sollten."
mochte, wandt' er an, um auch die Einwil- ligung ihrer Aeltern zu erlangen. Seine Sitten waren die unbeſcholtenſten, ſeine Kenntniſſe be- waͤhrt, ſein Betragen und ſein Aeußerliches angenehm, doch alles dieß half ihm nichts, denn ihm gebrach, was ſo manchen Buben hebt: Keckheit und Geld.
So hartnaͤckig aber auch dieſe Grauſamen auf ihrer Verweigerung beharrten, ſo guͤtig wußte das Maͤdchen ſelbſt ihren Liebhaber wie- der aufzurichten. — „Sie kenne,“ ſagte ſie oft zu ihm, „die Denkungsart ihrer Aeltern; ſie „waͤren allerdings ſchwer zu bewegen, „aber nicht ganz unerbittlich. Die Fort- „dauer ſeiner Bewerbung, die Kraft ihrer kind- „lichen Bitten wuͤrde gewiß endlich noch ſie- „gen; und waͤr' alles umſonſt; koͤnnte nichts „die Abgeneigten erweichen, nur dann — dann „ſey ſie feſt entſchloſſen, ihm zu folgen, wohin „es auch immer ſey; zu folgen, wo keine hart- „herzigen Anverwandten ihrem Gluͤck und ih- „rer Liebe im Wege ſtehen ſollten.“
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0030"n="22"/>
mochte, wandt' er an, um auch die Einwil-<lb/>
ligung ihrer Aeltern zu erlangen. Seine Sitten<lb/>
waren die unbeſcholtenſten, ſeine Kenntniſſe be-<lb/>
waͤhrt, ſein Betragen und ſein Aeußerliches<lb/>
angenehm, doch alles dieß half ihm nichts,<lb/>
denn ihm gebrach, was ſo manchen Buben<lb/>
hebt: Keckheit und Geld.</p><lb/><p>So hartnaͤckig aber auch dieſe Grauſamen<lb/>
auf ihrer Verweigerung beharrten, ſo guͤtig<lb/>
wußte das Maͤdchen ſelbſt ihren Liebhaber wie-<lb/>
der aufzurichten. —„Sie kenne,“ſagte ſie oft<lb/>
zu ihm, „die Denkungsart ihrer Aeltern; ſie<lb/>„waͤren allerdings <hirendition="#g">ſchwer zu bewegen</hi>,<lb/>„aber nicht ganz <hirendition="#g">unerbittlich</hi>. Die Fort-<lb/>„dauer ſeiner Bewerbung, die Kraft ihrer kind-<lb/>„lichen Bitten wuͤrde gewiß endlich noch ſie-<lb/>„gen; und waͤr' alles umſonſt; koͤnnte nichts<lb/>„die Abgeneigten erweichen, nur dann — dann<lb/>„ſey ſie feſt entſchloſſen, ihm zu folgen, wohin<lb/>„es auch immer ſey; zu folgen, wo keine hart-<lb/>„herzigen Anverwandten ihrem Gluͤck und ih-<lb/>„rer Liebe im Wege ſtehen ſollten.“</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[22/0030]
mochte, wandt' er an, um auch die Einwil-
ligung ihrer Aeltern zu erlangen. Seine Sitten
waren die unbeſcholtenſten, ſeine Kenntniſſe be-
waͤhrt, ſein Betragen und ſein Aeußerliches
angenehm, doch alles dieß half ihm nichts,
denn ihm gebrach, was ſo manchen Buben
hebt: Keckheit und Geld.
So hartnaͤckig aber auch dieſe Grauſamen
auf ihrer Verweigerung beharrten, ſo guͤtig
wußte das Maͤdchen ſelbſt ihren Liebhaber wie-
der aufzurichten. — „Sie kenne,“ ſagte ſie oft
zu ihm, „die Denkungsart ihrer Aeltern; ſie
„waͤren allerdings ſchwer zu bewegen,
„aber nicht ganz unerbittlich. Die Fort-
„dauer ſeiner Bewerbung, die Kraft ihrer kind-
„lichen Bitten wuͤrde gewiß endlich noch ſie-
„gen; und waͤr' alles umſonſt; koͤnnte nichts
„die Abgeneigten erweichen, nur dann — dann
„ſey ſie feſt entſchloſſen, ihm zu folgen, wohin
„es auch immer ſey; zu folgen, wo keine hart-
„herzigen Anverwandten ihrem Gluͤck und ih-
„rer Liebe im Wege ſtehen ſollten.“
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/30>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.