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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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suchte aber übrigens, entweder aus Mangel an
Empfehlungsbriefen, oder aus eigner Schüch-
ternheit, keinen Eintritt in Familien; so leicht
sich solche in dem gastfreien Wien Fremden öf-
nen! Als er endlich wieder wegreisen wolte,
hatte er den unglücklichen Einfall in einem
Zeitungsblatt anzeigen zu lassen: "Ein ein-
zelner Mann suche einen Reisegefährten nach
Triest oder "Venedig!" war recht froh, als
sich zwei Tage drauf ein andrer Fremder, dem
Vorgeben nach ein Schlesier, zur Geselschaft
ihm antrug; und machte sich des andern Mit-
tags -- früher hatte der Schlesier nicht aufbre-
chen wollen! -- in einer leichten Postchaise auf
den Weg.

Auf welchem er leider nicht weit kam! Die-
ser angebliche Reisegefährte war nichts mehr
und nichts minder, als ein Taugenichts, der
in Geselschaft mit mehrern, die ihm glichen,
bald den falschen Spieler, bald den Beutel-
schneider gemacht, von unserm Fremden, den

Q 3

ſuchte aber uͤbrigens, entweder aus Mangel an
Empfehlungsbriefen, oder aus eigner Schuͤch-
ternheit, keinen Eintritt in Familien; ſo leicht
ſich ſolche in dem gaſtfreien Wien Fremden oͤf-
nen! Als er endlich wieder wegreiſen wolte,
hatte er den ungluͤcklichen Einfall in einem
Zeitungsblatt anzeigen zu laſſen: „Ein ein-
zelner Mann ſuche einen Reiſegefaͤhrten nach
Trieſt oder „Venedig!“ war recht froh, als
ſich zwei Tage drauf ein andrer Fremder, dem
Vorgeben nach ein Schleſier, zur Geſelſchaft
ihm antrug; und machte ſich des andern Mit-
tags — fruͤher hatte der Schleſier nicht aufbre-
chen wollen! — in einer leichten Poſtchaiſe auf
den Weg.

Auf welchem er leider nicht weit kam! Die-
ſer angebliche Reiſegefaͤhrte war nichts mehr
und nichts minder, als ein Taugenichts, der
in Geſelſchaft mit mehrern, die ihm glichen,
bald den falſchen Spieler, bald den Beutel-
ſchneider gemacht, von unſerm Fremden, den

Q 3
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[245/0253] ſuchte aber uͤbrigens, entweder aus Mangel an Empfehlungsbriefen, oder aus eigner Schuͤch- ternheit, keinen Eintritt in Familien; ſo leicht ſich ſolche in dem gaſtfreien Wien Fremden oͤf- nen! Als er endlich wieder wegreiſen wolte, hatte er den ungluͤcklichen Einfall in einem Zeitungsblatt anzeigen zu laſſen: „Ein ein- zelner Mann ſuche einen Reiſegefaͤhrten nach Trieſt oder „Venedig!“ war recht froh, als ſich zwei Tage drauf ein andrer Fremder, dem Vorgeben nach ein Schleſier, zur Geſelſchaft ihm antrug; und machte ſich des andern Mit- tags — fruͤher hatte der Schleſier nicht aufbre- chen wollen! — in einer leichten Poſtchaiſe auf den Weg. Auf welchem er leider nicht weit kam! Die- ſer angebliche Reiſegefaͤhrte war nichts mehr und nichts minder, als ein Taugenichts, der in Geſelſchaft mit mehrern, die ihm glichen, bald den falſchen Spieler, bald den Beutel- ſchneider gemacht, von unſerm Fremden, den Q 3

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/253>, abgerufen am 12.05.2024.