im Hause seines Vaters, dessen Wirthschaft er einst zu erben gedachte. Jm zwanzigsten Jah- re heiratete er eine Bäuerin aus Jarpiz, die Tochter nicht ganz unbemittelter Aeltern; ein Mädchen, wenige Wochen über funfzehn Jahr alt, auch von Gestalt ziemlich artig, deren er aber in der Ehe bald satt ward. Warum? wußte er nachher selbst nicht genau anzugeben. -- "Sie hab' es nie recht gut mit ihm ge- "meint, und als er einst krank gewesen, ihn "nicht gehörig gepflegt!" so sagte er nach ih- rem Tode vor Gerichte. Bei ihrem Leben hat- te er sich schon bei einer Nachbarin beschwert: "Seine Frau tauge nicht zur Wirthschaft." -- Wohl möglich, daß er, bei ihrer großen Ju- gend, in beiden Punkten, zumal im Leztern, nicht ganz Unrecht hatte! Doch galt sie bei allen ihren Bekanten für ein stilles, gefälliges, fleißiges Geschöpfe. Zen**s eigne Aeltern -- wovon die Mutter überdies Stiefmutter war -- gaben der Schwiegertochter auch im Grabe noch, zu einer Zeit, wo sie ihren Sohn
O 5
im Hauſe ſeines Vaters, deſſen Wirthſchaft er einſt zu erben gedachte. Jm zwanzigſten Jah- re heiratete er eine Baͤuerin aus Jarpiz, die Tochter nicht ganz unbemittelter Aeltern; ein Maͤdchen, wenige Wochen uͤber funfzehn Jahr alt, auch von Geſtalt ziemlich artig, deren er aber in der Ehe bald ſatt ward. Warum? wußte er nachher ſelbſt nicht genau anzugeben. — „Sie hab' es nie recht gut mit ihm ge- „meint, und als er einſt krank geweſen, ihn „nicht gehoͤrig gepflegt!“ ſo ſagte er nach ih- rem Tode vor Gerichte. Bei ihrem Leben hat- te er ſich ſchon bei einer Nachbarin beſchwert: „Seine Frau tauge nicht zur Wirthſchaft.“ — Wohl moͤglich, daß er, bei ihrer großen Ju- gend, in beiden Punkten, zumal im Leztern, nicht ganz Unrecht hatte! Doch galt ſie bei allen ihren Bekanten fuͤr ein ſtilles, gefaͤlliges, fleißiges Geſchoͤpfe. Zen**s eigne Aeltern — wovon die Mutter uͤberdies Stiefmutter war — gaben der Schwiegertochter auch im Grabe noch, zu einer Zeit, wo ſie ihren Sohn
O 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0225"n="217"/>
im Hauſe ſeines Vaters, deſſen Wirthſchaft er<lb/>
einſt zu erben gedachte. Jm zwanzigſten Jah-<lb/>
re heiratete er eine Baͤuerin aus Jarpiz, die<lb/>
Tochter nicht ganz unbemittelter Aeltern; ein<lb/>
Maͤdchen, wenige Wochen uͤber funfzehn Jahr<lb/>
alt, auch von Geſtalt ziemlich artig, deren er<lb/>
aber in der Ehe bald ſatt ward. Warum?<lb/>
wußte er nachher ſelbſt nicht genau anzugeben.<lb/>—„Sie hab' es nie recht gut mit ihm ge-<lb/>„meint, und als er einſt krank geweſen, ihn<lb/>„nicht gehoͤrig gepflegt!“ſo ſagte er nach ih-<lb/>
rem Tode vor Gerichte. Bei ihrem Leben hat-<lb/>
te er ſich ſchon bei einer Nachbarin beſchwert:<lb/>„Seine Frau tauge nicht zur Wirthſchaft.“—<lb/>
Wohl moͤglich, daß er, bei ihrer großen Ju-<lb/>
gend, in beiden Punkten, zumal im Leztern,<lb/>
nicht ganz Unrecht hatte! Doch galt ſie bei<lb/>
allen ihren Bekanten fuͤr ein ſtilles, gefaͤlliges,<lb/>
fleißiges Geſchoͤpfe. Zen**s eigne Aeltern<lb/>— wovon die Mutter uͤberdies <hirendition="#g">Stiefmutter</hi><lb/>
war — gaben der Schwiegertochter auch im<lb/>
Grabe noch, zu einer Zeit, wo ſie ihren Sohn<lb/><fwplace="bottom"type="sig">O 5</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[217/0225]
im Hauſe ſeines Vaters, deſſen Wirthſchaft er
einſt zu erben gedachte. Jm zwanzigſten Jah-
re heiratete er eine Baͤuerin aus Jarpiz, die
Tochter nicht ganz unbemittelter Aeltern; ein
Maͤdchen, wenige Wochen uͤber funfzehn Jahr
alt, auch von Geſtalt ziemlich artig, deren er
aber in der Ehe bald ſatt ward. Warum?
wußte er nachher ſelbſt nicht genau anzugeben.
— „Sie hab' es nie recht gut mit ihm ge-
„meint, und als er einſt krank geweſen, ihn
„nicht gehoͤrig gepflegt!“ ſo ſagte er nach ih-
rem Tode vor Gerichte. Bei ihrem Leben hat-
te er ſich ſchon bei einer Nachbarin beſchwert:
„Seine Frau tauge nicht zur Wirthſchaft.“ —
Wohl moͤglich, daß er, bei ihrer großen Ju-
gend, in beiden Punkten, zumal im Leztern,
nicht ganz Unrecht hatte! Doch galt ſie bei
allen ihren Bekanten fuͤr ein ſtilles, gefaͤlliges,
fleißiges Geſchoͤpfe. Zen**s eigne Aeltern
— wovon die Mutter uͤberdies Stiefmutter
war — gaben der Schwiegertochter auch im
Grabe noch, zu einer Zeit, wo ſie ihren Sohn
O 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/225>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.