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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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Gemeinschaft er hier knie. Er hob daher die
Hostie von der Erde auf, steckte sie zitternd
im Mund, und ging den Uebrigen nach, um
den Altar herum.

Der Priester fieng nun an den Kelch auszu-
spenden. Je länger er dieses that, je mühsa-
mer ward es ihm. Nun kam der Lezte; durch
sein vorheriges Versehn wahrscheinlich selbst
ein wenig aus der Fassung gebracht, wollte der
Geistliche den Kelch recht fest halten. Grade
dadurch gelang es ihm um so minder. Der
Kelch glitt ebenfalls aus seiner Hand. Der
ganze Wein war verschüttet. Nicht einen Tro-
pfen davon hatte der Heuchler erhalten.

Die Posaune des Weltgerichts hätte den
Elenden kaum stärker erschrecken können, als
dieser Vorfall es that. Die bängste Ge-
wissensangst bemächtigte sich seiner. "Es ist
"entschieden;" dacht' er: "Jesus Christus
"entzieht dir sein Versöhnungsopfer! will sei-

Gemeinſchaft er hier knie. Er hob daher die
Hoſtie von der Erde auf, ſteckte ſie zitternd
im Mund, und ging den Uebrigen nach, um
den Altar herum.

Der Prieſter fieng nun an den Kelch auszu-
ſpenden. Je laͤnger er dieſes that, je muͤhſa-
mer ward es ihm. Nun kam der Lezte; durch
ſein vorheriges Verſehn wahrſcheinlich ſelbſt
ein wenig aus der Faſſung gebracht, wollte der
Geiſtliche den Kelch recht feſt halten. Grade
dadurch gelang es ihm um ſo minder. Der
Kelch glitt ebenfalls aus ſeiner Hand. Der
ganze Wein war verſchuͤttet. Nicht einen Tro-
pfen davon hatte der Heuchler erhalten.

Die Poſaune des Weltgerichts haͤtte den
Elenden kaum ſtaͤrker erſchrecken koͤnnen, als
dieſer Vorfall es that. Die baͤngſte Ge-
wiſſensangſt bemaͤchtigte ſich ſeiner. „Es iſt
„entſchieden;“ dacht' er: „Jeſus Chriſtus
„entzieht dir ſein Verſoͤhnungsopfer! will ſei-

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[202/0210] Gemeinſchaft er hier knie. Er hob daher die Hoſtie von der Erde auf, ſteckte ſie zitternd im Mund, und ging den Uebrigen nach, um den Altar herum. Der Prieſter fieng nun an den Kelch auszu- ſpenden. Je laͤnger er dieſes that, je muͤhſa- mer ward es ihm. Nun kam der Lezte; durch ſein vorheriges Verſehn wahrſcheinlich ſelbſt ein wenig aus der Faſſung gebracht, wollte der Geiſtliche den Kelch recht feſt halten. Grade dadurch gelang es ihm um ſo minder. Der Kelch glitt ebenfalls aus ſeiner Hand. Der ganze Wein war verſchuͤttet. Nicht einen Tro- pfen davon hatte der Heuchler erhalten. Die Poſaune des Weltgerichts haͤtte den Elenden kaum ſtaͤrker erſchrecken koͤnnen, als dieſer Vorfall es that. Die baͤngſte Ge- wiſſensangſt bemaͤchtigte ſich ſeiner. „Es iſt „entſchieden;“ dacht' er: „Jeſus Chriſtus „entzieht dir ſein Verſoͤhnungsopfer! will ſei-

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/210>, abgerufen am 23.11.2024.