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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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gegangen, dann aber von diesem Gewerbe wie-
der ausgetreten war, und mit kleinen Hand-
thierungen sich beschäftigte, von einem Hause
herabfiel, und auf der Stelle todt liegen blieb.
Seine hochschwangre Frau entsezte sich darü-
ber dergestalt, daß sie sofort misgebahr. Sie
merkte bald, daß dies ihr Ende seyn werde;
sie ließ daher so schleunig als möglich du Mou-
lins Gattin rufen; begehrte, daß man sie bei-
de allein lasse, und that ihr dann ungefähr
folgende Eröfnung:

"Binnen wenig Minuten stehe ich wahr-
scheinlich vor dem Thron eines höhern Rich-
ters. Unmöglich kann ich, wissentlich mit
Blutschuld beladen, vor ihm treten. Jhr
Mann ist ganz schuldlos an dem Verbrechen,
wofür er sterben soll. Aber leider der Meini-
ge war es nicht! Schon seit mehrern Jah-
ren stand er mit drei andern Falschmünzern in
genauer Verbindung. Von dem, was sie
prägten, habe ich selbst manches unter die Leute
gebracht, und besizze mithin Kentnis von allem.

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gegangen, dann aber von dieſem Gewerbe wie-
der ausgetreten war, und mit kleinen Hand-
thierungen ſich beſchaͤftigte, von einem Hauſe
herabfiel, und auf der Stelle todt liegen blieb.
Seine hochſchwangre Frau entſezte ſich daruͤ-
ber dergeſtalt, daß ſie ſofort misgebahr. Sie
merkte bald, daß dies ihr Ende ſeyn werde;
ſie ließ daher ſo ſchleunig als moͤglich du Mou-
lins Gattin rufen; begehrte, daß man ſie bei-
de allein laſſe, und that ihr dann ungefaͤhr
folgende Eroͤfnung:

„Binnen wenig Minuten ſtehe ich wahr-
ſcheinlich vor dem Thron eines hoͤhern Rich-
ters. Unmoͤglich kann ich, wiſſentlich mit
Blutſchuld beladen, vor ihm treten. Jhr
Mann iſt ganz ſchuldlos an dem Verbrechen,
wofuͤr er ſterben ſoll. Aber leider der Meini-
ge war es nicht! Schon ſeit mehrern Jah-
ren ſtand er mit drei andern Falſchmuͤnzern in
genauer Verbindung. Von dem, was ſie
praͤgten, habe ich ſelbſt manches unter die Leute
gebracht, und beſizze mithin Kentnis von allem.

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[185/0193] gegangen, dann aber von dieſem Gewerbe wie- der ausgetreten war, und mit kleinen Hand- thierungen ſich beſchaͤftigte, von einem Hauſe herabfiel, und auf der Stelle todt liegen blieb. Seine hochſchwangre Frau entſezte ſich daruͤ- ber dergeſtalt, daß ſie ſofort misgebahr. Sie merkte bald, daß dies ihr Ende ſeyn werde; ſie ließ daher ſo ſchleunig als moͤglich du Mou- lins Gattin rufen; begehrte, daß man ſie bei- de allein laſſe, und that ihr dann ungefaͤhr folgende Eroͤfnung: „Binnen wenig Minuten ſtehe ich wahr- ſcheinlich vor dem Thron eines hoͤhern Rich- ters. Unmoͤglich kann ich, wiſſentlich mit Blutſchuld beladen, vor ihm treten. Jhr Mann iſt ganz ſchuldlos an dem Verbrechen, wofuͤr er ſterben ſoll. Aber leider der Meini- ge war es nicht! Schon ſeit mehrern Jah- ren ſtand er mit drei andern Falſchmuͤnzern in genauer Verbindung. Von dem, was ſie praͤgten, habe ich ſelbſt manches unter die Leute gebracht, und beſizze mithin Kentnis von allem. M 5

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/193>, abgerufen am 23.11.2024.