Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Sie nicht etwa, daß ich jezt den Uneigennüz-
zigen, wohl gar den Grosmüthigen zu spie-
len Lust habe. Jch gestehe frei: Jch rettete
Sie damals in der Hofnung, daß Sie mich
vielleicht einst wieder retten könnten. Damit
Sie aber doch auch diesen Dienst nicht allzu-
wenig, allzu wohlfeil schäzzen, so wissen Sie:
mir war damals nicht minder aufs genauste
bekannt, wie viel tausend Gulden in ihrem
Wagensizze sich befänden.

"Wie? auch das hättest du gewußt?"

Vollkommen! Ja jezt vielleicht genauer
noch, als Sie wohl selbst sich solches merkten!
Es waren sieben Beutel und zwei davon mit
den schönsten Kremnizzer Dukaten gefüllt.
Jch machte damals den Kundschafter der Ban-
de. Jch hatte Jhre Baarschaft im Schlos-
se einpacken gesehen; wußte alles -- und
schwieg. Unläugbar sind Sie also mein
Schuldner! Ob Sie jezt mich bezalen wol-
len, steht bei Jhnen. Wenigstens, wenn nur
der gute Wille da ist, hab' ich die Sache selbst

Sie nicht etwa, daß ich jezt den Uneigennuͤz-
zigen, wohl gar den Grosmuͤthigen zu ſpie-
len Luſt habe. Jch geſtehe frei: Jch rettete
Sie damals in der Hofnung, daß Sie mich
vielleicht einſt wieder retten koͤnnten. Damit
Sie aber doch auch dieſen Dienſt nicht allzu-
wenig, allzu wohlfeil ſchaͤzzen, ſo wiſſen Sie:
mir war damals nicht minder aufs genauſte
bekannt, wie viel tauſend Gulden in ihrem
Wagenſizze ſich befaͤnden.

„Wie? auch das haͤtteſt du gewußt?“

Vollkommen! Ja jezt vielleicht genauer
noch, als Sie wohl ſelbſt ſich ſolches merkten!
Es waren ſieben Beutel und zwei davon mit
den ſchoͤnſten Kremnizzer Dukaten gefuͤllt.
Jch machte damals den Kundſchafter der Ban-
de. Jch hatte Jhre Baarſchaft im Schloſ-
ſe einpacken geſehen; wußte alles — und
ſchwieg. Unlaͤugbar ſind Sie alſo mein
Schuldner! Ob Sie jezt mich bezalen wol-
len, ſteht bei Jhnen. Wenigſtens, wenn nur
der gute Wille da iſt, hab' ich die Sache ſelbſt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0147" n="139"/>
Sie nicht etwa, daß ich jezt den Uneigennu&#x0364;z-<lb/>
zigen, wohl gar den Grosmu&#x0364;thigen zu &#x017F;pie-<lb/>
len Lu&#x017F;t habe. Jch ge&#x017F;tehe frei: Jch rettete<lb/>
Sie damals in der Hofnung, daß Sie mich<lb/>
vielleicht ein&#x017F;t wieder retten ko&#x0364;nnten. Damit<lb/>
Sie aber doch auch die&#x017F;en Dien&#x017F;t nicht allzu-<lb/>
wenig, allzu wohlfeil &#x017F;cha&#x0364;zzen, &#x017F;o wi&#x017F;&#x017F;en Sie:<lb/>
mir war damals nicht minder aufs genau&#x017F;te<lb/>
bekannt, wie viel tau&#x017F;end Gulden in ihrem<lb/>
Wagen&#x017F;izze &#x017F;ich befa&#x0364;nden.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Wie? auch das ha&#x0364;tte&#x017F;t du gewußt?&#x201C;</p><lb/>
          <p>Vollkommen! Ja jezt vielleicht genauer<lb/>
noch, als Sie wohl &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ich &#x017F;olches merkten!<lb/>
Es waren &#x017F;ieben Beutel und zwei davon mit<lb/>
den &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Kremnizzer Dukaten gefu&#x0364;llt.<lb/>
Jch machte damals den Kund&#x017F;chafter der Ban-<lb/>
de. Jch hatte Jhre Baar&#x017F;chaft im Schlo&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e einpacken ge&#x017F;ehen; wußte alles &#x2014; und<lb/>
&#x017F;chwieg. Unla&#x0364;ugbar &#x017F;ind Sie al&#x017F;o mein<lb/>
Schuldner! Ob Sie jezt mich bezalen wol-<lb/>
len, &#x017F;teht bei Jhnen. Wenig&#x017F;tens, wenn nur<lb/>
der gute Wille da i&#x017F;t, hab' ich die Sache &#x017F;elb&#x017F;t<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[139/0147] Sie nicht etwa, daß ich jezt den Uneigennuͤz- zigen, wohl gar den Grosmuͤthigen zu ſpie- len Luſt habe. Jch geſtehe frei: Jch rettete Sie damals in der Hofnung, daß Sie mich vielleicht einſt wieder retten koͤnnten. Damit Sie aber doch auch dieſen Dienſt nicht allzu- wenig, allzu wohlfeil ſchaͤzzen, ſo wiſſen Sie: mir war damals nicht minder aufs genauſte bekannt, wie viel tauſend Gulden in ihrem Wagenſizze ſich befaͤnden. „Wie? auch das haͤtteſt du gewußt?“ Vollkommen! Ja jezt vielleicht genauer noch, als Sie wohl ſelbſt ſich ſolches merkten! Es waren ſieben Beutel und zwei davon mit den ſchoͤnſten Kremnizzer Dukaten gefuͤllt. Jch machte damals den Kundſchafter der Ban- de. Jch hatte Jhre Baarſchaft im Schloſ- ſe einpacken geſehen; wußte alles — und ſchwieg. Unlaͤugbar ſind Sie alſo mein Schuldner! Ob Sie jezt mich bezalen wol- len, ſteht bei Jhnen. Wenigſtens, wenn nur der gute Wille da iſt, hab' ich die Sache ſelbſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/147
Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/147>, abgerufen am 05.05.2024.