Meißner, Alfred: Der Müller vom Höft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 177–274. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Dieser aber erhob die Hebestange. Das für dich, du verdammter Hund, murmelte er zwischen den Zähnen hervor, und blitzschnell sank die Stange nieder. Da durchschnitt die Luft ein greller, entsetzlicher Schrei, die Pferde bäumten sich, ein Körper fiel zu Boden, der Hund drüben im zweiten Hofe riß heftig an der Kette und that, heftig bellend, einige Sprünge hin und her. Die Pferde liefen, scheu gemacht, im finsteren Hofe umher. Eine völlige Stille folgte und währte vielleicht eine volle Minute. Wendelin war der Erste, der ein Wort von sich gab. Der ist todt! sagte er, maustodt! Und erhielt die Laterne über die Leiche hin, deren Kopf zerschmettert war. Todt! todt! todt! rief der Müller laut, vor Wuth über den riesenhaften Undank schäumend und zugleich mit einer höllischen Freude lachend, während ihm die Stange, die er noch immer krampfhaft gehalten, aus der Hand fiel. Wohin aber jetzt mit ihm? fragte Wendelin bestürzt. Wohin ihn verscharren, daß keine Seele etwas ahnt? Du hast Recht, erwiderte der Müller, augenblicklich der Besinnung zurückgegeben. O, daß man es verheimlichen muß! Die ganze Welt sollte dabei stehen und den Schandbuben daliegen sehen -- man müßte Dieser aber erhob die Hebestange. Das für dich, du verdammter Hund, murmelte er zwischen den Zähnen hervor, und blitzschnell sank die Stange nieder. Da durchschnitt die Luft ein greller, entsetzlicher Schrei, die Pferde bäumten sich, ein Körper fiel zu Boden, der Hund drüben im zweiten Hofe riß heftig an der Kette und that, heftig bellend, einige Sprünge hin und her. Die Pferde liefen, scheu gemacht, im finsteren Hofe umher. Eine völlige Stille folgte und währte vielleicht eine volle Minute. Wendelin war der Erste, der ein Wort von sich gab. Der ist todt! sagte er, maustodt! Und erhielt die Laterne über die Leiche hin, deren Kopf zerschmettert war. Todt! todt! todt! rief der Müller laut, vor Wuth über den riesenhaften Undank schäumend und zugleich mit einer höllischen Freude lachend, während ihm die Stange, die er noch immer krampfhaft gehalten, aus der Hand fiel. Wohin aber jetzt mit ihm? fragte Wendelin bestürzt. Wohin ihn verscharren, daß keine Seele etwas ahnt? Du hast Recht, erwiderte der Müller, augenblicklich der Besinnung zurückgegeben. O, daß man es verheimlichen muß! Die ganze Welt sollte dabei stehen und den Schandbuben daliegen sehen — man müßte <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="5"> <pb facs="#f0041"/> <p>Dieser aber erhob die Hebestange.</p><lb/> <p>Das für dich, du verdammter Hund, murmelte er zwischen den Zähnen hervor, und blitzschnell sank die Stange nieder.</p><lb/> <p>Da durchschnitt die Luft ein greller, entsetzlicher Schrei, die Pferde bäumten sich, ein Körper fiel zu Boden, der Hund drüben im zweiten Hofe riß heftig an der Kette und that, heftig bellend, einige Sprünge hin und her. Die Pferde liefen, scheu gemacht, im finsteren Hofe umher.</p><lb/> <p>Eine völlige Stille folgte und währte vielleicht eine volle Minute.</p><lb/> <p>Wendelin war der Erste, der ein Wort von sich gab. Der ist todt! sagte er, maustodt! Und erhielt die Laterne über die Leiche hin, deren Kopf zerschmettert war.</p><lb/> <p>Todt! todt! todt! rief der Müller laut, vor Wuth über den riesenhaften Undank schäumend und zugleich mit einer höllischen Freude lachend, während ihm die Stange, die er noch immer krampfhaft gehalten, aus der Hand fiel.</p><lb/> <p>Wohin aber jetzt mit ihm? fragte Wendelin bestürzt. Wohin ihn verscharren, daß keine Seele etwas ahnt?</p><lb/> <p>Du hast Recht, erwiderte der Müller, augenblicklich der Besinnung zurückgegeben. O, daß man es verheimlichen muß! Die ganze Welt sollte dabei stehen und den Schandbuben daliegen sehen — man müßte<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0041]
Dieser aber erhob die Hebestange.
Das für dich, du verdammter Hund, murmelte er zwischen den Zähnen hervor, und blitzschnell sank die Stange nieder.
Da durchschnitt die Luft ein greller, entsetzlicher Schrei, die Pferde bäumten sich, ein Körper fiel zu Boden, der Hund drüben im zweiten Hofe riß heftig an der Kette und that, heftig bellend, einige Sprünge hin und her. Die Pferde liefen, scheu gemacht, im finsteren Hofe umher.
Eine völlige Stille folgte und währte vielleicht eine volle Minute.
Wendelin war der Erste, der ein Wort von sich gab. Der ist todt! sagte er, maustodt! Und erhielt die Laterne über die Leiche hin, deren Kopf zerschmettert war.
Todt! todt! todt! rief der Müller laut, vor Wuth über den riesenhaften Undank schäumend und zugleich mit einer höllischen Freude lachend, während ihm die Stange, die er noch immer krampfhaft gehalten, aus der Hand fiel.
Wohin aber jetzt mit ihm? fragte Wendelin bestürzt. Wohin ihn verscharren, daß keine Seele etwas ahnt?
Du hast Recht, erwiderte der Müller, augenblicklich der Besinnung zurückgegeben. O, daß man es verheimlichen muß! Die ganze Welt sollte dabei stehen und den Schandbuben daliegen sehen — man müßte
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Zitationshilfe: | Meißner, Alfred: Der Müller vom Höft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 177–274. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_hoeft_1910/41>, abgerufen am 16.02.2025. |