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Meisel-Heß, Grete: Weiberhaß und Weiberverachtung. Eine Erwiderung auf die in Dr. Otto Weiningers Buche »Geschlecht und Charakter« geäußerten Anschauungen über »Die Frau und ihre Frage«. Wien, 1904.

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ganz leicht in die Pubertät. - So? Ist es dem Autor
gänzlich unbekannt, wie eminent krisenhaft, beunruhigend,
aufregend und gefährlich gerade beim Weibe diese Epoche
sich ankündigt, - da ja auch sie von einem Phänomen
begleitet ist, - "über das der Wille keine Gewalt hat"?!
Unbekannt auch, daß hysterische Schwärmereien, die
gewöhnlich blinde Aufopferung und entsetztes Abwenden
von aller bewußten Sexualität (die mit geheimen Schauern
wie eine fremde, feindliche Macht geahnt wird) zum Substrate
haben, gerade in dieser Zeit emporschießen, daß eine
übersinnliche Hingabe zur treibenden Kraft des ganzen
Wesens wird, - wie sie Ibsen in Kaja Fosli und in der
Hedwig der "Wildente", Hauptmann in Ottegebe im "Armen
Heinrich" verkörperten?!

"Besonders deutlich" beweisen daher Behauptungen
solcher Art nur das Eine: daß alles, was ist und wie immer
es ist, herbeigeholt, und alles, was nicht ist, konstruiert
wird, um vorgefaßte Fiktionen zu stützen.

Ein blindes Vorbeisausen am wahrhaft Ursächlichen,
an wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen, in denen
die Gründe so mancher Erscheinungen wurzeln, ist ganz
auffällig ersichtlich und kulminiert in verwirrender Verwechslung
natürlicher Anlagen mit bloßen Zeiterscheinungen
von rein sozialer Natur. Warum - so wird gefragt -
denken Knaben nicht ans Heiraten, während selbst die
kleinsten Mädchen schon darauf "erpicht zu sein scheinen"?
Sehr einfach: weil die Mädchen von einem Erziehungsplan,
der eine andere selbständige Existenz als die Heirat nicht
in Betracht ziehen konnte, darauf gedrillt wurden. Darum
denken sie schon bei der Puppe ans Heiraten, geradeso wie
Buben, denen man den Säbel als Spielzeug in die Hand
gibt, sich gewöhnlich eine kriegerische Karriere in lockenden
Farben ausmalen, womit doch sicher nicht bewiesen ist,
daß sie ihrer "Anlage" nach Menschenschlächter sind und

ganz leicht in die Pubertät. – So? Ist es dem Autor
gänzlich unbekannt, wie eminent krisenhaft, beunruhigend,
aufregend und gefährlich gerade beim Weibe diese Epoche
sich ankündigt, – da ja auch sie von einem Phänomen
begleitet ist, – »über das der Wille keine Gewalt hat«?!
Unbekannt auch, daß hysterische Schwärmereien, die
gewöhnlich blinde Aufopferung und entsetztes Abwenden
von aller bewußten Sexualität (die mit geheimen Schauern
wie eine fremde, feindliche Macht geahnt wird) zum Substrate
haben, gerade in dieser Zeit emporschießen, daß eine
übersinnliche Hingabe zur treibenden Kraft des ganzen
Wesens wird, – wie sie Ibsen in Kaja Fosli und in der
Hedwig der »Wildente«, Hauptmann in Ottegebe im »Armen
Heinrich« verkörperten?!

»Besonders deutlich« beweisen daher Behauptungen
solcher Art nur das Eine: daß alles, was ist und wie immer
es ist, herbeigeholt, und alles, was nicht ist, konstruiert
wird, um vorgefaßte Fiktionen zu stützen.

Ein blindes Vorbeisausen am wahrhaft Ursächlichen,
an wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen, in denen
die Gründe so mancher Erscheinungen wurzeln, ist ganz
auffällig ersichtlich und kulminiert in verwirrender Verwechslung
natürlicher Anlagen mit bloßen Zeiterscheinungen
von rein sozialer Natur. Warum – so wird gefragt –
denken Knaben nicht ans Heiraten, während selbst die
kleinsten Mädchen schon darauf »erpicht zu sein scheinen«?
Sehr einfach: weil die Mädchen von einem Erziehungsplan,
der eine andere selbständige Existenz als die Heirat nicht
in Betracht ziehen konnte, darauf gedrillt wurden. Darum
denken sie schon bei der Puppe ans Heiraten, geradeso wie
Buben, denen man den Säbel als Spielzeug in die Hand
gibt, sich gewöhnlich eine kriegerische Karriere in lockenden
Farben ausmalen, womit doch sicher nicht bewiesen ist,
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[28/0034] ganz leicht in die Pubertät. – So? Ist es dem Autor gänzlich unbekannt, wie eminent krisenhaft, beunruhigend, aufregend und gefährlich gerade beim Weibe diese Epoche sich ankündigt, – da ja auch sie von einem Phänomen begleitet ist, – »über das der Wille keine Gewalt hat«?! Unbekannt auch, daß hysterische Schwärmereien, die gewöhnlich blinde Aufopferung und entsetztes Abwenden von aller bewußten Sexualität (die mit geheimen Schauern wie eine fremde, feindliche Macht geahnt wird) zum Substrate haben, gerade in dieser Zeit emporschießen, daß eine übersinnliche Hingabe zur treibenden Kraft des ganzen Wesens wird, – wie sie Ibsen in Kaja Fosli und in der Hedwig der »Wildente«, Hauptmann in Ottegebe im »Armen Heinrich« verkörperten?! »Besonders deutlich« beweisen daher Behauptungen solcher Art nur das Eine: daß alles, was ist und wie immer es ist, herbeigeholt, und alles, was nicht ist, konstruiert wird, um vorgefaßte Fiktionen zu stützen. Ein blindes Vorbeisausen am wahrhaft Ursächlichen, an wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen, in denen die Gründe so mancher Erscheinungen wurzeln, ist ganz auffällig ersichtlich und kulminiert in verwirrender Verwechslung natürlicher Anlagen mit bloßen Zeiterscheinungen von rein sozialer Natur. Warum – so wird gefragt – denken Knaben nicht ans Heiraten, während selbst die kleinsten Mädchen schon darauf »erpicht zu sein scheinen«? Sehr einfach: weil die Mädchen von einem Erziehungsplan, der eine andere selbständige Existenz als die Heirat nicht in Betracht ziehen konnte, darauf gedrillt wurden. Darum denken sie schon bei der Puppe ans Heiraten, geradeso wie Buben, denen man den Säbel als Spielzeug in die Hand gibt, sich gewöhnlich eine kriegerische Karriere in lockenden Farben ausmalen, womit doch sicher nicht bewiesen ist, daß sie ihrer »Anlage« nach Menschenschlächter sind und

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Zitationshilfe: Meisel-Heß, Grete: Weiberhaß und Weiberverachtung. Eine Erwiderung auf die in Dr. Otto Weiningers Buche »Geschlecht und Charakter« geäußerten Anschauungen über »Die Frau und ihre Frage«. Wien, 1904, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meiselhess_weiberhass_1904/34>, abgerufen am 24.11.2024.