Meisel-Heß, Grete: Weiberhaß und Weiberverachtung. Eine Erwiderung auf die in Dr. Otto Weiningers Buche »Geschlecht und Charakter« geäußerten Anschauungen über »Die Frau und ihre Frage«. Wien, 1904.geboten erscheint, auch in den angefochtensten literarischen In dieser zum Kampfe drängenden farbebekennenden Die "wahre" (innerliche) Emanzipation des Weibes "Unsinn" - der entsetzliche Kampf nach Brot, "Unsinn" Und warum ist diese Bewegung, diese Agitation nach geboten erscheint, auch in den angefochtensten literarischen In dieser zum Kampfe drängenden farbebekennenden Die »wahre« (innerliche) Emanzipation des Weibes »Unsinn« – der entsetzliche Kampf nach Brot, »Unsinn« Und warum ist diese Bewegung, diese Agitation nach <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0025" n="19"/> geboten erscheint, auch in den angefochtensten literarischen<lb/> Situationen die weibliche Autorenschaft zu bekennen ....<lb/></p> <p>In dieser zum Kampfe drängenden farbebekennenden<lb/> Zeit der neueren Literaturperiode sind denn auch die männlichen<lb/> Pseudonyme weiblicher Autoren immer seltener <choice><sic>gegeworden</sic><corr>geworden</corr></choice>,<lb/> so daß der Grund für ihr ehemaliges Überwiegen<lb/> wohl kaum in maskulinen Anlagen, sondern in äußeren Verhältnissen<lb/> zu suchen ist.<lb/></p> <p>Die »wahre« (innerliche) Emanzipation des Weibes<lb/> wird von Weininger nicht verworfen (wohl aber für unmöglich<lb/> erklärt), – <hi rendition="#g">aber</hi> – »der <hi rendition="#g">Unsinn</hi> der Emanzipationsbestrebungen<lb/> liegt in der <hi rendition="#g">Bewegung</hi>, in der <hi rendition="#g">Agitation</hi>«.<lb/></p> <p>»Unsinn« – der entsetzliche Kampf nach Brot, »<hi rendition="#g">Unsinn</hi>«<lb/> der endlich erfolgte Zusammenschluß der als einzelne<lb/> Hilflosen, »Unsinn« die planmäßige Organisation der nur<lb/> durch ihr Geschlecht von zahllosen wichtigsten Erwerbszweigen<lb/> Ausgeschlossenen, die auf die immer seltener gewordene<lb/> »Versorgung durch den Mann« – oder aber auf<lb/> Hunger, Prostitution oder erdrückende Familienabhängigkeit<lb/> angewiesen waren! »Unsinn« die mächtige Propaganda, die<lb/> die Ringenden kampfesfähig machen, die ihnen die Mittel<lb/> erkämpfen soll, sich vor <hi rendition="#g">widerstandslosem</hi>, sicherem<lb/> Untergang zu retten, »Unsinn« das Sichaufraffen aller jener<lb/> weiblichen Existenzen, die <hi rendition="#g">nicht</hi> »als Leichen auf dem Wege<lb/> liegen bleiben« wollen, wie dies nach der Ansicht eines<lb/> mir bekannten, sonst bedeutenden Philosophen »nun einmal<lb/> sein muß«.<lb/></p> <p>Und warum ist diese Bewegung, diese Agitation nach<lb/> Weininger »Unsinn«? Weil »nur durch diese« (und außerdem<lb/> »aus Motiven der Eitelkeit – des Männerfanges!« –<lb/> Herrjemine!) viele Frauen jetzt Bildungs- und Berufsbestrebungen<lb/> entwickeln, deren bloße »psychische Bedürfnisse« sie<lb/><hi rendition="#g">nicht</hi> dazu getrieben hätten!<lb/></p> <p> </p> </div> </body> </text> </TEI> [19/0025]
geboten erscheint, auch in den angefochtensten literarischen
Situationen die weibliche Autorenschaft zu bekennen ....
In dieser zum Kampfe drängenden farbebekennenden
Zeit der neueren Literaturperiode sind denn auch die männlichen
Pseudonyme weiblicher Autoren immer seltener geworden,
so daß der Grund für ihr ehemaliges Überwiegen
wohl kaum in maskulinen Anlagen, sondern in äußeren Verhältnissen
zu suchen ist.
Die »wahre« (innerliche) Emanzipation des Weibes
wird von Weininger nicht verworfen (wohl aber für unmöglich
erklärt), – aber – »der Unsinn der Emanzipationsbestrebungen
liegt in der Bewegung, in der Agitation«.
»Unsinn« – der entsetzliche Kampf nach Brot, »Unsinn«
der endlich erfolgte Zusammenschluß der als einzelne
Hilflosen, »Unsinn« die planmäßige Organisation der nur
durch ihr Geschlecht von zahllosen wichtigsten Erwerbszweigen
Ausgeschlossenen, die auf die immer seltener gewordene
»Versorgung durch den Mann« – oder aber auf
Hunger, Prostitution oder erdrückende Familienabhängigkeit
angewiesen waren! »Unsinn« die mächtige Propaganda, die
die Ringenden kampfesfähig machen, die ihnen die Mittel
erkämpfen soll, sich vor widerstandslosem, sicherem
Untergang zu retten, »Unsinn« das Sichaufraffen aller jener
weiblichen Existenzen, die nicht »als Leichen auf dem Wege
liegen bleiben« wollen, wie dies nach der Ansicht eines
mir bekannten, sonst bedeutenden Philosophen »nun einmal
sein muß«.
Und warum ist diese Bewegung, diese Agitation nach
Weininger »Unsinn«? Weil »nur durch diese« (und außerdem
»aus Motiven der Eitelkeit – des Männerfanges!« –
Herrjemine!) viele Frauen jetzt Bildungs- und Berufsbestrebungen
entwickeln, deren bloße »psychische Bedürfnisse« sie
nicht dazu getrieben hätten!
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Zitationshilfe: | Meisel-Heß, Grete: Weiberhaß und Weiberverachtung. Eine Erwiderung auf die in Dr. Otto Weiningers Buche »Geschlecht und Charakter« geäußerten Anschauungen über »Die Frau und ihre Frage«. Wien, 1904, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meiselhess_weiberhass_1904/25>, abgerufen am 27.07.2024. |