Stillen den Herrn anrief, daß er uns für solchen Staat und Hoffarth nit abermals in seinem Zorn strafen wölle. Als mein Töchterlein dieses Allens sahe, wurde sie be¬ trübt, daß sie ihme nichts mehr geben könne denn ihr Herze allein, und die Kettin von dem schwedischen Kö¬ nig so sie ihme umb den Hals hing, und ihn weinende bate, sie vor ein Brautgeschenke zu behalten. Solches versprach er auch letzlich und daß er sie mit in seinen Sarg nehmen wölle, doch zuvorab müsse mein Töchter¬ lein noch damit vertraut werden, wie mit dem blauen seidinen Kleid, denn dieses und kein anderes sölle ihr Brautkleid sein, welches sie ihme auch angeloben mußte.
Doch mit der Magd begab sich noch ein seltsamer Fürfall, so ich allhier noch notiren will. Denn nach¬ deme das alte treue Mensch gehöret, was hieselbsten geariviret, war sie für Freuden außer sich, sprang und klatschete in ihre Hände, und sagete letzlich zu meim Töchterlein: nunmehro würde sie sicherlich nicht mehr weinen, wenn der Junker in ihr Bette liegen wölle, worüber selbige also erschaamrothete, daß sie aus der Thüren lief. Und als der Junker nunmehro wissen wollte, was sie damit sagen wölle, verzählete sie ihme, daß er schon einmal als wir von Gützkow kommen, in meines Töchterleins Bette geschlafen, worüber er den ganzen Abend seinen Kurzweil mit ihr hatte, als sie wiederkam. Der Magd versprach er aber, da sie schon einmal meines Töchterleins Bette vor ihn gemacht, sölle sie es auch zum andern Mal machen, und übermorgen
19 *
Stillen den Herrn anrief, daß er uns für ſolchen Staat und Hoffarth nit abermals in ſeinem Zorn ſtrafen wölle. Als mein Töchterlein dieſes Allens ſahe, wurde ſie be¬ trübt, daß ſie ihme nichts mehr geben könne denn ihr Herze allein, und die Kettin von dem ſchwediſchen Kö¬ nig ſo ſie ihme umb den Hals hing, und ihn weinende bate, ſie vor ein Brautgeſchenke zu behalten. Solches verſprach er auch letzlich und daß er ſie mit in ſeinen Sarg nehmen wölle, doch zuvorab müſſe mein Töchter¬ lein noch damit vertraut werden, wie mit dem blauen ſeidinen Kleid, denn dieſes und kein anderes ſölle ihr Brautkleid ſein, welches ſie ihme auch angeloben mußte.
Doch mit der Magd begab ſich noch ein ſeltſamer Fürfall, ſo ich allhier noch notiren will. Denn nach¬ deme das alte treue Menſch gehöret, was hieſelbſten geariviret, war ſie für Freuden außer ſich, ſprang und klatſchete in ihre Hände, und ſagete letzlich zu meim Töchterlein: nunmehro würde ſie ſicherlich nicht mehr weinen, wenn der Junker in ihr Bette liegen wölle, worüber ſelbige alſo erſchaamrothete, daß ſie aus der Thüren lief. Und als der Junker nunmehro wiſſen wollte, was ſie damit ſagen wölle, verzählete ſie ihme, daß er ſchon einmal als wir von Gützkow kommen, in meines Töchterleins Bette geſchlafen, worüber er den ganzen Abend ſeinen Kurzweil mit ihr hatte, als ſie wiederkam. Der Magd verſprach er aber, da ſie ſchon einmal meines Töchterleins Bette vor ihn gemacht, ſölle ſie es auch zum andern Mal machen, und übermorgen
19 *
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0307"n="291"/>
Stillen den Herrn anrief, daß er uns für ſolchen Staat<lb/>
und Hoffarth nit abermals in ſeinem Zorn ſtrafen wölle.<lb/>
Als mein Töchterlein dieſes Allens ſahe, wurde ſie be¬<lb/>
trübt, daß ſie ihme nichts mehr geben könne denn ihr<lb/>
Herze allein, und die Kettin von dem ſchwediſchen Kö¬<lb/>
nig ſo ſie ihme umb den Hals hing, und ihn weinende<lb/>
bate, ſie vor ein Brautgeſchenke zu behalten. Solches<lb/>
verſprach er auch letzlich und daß er ſie mit in ſeinen<lb/>
Sarg nehmen wölle, doch zuvorab müſſe mein Töchter¬<lb/>
lein noch damit vertraut werden, wie mit dem blauen<lb/>ſeidinen Kleid, denn dieſes und kein anderes ſölle ihr<lb/>
Brautkleid ſein, welches ſie ihme auch angeloben mußte.</p><lb/><p>Doch mit der Magd begab ſich noch ein ſeltſamer<lb/>
Fürfall, ſo ich allhier noch notiren will. Denn nach¬<lb/>
deme das alte treue Menſch gehöret, was hieſelbſten<lb/>
geariviret, war ſie für Freuden außer ſich, ſprang und<lb/>
klatſchete in ihre Hände, und ſagete letzlich zu meim<lb/>
Töchterlein: nunmehro würde ſie ſicherlich nicht mehr<lb/>
weinen, wenn der Junker in ihr Bette liegen wölle,<lb/>
worüber ſelbige alſo erſchaamrothete, daß ſie aus der<lb/>
Thüren lief. Und als der Junker nunmehro wiſſen<lb/>
wollte, was ſie damit ſagen wölle, verzählete ſie ihme,<lb/>
daß er ſchon einmal als wir von Gützkow kommen, in<lb/>
meines Töchterleins Bette geſchlafen, worüber er den<lb/>
ganzen Abend ſeinen Kurzweil mit ihr hatte, als ſie<lb/>
wiederkam. Der Magd verſprach er aber, da ſie ſchon<lb/>
einmal meines Töchterleins Bette vor ihn gemacht, ſölle<lb/>ſie es auch zum andern Mal machen, und übermorgen<lb/><fwplace="bottom"type="sig">19 *<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[291/0307]
Stillen den Herrn anrief, daß er uns für ſolchen Staat
und Hoffarth nit abermals in ſeinem Zorn ſtrafen wölle.
Als mein Töchterlein dieſes Allens ſahe, wurde ſie be¬
trübt, daß ſie ihme nichts mehr geben könne denn ihr
Herze allein, und die Kettin von dem ſchwediſchen Kö¬
nig ſo ſie ihme umb den Hals hing, und ihn weinende
bate, ſie vor ein Brautgeſchenke zu behalten. Solches
verſprach er auch letzlich und daß er ſie mit in ſeinen
Sarg nehmen wölle, doch zuvorab müſſe mein Töchter¬
lein noch damit vertraut werden, wie mit dem blauen
ſeidinen Kleid, denn dieſes und kein anderes ſölle ihr
Brautkleid ſein, welches ſie ihme auch angeloben mußte.
Doch mit der Magd begab ſich noch ein ſeltſamer
Fürfall, ſo ich allhier noch notiren will. Denn nach¬
deme das alte treue Menſch gehöret, was hieſelbſten
geariviret, war ſie für Freuden außer ſich, ſprang und
klatſchete in ihre Hände, und ſagete letzlich zu meim
Töchterlein: nunmehro würde ſie ſicherlich nicht mehr
weinen, wenn der Junker in ihr Bette liegen wölle,
worüber ſelbige alſo erſchaamrothete, daß ſie aus der
Thüren lief. Und als der Junker nunmehro wiſſen
wollte, was ſie damit ſagen wölle, verzählete ſie ihme,
daß er ſchon einmal als wir von Gützkow kommen, in
meines Töchterleins Bette geſchlafen, worüber er den
ganzen Abend ſeinen Kurzweil mit ihr hatte, als ſie
wiederkam. Der Magd verſprach er aber, da ſie ſchon
einmal meines Töchterleins Bette vor ihn gemacht, ſölle
ſie es auch zum andern Mal machen, und übermorgen
19 *
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/307>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.