Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

der ersten entfernet ist, und selbiger kaum das Volk
abhalten kunnte, daß sie nicht mein Kind angriffen und
lebendig zerrissen, angesehen Alle, wie auch Dn. Con¬
sul
selbsten vermeineten, daß kein Anderer, denn sie,
benebst dem Wetter, auch die Brücke behext (zumalen
sie selbsten nicht darauf gefallen) und den Amtshaubt¬
mann um sein Leben gebracht, was doch Allens erstun¬
ken und erlogen war, wie man Weiters hören wird.
Er schalt sie dannenhero für eine vermaledeyete Unhol¬
din, die nach abgelegter Beicht und dem Genuß des hei¬
ligen Abendmahls noch nicht von dem leidigen Satan
abgefallen wäre. Aber es sölle ihr Allens nicht helfen,
sie werde dennoch ihren Lohn alsbald empfangen. Und
dieweil sie stille schwieg, gab ich hierauf zwar zur Ant¬
wort: ob er nicht sähe, daß der gerechte Gott dies also
gefüget, daß der Amtshaubtmann, so meim unschuldigen
Kind Ehre Leib und Leben zu nehmen gedacht, allhier
als ein erschröcklich Exempel sein eigen Leben lassen müs¬
sen, aber es wollte nit verfangen, sondern er vermei¬
nete: daß dieses Wetter unser Herr Gott nicht gemacht,
könne ein Kind einsehen, oder ob ich vielleicht auch ver¬
meinete, daß unser Herr Gott die Brücke behext? Ich
müge doch endlich aufhören mein boshaft Kind zu recht¬
fertigen und sie lieber zur Buße vermahnen, da dies schon
das zweite Mal sei, daß sie Wetter gemacht, und mir doch
kein vernünftiger Mensch glauben würde, was ich sage, etc.

Hierzwischen aber hatte der Müller allbereits die
Mühle angehalten, item sein Wasser gestauet, und wa¬
ren an die vier bis fünf Kerls mit dem Büttel auf das

der erſten entfernet iſt, und ſelbiger kaum das Volk
abhalten kunnte, daß ſie nicht mein Kind angriffen und
lebendig zerriſſen, angeſehen Alle, wie auch Dn. Con¬
sul
ſelbſten vermeineten, daß kein Anderer, denn ſie,
benebſt dem Wetter, auch die Brücke behext (zumalen
ſie ſelbſten nicht darauf gefallen) und den Amtshaubt¬
mann um ſein Leben gebracht, was doch Allens erſtun¬
ken und erlogen war, wie man Weiters hören wird.
Er ſchalt ſie dannenhero für eine vermaledeyete Unhol¬
din, die nach abgelegter Beicht und dem Genuß des hei¬
ligen Abendmahls noch nicht von dem leidigen Satan
abgefallen wäre. Aber es ſölle ihr Allens nicht helfen,
ſie werde dennoch ihren Lohn alsbald empfangen. Und
dieweil ſie ſtille ſchwieg, gab ich hierauf zwar zur Ant¬
wort: ob er nicht ſähe, daß der gerechte Gott dies alſo
gefüget, daß der Amtshaubtmann, ſo meim unſchuldigen
Kind Ehre Leib und Leben zu nehmen gedacht, allhier
als ein erſchröcklich Exempel ſein eigen Leben laſſen müſ¬
ſen, aber es wollte nit verfangen, ſondern er vermei¬
nete: daß dieſes Wetter unſer Herr Gott nicht gemacht,
könne ein Kind einſehen, oder ob ich vielleicht auch ver¬
meinete, daß unſer Herr Gott die Brücke behext? Ich
müge doch endlich aufhören mein boshaft Kind zu recht¬
fertigen und ſie lieber zur Buße vermahnen, da dies ſchon
das zweite Mal ſei, daß ſie Wetter gemacht, und mir doch
kein vernünftiger Menſch glauben würde, was ich ſage, etc.

Hierzwiſchen aber hatte der Müller allbereits die
Mühle angehalten, item ſein Waſſer geſtauet, und wa¬
ren an die vier bis fünf Kerls mit dem Büttel auf das

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0272" n="256"/>
der er&#x017F;ten entfernet i&#x017F;t, und &#x017F;elbiger kaum das Volk<lb/>
abhalten kunnte, daß &#x017F;ie nicht mein Kind angriffen und<lb/>
lebendig zerri&#x017F;&#x017F;en, ange&#x017F;ehen Alle, wie auch <hi rendition="#aq">Dn. Con¬<lb/>
sul</hi> &#x017F;elb&#x017F;ten vermeineten, daß kein Anderer, denn &#x017F;ie,<lb/>
beneb&#x017F;t dem Wetter, auch die Brücke behext (zumalen<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;ten nicht darauf gefallen) und den Amtshaubt¬<lb/>
mann um &#x017F;ein Leben gebracht, was doch Allens er&#x017F;tun¬<lb/>
ken und erlogen war, wie man Weiters hören wird.<lb/>
Er &#x017F;chalt &#x017F;ie dannenhero für eine vermaledeyete Unhol¬<lb/>
din, die nach abgelegter Beicht und dem Genuß des hei¬<lb/>
ligen Abendmahls noch nicht von dem leidigen Satan<lb/>
abgefallen wäre. Aber es &#x017F;ölle ihr Allens nicht helfen,<lb/>
&#x017F;ie werde dennoch ihren Lohn alsbald empfangen. Und<lb/>
dieweil &#x017F;ie &#x017F;tille &#x017F;chwieg, gab ich hierauf zwar zur Ant¬<lb/>
wort: ob er nicht &#x017F;ähe, daß der gerechte Gott dies al&#x017F;o<lb/>
gefüget, daß der Amtshaubtmann, &#x017F;o meim un&#x017F;chuldigen<lb/>
Kind Ehre Leib und Leben zu nehmen gedacht, allhier<lb/>
als ein er&#x017F;chröcklich Exempel &#x017F;ein eigen Leben la&#x017F;&#x017F;en mü&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;en, aber es wollte nit verfangen, &#x017F;ondern er vermei¬<lb/>
nete: daß die&#x017F;es Wetter un&#x017F;er Herr Gott nicht gemacht,<lb/>
könne ein Kind ein&#x017F;ehen, oder ob ich vielleicht auch ver¬<lb/>
meinete, daß un&#x017F;er Herr Gott die Brücke behext? Ich<lb/>
müge doch endlich aufhören mein boshaft Kind zu recht¬<lb/>
fertigen und &#x017F;ie lieber zur Buße vermahnen, da dies &#x017F;chon<lb/>
das zweite Mal &#x017F;ei, daß &#x017F;ie Wetter gemacht, und mir doch<lb/>
kein vernünftiger Men&#x017F;ch glauben würde, was ich &#x017F;age, <hi rendition="#aq">etc.</hi></p><lb/>
        <p>Hierzwi&#x017F;chen aber hatte der Müller allbereits die<lb/>
Mühle angehalten, <hi rendition="#aq">item</hi> &#x017F;ein Wa&#x017F;&#x017F;er ge&#x017F;tauet, und wa¬<lb/>
ren an die vier bis fünf Kerls mit dem Büttel auf das<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[256/0272] der erſten entfernet iſt, und ſelbiger kaum das Volk abhalten kunnte, daß ſie nicht mein Kind angriffen und lebendig zerriſſen, angeſehen Alle, wie auch Dn. Con¬ sul ſelbſten vermeineten, daß kein Anderer, denn ſie, benebſt dem Wetter, auch die Brücke behext (zumalen ſie ſelbſten nicht darauf gefallen) und den Amtshaubt¬ mann um ſein Leben gebracht, was doch Allens erſtun¬ ken und erlogen war, wie man Weiters hören wird. Er ſchalt ſie dannenhero für eine vermaledeyete Unhol¬ din, die nach abgelegter Beicht und dem Genuß des hei¬ ligen Abendmahls noch nicht von dem leidigen Satan abgefallen wäre. Aber es ſölle ihr Allens nicht helfen, ſie werde dennoch ihren Lohn alsbald empfangen. Und dieweil ſie ſtille ſchwieg, gab ich hierauf zwar zur Ant¬ wort: ob er nicht ſähe, daß der gerechte Gott dies alſo gefüget, daß der Amtshaubtmann, ſo meim unſchuldigen Kind Ehre Leib und Leben zu nehmen gedacht, allhier als ein erſchröcklich Exempel ſein eigen Leben laſſen müſ¬ ſen, aber es wollte nit verfangen, ſondern er vermei¬ nete: daß dieſes Wetter unſer Herr Gott nicht gemacht, könne ein Kind einſehen, oder ob ich vielleicht auch ver¬ meinete, daß unſer Herr Gott die Brücke behext? Ich müge doch endlich aufhören mein boshaft Kind zu recht¬ fertigen und ſie lieber zur Buße vermahnen, da dies ſchon das zweite Mal ſei, daß ſie Wetter gemacht, und mir doch kein vernünftiger Menſch glauben würde, was ich ſage, etc. Hierzwiſchen aber hatte der Müller allbereits die Mühle angehalten, item ſein Waſſer geſtauet, und wa¬ ren an die vier bis fünf Kerls mit dem Büttel auf das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/272
Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/272>, abgerufen am 10.05.2024.