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Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

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Als der Amtshaubtmann solches gehöret, wurf er
den Krug, so er annoch in Händen hielt, also zur Er¬
den nieder, daß er zerborste, und schriee: die verfluchte
Teufelshure, so soll der Büttel sie dafür auch eine ganze
Stunde piepen lassen und was er ein Mehres herfür¬
stieß in seiner Bosheit, und ich vergessen hab. Doch
bald wurde er wieder als gütlich und sprach: "sie ist
unklug, gehet einmal selbsten zu ihr, ob Ihr sie zu Eu¬
rem und ihrem eigenen Vortheil bereden möget, der
Jäger soll Euch einlassen, und horchet der Kerl, so ge¬
bet ihm nur gleich in meinem Namen ein Paar Ohr¬
feigen, höret Ihr Ehre Abraham! Geht geschwinde und
bringet mir sobald als müglich eine Antwort!" Ging
also dem Jäger nach, welcher mich in einen Keller ge¬

ihres Fleisches und nicht abermals sündigten. Und ich sollte
sündigen bei einem gänzlichen Abscheu meines Fleisches, und
nicht einmal, sondern wiederhohlt, ohne Umkehr, bis an mei¬
nen Tod? Wie würde der gnädige Gott dies dem verwor¬
fensten aller Weiber verzeihen können? Unglücklicher Va¬
ter, erinnere dich, was du mir gesagt hast von den heiligen
Märtyrern und den Jungfrauen des Herrn, welche alle lie¬
ber das Leben als ihre Keuschheit verlieren wollten. Die¬
sen will auch ich folgen, und mein Heiland Jesus Christus
wird auch mir Elenden, wie ich hoffe, die ewige Krone ge¬
ben, obgleich ich ihn nicht minder beleidigt habe, wegen
Schwäche meines Fleisches wie Maria, und mich für schul¬
dig erklärt, da ich doch unschuldig bin. Suche also stark
zu werden und bitte für mich bei Gott, und nicht beim Teu¬
fel, damit auch ich bald im Angesicht Gottes für dich be¬
ten kann.
Die gefangene Maria S.

Als der Amtshaubtmann ſolches gehöret, wurf er
den Krug, ſo er annoch in Händen hielt, alſo zur Er¬
den nieder, daß er zerborſte, und ſchriee: die verfluchte
Teufelshure, ſo ſoll der Büttel ſie dafür auch eine ganze
Stunde piepen laſſen und was er ein Mehres herfür¬
ſtieß in ſeiner Bosheit, und ich vergeſſen hab. Doch
bald wurde er wieder als gütlich und ſprach: „ſie iſt
unklug, gehet einmal ſelbſten zu ihr, ob Ihr ſie zu Eu¬
rem und ihrem eigenen Vortheil bereden möget, der
Jäger ſoll Euch einlaſſen, und horchet der Kerl, ſo ge¬
bet ihm nur gleich in meinem Namen ein Paar Ohr¬
feigen, höret Ihr Ehre Abraham! Geht geſchwinde und
bringet mir ſobald als müglich eine Antwort!“ Ging
alſo dem Jäger nach, welcher mich in einen Keller ge¬

ihres Fleiſches und nicht abermals ſündigten. Und ich ſollte
ſündigen bei einem gänzlichen Abſcheu meines Fleiſches, und
nicht einmal, ſondern wiederhohlt, ohne Umkehr, bis an mei¬
nen Tod? Wie würde der gnädige Gott dies dem verwor¬
fenſten aller Weiber verzeihen können? Unglücklicher Va¬
ter, erinnere dich, was du mir geſagt haſt von den heiligen
Märtyrern und den Jungfrauen des Herrn, welche alle lie¬
ber das Leben als ihre Keuſchheit verlieren wollten. Die¬
ſen will auch ich folgen, und mein Heiland Jeſus Chriſtus
wird auch mir Elenden, wie ich hoffe, die ewige Krone ge¬
ben, obgleich ich ihn nicht minder beleidigt habe, wegen
Schwäche meines Fleiſches wie Maria, und mich für ſchul¬
dig erklärt, da ich doch unſchuldig bin. Suche alſo ſtark
zu werden und bitte für mich bei Gott, und nicht beim Teu¬
fel, damit auch ich bald im Angeſicht Gottes für dich be¬
ten kann.
Die gefangene Maria S.

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[230/0246] Als der Amtshaubtmann ſolches gehöret, wurf er den Krug, ſo er annoch in Händen hielt, alſo zur Er¬ den nieder, daß er zerborſte, und ſchriee: die verfluchte Teufelshure, ſo ſoll der Büttel ſie dafür auch eine ganze Stunde piepen laſſen und was er ein Mehres herfür¬ ſtieß in ſeiner Bosheit, und ich vergeſſen hab. Doch bald wurde er wieder als gütlich und ſprach: „ſie iſt unklug, gehet einmal ſelbſten zu ihr, ob Ihr ſie zu Eu¬ rem und ihrem eigenen Vortheil bereden möget, der Jäger ſoll Euch einlaſſen, und horchet der Kerl, ſo ge¬ bet ihm nur gleich in meinem Namen ein Paar Ohr¬ feigen, höret Ihr Ehre Abraham! Geht geſchwinde und bringet mir ſobald als müglich eine Antwort!“ Ging alſo dem Jäger nach, welcher mich in einen Keller ge¬ *) *) ihres Fleiſches und nicht abermals ſündigten. Und ich ſollte ſündigen bei einem gänzlichen Abſcheu meines Fleiſches, und nicht einmal, ſondern wiederhohlt, ohne Umkehr, bis an mei¬ nen Tod? Wie würde der gnädige Gott dies dem verwor¬ fenſten aller Weiber verzeihen können? Unglücklicher Va¬ ter, erinnere dich, was du mir geſagt haſt von den heiligen Märtyrern und den Jungfrauen des Herrn, welche alle lie¬ ber das Leben als ihre Keuſchheit verlieren wollten. Die¬ ſen will auch ich folgen, und mein Heiland Jeſus Chriſtus wird auch mir Elenden, wie ich hoffe, die ewige Krone ge¬ ben, obgleich ich ihn nicht minder beleidigt habe, wegen Schwäche meines Fleiſches wie Maria, und mich für ſchul¬ dig erklärt, da ich doch unſchuldig bin. Suche alſo ſtark zu werden und bitte für mich bei Gott, und nicht beim Teu¬ fel, damit auch ich bald im Angeſicht Gottes für dich be¬ ten kann. Die gefangene Maria S.

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Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/246>, abgerufen am 07.05.2024.