gehöret, auch von ihrem nächtlichen Wandel nichts ver¬ nommen, angesehen er im Stall bei den Pferden schliefe, und auch sicher gläube, daß böse Leute, wobei er auf die alte Lise sah, ihr dies Herzeleid bereitet, und sie ganz unschuldig sei.
Als nunmehro auch an dies alte Satanskind die Reihe kam, so ein Hauptzeugniß ablegen sollte erklärete mein Töchterlein abermalen, daß sie das Gezeugniß der alten Lisen nit annehmen müge und das Gericht umb Gerech¬ tigkeit anriefe, denn sie wäre ihr von Jugend auf gramm und länger in dem Geschrei der Zauberei gewest, denn sie selbsten.
Aber die alte Vettel rief: Gott vergebe dir deine Sünden. Das ganze Dorf weiß, daß ich ein fromm Weib bin, und meinem Gott diene, wie sich gebühret, worauf sie den alten Zuter Witthahn und meinen Fürsteher Claus Bulk aufrief, welche auch für sie Zeugniß ablegeten. Aber der alte Paassch stund und schüttelte das Haubt, doch als mein Töchterlein sagte: Paassch warumb schüttelt Ihr mit dem Kopf? verzufzete *) er sich und gab zur Antwort: "i, nicks **)!"
Dieses wurde aber auch Dn. Consul gewahr und fragete ihn: ob er etwas Unartiges wider die alte Lise fürzubringen habe, so möge er Gott die Ehre geben und solches bekennen; item stünde es einem Jeglichen erlaubt,
*) plattdeutsch: für zusammenfahren.
**) ei nichts.
gehöret, auch von ihrem nächtlichen Wandel nichts ver¬ nommen, angeſehen er im Stall bei den Pferden ſchliefe, und auch ſicher gläube, daß böſe Leute, wobei er auf die alte Liſe ſah, ihr dies Herzeleid bereitet, und ſie ganz unſchuldig ſei.
Als nunmehro auch an dies alte Satanskind die Reihe kam, ſo ein Hauptzeugniß ablegen ſollte erklärete mein Töchterlein abermalen, daß ſie das Gezeugniß der alten Liſen nit annehmen müge und das Gericht umb Gerech¬ tigkeit anriefe, denn ſie wäre ihr von Jugend auf gramm und länger in dem Geſchrei der Zauberei geweſt, denn ſie ſelbſten.
Aber die alte Vettel rief: Gott vergebe dir deine Sünden. Das ganze Dorf weiß, daß ich ein fromm Weib bin, und meinem Gott diene, wie ſich gebühret, worauf ſie den alten Zuter Witthahn und meinen Fürſteher Claus Bulk aufrief, welche auch für ſie Zeugniß ablegeten. Aber der alte Paaſsch ſtund und ſchüttelte das Haubt, doch als mein Töchterlein ſagte: Paaſsch warumb ſchüttelt Ihr mit dem Kopf? verzufzete *) er ſich und gab zur Antwort: „i, nicks **)!“
Dieſes wurde aber auch Dn. Consul gewahr und fragete ihn: ob er etwas Unartiges wider die alte Liſe fürzubringen habe, ſo möge er Gott die Ehre geben und ſolches bekennen; item ſtünde es einem Jeglichen erlaubt,
*) plattdeutſch: für zuſammenfahren.
**) ei nichts.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0189"n="173"/>
gehöret, auch von ihrem nächtlichen Wandel nichts ver¬<lb/>
nommen, angeſehen er im Stall bei den Pferden ſchliefe,<lb/>
und auch ſicher gläube, daß böſe Leute, wobei er auf<lb/>
die alte Liſe ſah, ihr dies Herzeleid bereitet, und ſie ganz<lb/>
unſchuldig ſei.</p><lb/><p>Als nunmehro auch an dies alte Satanskind die Reihe<lb/>
kam, ſo ein Hauptzeugniß ablegen ſollte erklärete mein<lb/>
Töchterlein abermalen, daß ſie das Gezeugniß der alten<lb/>
Liſen nit annehmen müge und das Gericht umb Gerech¬<lb/>
tigkeit anriefe, denn ſie wäre ihr von Jugend auf gramm<lb/>
und länger in dem Geſchrei der Zauberei geweſt, denn<lb/>ſie ſelbſten.</p><lb/><p>Aber die alte Vettel rief: Gott vergebe dir deine<lb/>
Sünden. Das ganze Dorf weiß, daß ich ein fromm Weib<lb/>
bin, und meinem Gott diene, wie ſich gebühret, worauf<lb/>ſie den alten Zuter Witthahn und meinen Fürſteher Claus<lb/>
Bulk aufrief, welche auch für ſie Zeugniß ablegeten. Aber<lb/>
der alte Paaſsch ſtund und ſchüttelte das Haubt, doch<lb/>
als mein Töchterlein ſagte: Paaſsch warumb ſchüttelt<lb/>
Ihr mit dem Kopf? verzufzete <noteplace="foot"n="*)">plattdeutſch: für zuſammenfahren.</note> er ſich und gab zur<lb/>
Antwort: „i, nicks <noteplace="foot"n="**)">ei nichts.</note>!“</p><lb/><p>Dieſes wurde aber auch <hirendition="#aq">Dn. Consul</hi> gewahr und<lb/>
fragete ihn: ob er etwas Unartiges wider die alte Liſe<lb/>
fürzubringen habe, ſo möge er Gott die Ehre geben und<lb/>ſolches bekennen; <hirendition="#aq">item</hi>ſtünde es einem Jeglichen erlaubt,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[173/0189]
gehöret, auch von ihrem nächtlichen Wandel nichts ver¬
nommen, angeſehen er im Stall bei den Pferden ſchliefe,
und auch ſicher gläube, daß böſe Leute, wobei er auf
die alte Liſe ſah, ihr dies Herzeleid bereitet, und ſie ganz
unſchuldig ſei.
Als nunmehro auch an dies alte Satanskind die Reihe
kam, ſo ein Hauptzeugniß ablegen ſollte erklärete mein
Töchterlein abermalen, daß ſie das Gezeugniß der alten
Liſen nit annehmen müge und das Gericht umb Gerech¬
tigkeit anriefe, denn ſie wäre ihr von Jugend auf gramm
und länger in dem Geſchrei der Zauberei geweſt, denn
ſie ſelbſten.
Aber die alte Vettel rief: Gott vergebe dir deine
Sünden. Das ganze Dorf weiß, daß ich ein fromm Weib
bin, und meinem Gott diene, wie ſich gebühret, worauf
ſie den alten Zuter Witthahn und meinen Fürſteher Claus
Bulk aufrief, welche auch für ſie Zeugniß ablegeten. Aber
der alte Paaſsch ſtund und ſchüttelte das Haubt, doch
als mein Töchterlein ſagte: Paaſsch warumb ſchüttelt
Ihr mit dem Kopf? verzufzete *) er ſich und gab zur
Antwort: „i, nicks **)!“
Dieſes wurde aber auch Dn. Consul gewahr und
fragete ihn: ob er etwas Unartiges wider die alte Liſe
fürzubringen habe, ſo möge er Gott die Ehre geben und
ſolches bekennen; item ſtünde es einem Jeglichen erlaubt,
*) plattdeutſch: für zuſammenfahren.
**) ei nichts.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/189>, abgerufen am 17.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.