2, Die Herrschaft, welche diesem Rechtssubjekte der öffent- lichen Verwaltung über die ihm zugehörige Sache zusteht, kann eine verschiedene sein nach dem Umfange, in welchem sie die Sache rechtlich erfaßt.
Die Zugehörigkeit der Sache an die öffentliche Verwaltung kann eine bloß thatsächliche sein, ein Besitz. Ein solcher Besitz knüpft sich von selbst an die äußerliche Thatsache, daß die Sache durch ihre Beschaffenheit dem entsprechenden öffentlichen Zwecke dient. Die Verwaltung wird mit den ihr zu Gebote stehenden Machtmitteln diesen Zustand aufrecht erhalten und, wenn er zerstört wird, wieder herstellen; sie erhält dadurch sich im Besitz (darüber unten in der Lehre von der Polizei der öffentlichen Sachen § 36, II n. 1). Für diesen Besitz kann ein Recht an der Sache die Grundlage abgeben. Der Besitz der Verwaltung kann sich aber auch selbständig für sich allein behaupten ohne Zusammenhang mit einem Recht an der Sache, ja sogar im Gegensatze zu einem offenbaren Rechte an der Sache, welches einem andern zusteht. Das ist die Bedeutung des öffentlich- rechtlichen Besitzes, davon wir das Nähere in der Lehre von den öffentlichrechtlichen Eigentumsbeschränkungen vorzutragen haben (unten § 41, I).
Es kann auch zu Gunsten der Verwaltung, des Staates oder wer an seiner Stelle steht, ein beschränktes Recht an der Sache begründet sein, durch welches das Recht des Eigentümers zurückgedrängt wird. Dieses Recht hat die Natur eines jus in re aliena, einer Dienstbarkeit, mit dem Inhalt, daß der Gebrauch der Sache für den öffentlichen Zweck geduldet werden muß. Indem die als Dienstbarkeit erscheinende Herrschaft über die Sache unmittelbar dem öffentlichen Zwecke dient, wird sie zur öffentlichrechtlichen Grunddienstbarkeit, von deren Recht hier noch nicht zu handeln ist (vgl. darüber unten § 40).
Das Letzte und Äußerste ist, daß die rechtliche Herrschaft des Subjektes der öffentlichen Verwaltung die Sache umfassend und aus- schließend ergreift, so daß ein Rest von fremdem Eigentum nicht übrig bleibt. Der Staat ist der Eigentümer der Sache und verfolgt mit dieser seiner Macht darüber unmittelbar den öffentlichen Zweck. Das ist der Fall des öffentlichen Eigentums.
körper wird hingewiesen von Meili, Recht der modernen Verkehrs- und Transport- anstalten, S. 40; freilich nur recht allgemein.
Das öffentliche Sachenrecht.
2, Die Herrschaft, welche diesem Rechtssubjekte der öffent- lichen Verwaltung über die ihm zugehörige Sache zusteht, kann eine verschiedene sein nach dem Umfange, in welchem sie die Sache rechtlich erfaßt.
Die Zugehörigkeit der Sache an die öffentliche Verwaltung kann eine bloß thatsächliche sein, ein Besitz. Ein solcher Besitz knüpft sich von selbst an die äußerliche Thatsache, daß die Sache durch ihre Beschaffenheit dem entsprechenden öffentlichen Zwecke dient. Die Verwaltung wird mit den ihr zu Gebote stehenden Machtmitteln diesen Zustand aufrecht erhalten und, wenn er zerstört wird, wieder herstellen; sie erhält dadurch sich im Besitz (darüber unten in der Lehre von der Polizei der öffentlichen Sachen § 36, II n. 1). Für diesen Besitz kann ein Recht an der Sache die Grundlage abgeben. Der Besitz der Verwaltung kann sich aber auch selbständig für sich allein behaupten ohne Zusammenhang mit einem Recht an der Sache, ja sogar im Gegensatze zu einem offenbaren Rechte an der Sache, welches einem andern zusteht. Das ist die Bedeutung des öffentlich- rechtlichen Besitzes, davon wir das Nähere in der Lehre von den öffentlichrechtlichen Eigentumsbeschränkungen vorzutragen haben (unten § 41, I).
Es kann auch zu Gunsten der Verwaltung, des Staates oder wer an seiner Stelle steht, ein beschränktes Recht an der Sache begründet sein, durch welches das Recht des Eigentümers zurückgedrängt wird. Dieses Recht hat die Natur eines jus in re aliena, einer Dienstbarkeit, mit dem Inhalt, daß der Gebrauch der Sache für den öffentlichen Zweck geduldet werden muß. Indem die als Dienstbarkeit erscheinende Herrschaft über die Sache unmittelbar dem öffentlichen Zwecke dient, wird sie zur öffentlichrechtlichen Grunddienstbarkeit, von deren Recht hier noch nicht zu handeln ist (vgl. darüber unten § 40).
Das Letzte und Äußerste ist, daß die rechtliche Herrschaft des Subjektes der öffentlichen Verwaltung die Sache umfassend und aus- schließend ergreift, so daß ein Rest von fremdem Eigentum nicht übrig bleibt. Der Staat ist der Eigentümer der Sache und verfolgt mit dieser seiner Macht darüber unmittelbar den öffentlichen Zweck. Das ist der Fall des öffentlichen Eigentums.
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Das öffentliche Sachenrecht.
2, Die Herrschaft, welche diesem Rechtssubjekte der öffent-
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verschiedene sein nach dem Umfange, in welchem sie die
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Die Zugehörigkeit der Sache an die öffentliche Verwaltung kann
eine bloß thatsächliche sein, ein Besitz. Ein solcher Besitz knüpft
sich von selbst an die äußerliche Thatsache, daß die Sache durch
ihre Beschaffenheit dem entsprechenden öffentlichen Zwecke dient.
Die Verwaltung wird mit den ihr zu Gebote stehenden Machtmitteln
diesen Zustand aufrecht erhalten und, wenn er zerstört wird, wieder
herstellen; sie erhält dadurch sich im Besitz (darüber unten in der
Lehre von der Polizei der öffentlichen Sachen § 36, II n. 1). Für
diesen Besitz kann ein Recht an der Sache die Grundlage abgeben.
Der Besitz der Verwaltung kann sich aber auch selbständig für sich
allein behaupten ohne Zusammenhang mit einem Recht an der Sache,
ja sogar im Gegensatze zu einem offenbaren Rechte an der Sache,
welches einem andern zusteht. Das ist die Bedeutung des öffentlich-
rechtlichen Besitzes, davon wir das Nähere in der Lehre von
den öffentlichrechtlichen Eigentumsbeschränkungen vorzutragen haben
(unten § 41, I).
Es kann auch zu Gunsten der Verwaltung, des Staates oder wer
an seiner Stelle steht, ein beschränktes Recht an der Sache begründet
sein, durch welches das Recht des Eigentümers zurückgedrängt wird.
Dieses Recht hat die Natur eines jus in re aliena, einer Dienstbarkeit,
mit dem Inhalt, daß der Gebrauch der Sache für den öffentlichen
Zweck geduldet werden muß. Indem die als Dienstbarkeit erscheinende
Herrschaft über die Sache unmittelbar dem öffentlichen Zwecke dient,
wird sie zur öffentlichrechtlichen Grunddienstbarkeit,
von deren Recht hier noch nicht zu handeln ist (vgl. darüber
unten § 40).
Das Letzte und Äußerste ist, daß die rechtliche Herrschaft des
Subjektes der öffentlichen Verwaltung die Sache umfassend und aus-
schließend ergreift, so daß ein Rest von fremdem Eigentum nicht
übrig bleibt. Der Staat ist der Eigentümer der Sache und verfolgt
mit dieser seiner Macht darüber unmittelbar den öffentlichen Zweck.
Das ist der Fall des öffentlichen Eigentums.
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anstalten, S. 40; freilich nur recht allgemein.
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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/96>, abgerufen am 25.11.2024.
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