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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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Das öffentliche Sachenrecht.
in Gefahr, verwischt zu werden17. Sie bilden eine dritte Gruppe für
sich: das Dienen für die öffentliche Verwaltung wird bei ihnen ein so
unmittelbares, daß die rechtliche Herrschaft selbst, in der sie stehen,
dadurch ihre besondere Natur bekommt. Wenn wir hier von öffent-
lichen Sachen sprechen, so meinen wir Sachen öffentlichen Rechtes;
res publicae sind uns res publici juris, das will sagen: Sachen, welche
um ihrer Zweckbestimmung willen in einer rechtlichen Herrschaft
stehen, die nach öffentlichem Rechte zu beurteilen ist.

Da wird uns nun freilich von vornherein die "juristische Möglich-
keit" eines öffentlichen Sachenrechts dieser Art bestritten. Wie ist
es überhaupt denkbar, daß die rechtliche Herrschaft über eine Sache
nach öffentlichem Recht beurteilt werde? Die gewöhnliche Auffassung
ist natürlich geneigt, die Alleinherrschaft der entsprechenden civil-
rechtlichen Begriffe als Glaubenssatz festzuhalten. Der wichtigste Be-
griff dieser Art, das Eigentum, wird z. B. bestimmt als "die umfassende
ausschließende und unbedingte Macht über die Sache"18. Also, sagt
man, liegt dies entweder vor, dann ist civilrechtliches, oder es liegt
nicht vor, dann ist gar kein Eigentum gegeben. Hierauf ist zu ent-
gegnen, daß allerdings auch das öffentliche Eigentum ganz und gar
diesem richtigen Begriffe entsprechen wird. Aber was ist civilrecht-
liches Eigentum? Der Sache gegenüber, welche Gegenstand dieser
Macht ist, enthält das Eigentum ja nichts Rechtliches. Rechtlich wird
die Macht dadurch, daß die Beziehungen zu anderen Rechtssubjekten,
zu bestimmten und unbestimmten, in welche der Eigentümer von hier
aus tritt, in dem ihr entsprechenden Sinne rechtlich geordnet sind.
Diese die Macht über die Sache umgebende Ordnung von daran sich
knüpfenden Beziehungen zu Anderen ist die Rechtsordnung des
Eigentums
. Diese Rechtsordnung wird geliefert durch die Regeln
des Privatrechts, und so erscheint das Privateigentum, besser: privat-
rechtliche oder civilrechtliche Eigentum. Denken wir uns nun diese
ganze civilrechtliche Rechtsordnung ausgeschlossen und an ihrer Stelle

17 v. Stengel in Wörterbuch II S. 184 spricht sich sehr entschieden aus für
eine Sonderung der öffentlichen Sachen von dem Verwaltungsvermögen. Der Grund,
den er anführt, daß jene der allgemeinen Benützung unterliegen, dieses nicht,
wird allerdings nicht durchweg zutreffen (unten n. 2 u. 3). Aber gewiß liegt ein
richtiges Gefühl zu Grunde, wenn man davor zurückscheut, die öffentlichen Sachen
überhaupt in irgend ein "Vermögen" des Staates einzustellen. In diesem Sinn
bildet auch O.V.G. 28. Febr. 1879 (Samml. II S. 19) den Gegensatz: "die Straßen
sind Eigentum, aber nicht Aktivvermögen".
18 Diese Formulierung von Merkel, Encyklopädie § 378, dürfen wir woh
einfach als die maßgebende zur Grundlage nehmen. Auf Meinungsverschieden-
heiten im Minderwesentlichen kommt es für unsern Zweck nicht an.

Das öffentliche Sachenrecht.
in Gefahr, verwischt zu werden17. Sie bilden eine dritte Gruppe für
sich: das Dienen für die öffentliche Verwaltung wird bei ihnen ein so
unmittelbares, daß die rechtliche Herrschaft selbst, in der sie stehen,
dadurch ihre besondere Natur bekommt. Wenn wir hier von öffent-
lichen Sachen sprechen, so meinen wir Sachen öffentlichen Rechtes;
res publicae sind uns res publici juris, das will sagen: Sachen, welche
um ihrer Zweckbestimmung willen in einer rechtlichen Herrschaft
stehen, die nach öffentlichem Rechte zu beurteilen ist.

Da wird uns nun freilich von vornherein die „juristische Möglich-
keit“ eines öffentlichen Sachenrechts dieser Art bestritten. Wie ist
es überhaupt denkbar, daß die rechtliche Herrschaft über eine Sache
nach öffentlichem Recht beurteilt werde? Die gewöhnliche Auffassung
ist natürlich geneigt, die Alleinherrschaft der entsprechenden civil-
rechtlichen Begriffe als Glaubenssatz festzuhalten. Der wichtigste Be-
griff dieser Art, das Eigentum, wird z. B. bestimmt als „die umfassende
ausschließende und unbedingte Macht über die Sache“18. Also, sagt
man, liegt dies entweder vor, dann ist civilrechtliches, oder es liegt
nicht vor, dann ist gar kein Eigentum gegeben. Hierauf ist zu ent-
gegnen, daß allerdings auch das öffentliche Eigentum ganz und gar
diesem richtigen Begriffe entsprechen wird. Aber was ist civilrecht-
liches Eigentum? Der Sache gegenüber, welche Gegenstand dieser
Macht ist, enthält das Eigentum ja nichts Rechtliches. Rechtlich wird
die Macht dadurch, daß die Beziehungen zu anderen Rechtssubjekten,
zu bestimmten und unbestimmten, in welche der Eigentümer von hier
aus tritt, in dem ihr entsprechenden Sinne rechtlich geordnet sind.
Diese die Macht über die Sache umgebende Ordnung von daran sich
knüpfenden Beziehungen zu Anderen ist die Rechtsordnung des
Eigentums
. Diese Rechtsordnung wird geliefert durch die Regeln
des Privatrechts, und so erscheint das Privateigentum, besser: privat-
rechtliche oder civilrechtliche Eigentum. Denken wir uns nun diese
ganze civilrechtliche Rechtsordnung ausgeschlossen und an ihrer Stelle

17 v. Stengel in Wörterbuch II S. 184 spricht sich sehr entschieden aus für
eine Sonderung der öffentlichen Sachen von dem Verwaltungsvermögen. Der Grund,
den er anführt, daß jene der allgemeinen Benützung unterliegen, dieses nicht,
wird allerdings nicht durchweg zutreffen (unten n. 2 u. 3). Aber gewiß liegt ein
richtiges Gefühl zu Grunde, wenn man davor zurückscheut, die öffentlichen Sachen
überhaupt in irgend ein „Vermögen“ des Staates einzustellen. In diesem Sinn
bildet auch O.V.G. 28. Febr. 1879 (Samml. II S. 19) den Gegensatz: „die Straßen
sind Eigentum, aber nicht Aktivvermögen“.
18 Diese Formulierung von Merkel, Encyklopädie § 378, dürfen wir woh
einfach als die maßgebende zur Grundlage nehmen. Auf Meinungsverschieden-
heiten im Minderwesentlichen kommt es für unsern Zweck nicht an.
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[72/0084] Das öffentliche Sachenrecht. in Gefahr, verwischt zu werden 17. Sie bilden eine dritte Gruppe für sich: das Dienen für die öffentliche Verwaltung wird bei ihnen ein so unmittelbares, daß die rechtliche Herrschaft selbst, in der sie stehen, dadurch ihre besondere Natur bekommt. Wenn wir hier von öffent- lichen Sachen sprechen, so meinen wir Sachen öffentlichen Rechtes; res publicae sind uns res publici juris, das will sagen: Sachen, welche um ihrer Zweckbestimmung willen in einer rechtlichen Herrschaft stehen, die nach öffentlichem Rechte zu beurteilen ist. Da wird uns nun freilich von vornherein die „juristische Möglich- keit“ eines öffentlichen Sachenrechts dieser Art bestritten. Wie ist es überhaupt denkbar, daß die rechtliche Herrschaft über eine Sache nach öffentlichem Recht beurteilt werde? Die gewöhnliche Auffassung ist natürlich geneigt, die Alleinherrschaft der entsprechenden civil- rechtlichen Begriffe als Glaubenssatz festzuhalten. Der wichtigste Be- griff dieser Art, das Eigentum, wird z. B. bestimmt als „die umfassende ausschließende und unbedingte Macht über die Sache“ 18. Also, sagt man, liegt dies entweder vor, dann ist civilrechtliches, oder es liegt nicht vor, dann ist gar kein Eigentum gegeben. Hierauf ist zu ent- gegnen, daß allerdings auch das öffentliche Eigentum ganz und gar diesem richtigen Begriffe entsprechen wird. Aber was ist civilrecht- liches Eigentum? Der Sache gegenüber, welche Gegenstand dieser Macht ist, enthält das Eigentum ja nichts Rechtliches. Rechtlich wird die Macht dadurch, daß die Beziehungen zu anderen Rechtssubjekten, zu bestimmten und unbestimmten, in welche der Eigentümer von hier aus tritt, in dem ihr entsprechenden Sinne rechtlich geordnet sind. Diese die Macht über die Sache umgebende Ordnung von daran sich knüpfenden Beziehungen zu Anderen ist die Rechtsordnung des Eigentums. Diese Rechtsordnung wird geliefert durch die Regeln des Privatrechts, und so erscheint das Privateigentum, besser: privat- rechtliche oder civilrechtliche Eigentum. Denken wir uns nun diese ganze civilrechtliche Rechtsordnung ausgeschlossen und an ihrer Stelle 17 v. Stengel in Wörterbuch II S. 184 spricht sich sehr entschieden aus für eine Sonderung der öffentlichen Sachen von dem Verwaltungsvermögen. Der Grund, den er anführt, daß jene der allgemeinen Benützung unterliegen, dieses nicht, wird allerdings nicht durchweg zutreffen (unten n. 2 u. 3). Aber gewiß liegt ein richtiges Gefühl zu Grunde, wenn man davor zurückscheut, die öffentlichen Sachen überhaupt in irgend ein „Vermögen“ des Staates einzustellen. In diesem Sinn bildet auch O.V.G. 28. Febr. 1879 (Samml. II S. 19) den Gegensatz: „die Straßen sind Eigentum, aber nicht Aktivvermögen“. 18 Diese Formulierung von Merkel, Encyklopädie § 378, dürfen wir woh einfach als die maßgebende zur Grundlage nehmen. Auf Meinungsverschieden- heiten im Minderwesentlichen kommt es für unsern Zweck nicht an.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/84>, abgerufen am 22.11.2024.