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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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§ 62. Internationales und bundesstaatliches Verwaltungsrecht.
ausländischen Civilrechts zur Wirksamkeit gelangen. Und beides,
eines wie das andere, wahren und schützen unsere Gerichte, sobald
sie berufen sind, über einen solchen Fall zu urteilen8. Darum ist es
hier so wichtig, diese Anwendungsmaßstäbe zu untersuchen und fest-
zustellen. Darum sind auch die Urteile der Civilgerichte auf dem
besten Wege zu einer überall gültigen Vollstreckbarkeit: sie sind
dafür angesehen, eine gemeinsame Angelegenheit der Kulturstaaten zu
besorgen.

Ein derartiges Zusammenarbeiten besteht im Bereiche der
Verwaltung von Haus aus nicht. Hier wollen und handeln die Staaten
jeder für seine Interessen und jeder für sich. Auch die Rechtssätze,
die sie dafür aufstellen, gehen nur jeden allein an. Was der fremde
Staat innerhalb seines Machtbereichs auf solche Weise bestimmt und
gewirkt hat, kommt für uns als Thatsache in Betracht, die als solche
gar wohl auch rechtlich bedeutsam und berücksichtigt werden kann.
Aber unsere Behörden handhaben es nicht und schützen es nicht.
Die Vollziehung, welche unsere Gerichte dem auswärtigen Civilgesetz
gewähren, wird dem auswärtigen Polizeigesetz, Steuergesetz, Heer-
ergänzungsgesetz, Disciplinargesetz bei uns versagt. Eine Vollstreck-
barkeit auswärtiger Verwaltungsakte giebt es nicht. Das Internationale
Verwaltungsrecht bedeutet nur ein äußerliches Nebeneinander,
wo jeder den andern innerhalb seiner Grenze achtet und gewähren
läßt9. Das äußerste von Entgegenkommen, was hier stattfindet, ist

8 Nirgends ist dieses Wesen des internationalen Privatrechtes besser zum
Ausdruck gekommen als bei Windscheid, Pand. I § 34: die einzelnen Staaten
"schließen sich nicht eifersüchtig gegen einander ab, sondern erkennen sich gegen-
seitig an als Mitarbeiter an der gemeinsamen Arbeit des Menschengeschlechtes ...
So erscheint die Rechtsordnung eines jeden zu dieser Gemeinschaft gehörigen
Staates jedem anderen zu derselben gehörigen Staate als Organ der allgemeinen
Rechtsordnung und daher in keinem anderen Lichte als seine eigene Rechtsord-
nung." Danach ist es aber klar, daß dieses internationale Privatrecht seiner
Grundlage wie seiner Durchführung nach national ist, d. h. auf dem ausgesprochenen
oder vermuteten Willen unserer Staatsgewalt beruht und auf sonst nichts. Die
Schriftsteller -- die romanischen voran -- gefallen sich freilich darin, etwas All-
gemeines, über den Einzelstaaten Stehendes daraus zu machen. Daß man "still-
schweigende Verträge" oder gar "europäisches Gewohnheitsrecht" dazu braucht
(Laurent, droit civ. int. I S. 12; v. Bar, Int. Priv.R. I S. 9), beweist allein
schon, wie schwach es mit der Begründung bestellt ist.
9 Das Zusammenarbeiten hört ja sogar für das Privatrecht auf, sobald ein
besonderes öffentliches Interesse ins Spiel kommt; das giebt dann die lois reelles,
die sich auf ihr Gebiet beschränken, aber dort unbedingt wirken (Laurent, droit
civ. int. II S. 341 ff.). Sehr gut Brocher, droit int. priv. n. 142: "Il y a des
lois, qui par leur nature, et generalement aussi dans l'intention des pouvoirs qui

§ 62. Internationales und bundesstaatliches Verwaltungsrecht.
ausländischen Civilrechts zur Wirksamkeit gelangen. Und beides,
eines wie das andere, wahren und schützen unsere Gerichte, sobald
sie berufen sind, über einen solchen Fall zu urteilen8. Darum ist es
hier so wichtig, diese Anwendungsmaßstäbe zu untersuchen und fest-
zustellen. Darum sind auch die Urteile der Civilgerichte auf dem
besten Wege zu einer überall gültigen Vollstreckbarkeit: sie sind
dafür angesehen, eine gemeinsame Angelegenheit der Kulturstaaten zu
besorgen.

Ein derartiges Zusammenarbeiten besteht im Bereiche der
Verwaltung von Haus aus nicht. Hier wollen und handeln die Staaten
jeder für seine Interessen und jeder für sich. Auch die Rechtssätze,
die sie dafür aufstellen, gehen nur jeden allein an. Was der fremde
Staat innerhalb seines Machtbereichs auf solche Weise bestimmt und
gewirkt hat, kommt für uns als Thatsache in Betracht, die als solche
gar wohl auch rechtlich bedeutsam und berücksichtigt werden kann.
Aber unsere Behörden handhaben es nicht und schützen es nicht.
Die Vollziehung, welche unsere Gerichte dem auswärtigen Civilgesetz
gewähren, wird dem auswärtigen Polizeigesetz, Steuergesetz, Heer-
ergänzungsgesetz, Disciplinargesetz bei uns versagt. Eine Vollstreck-
barkeit auswärtiger Verwaltungsakte giebt es nicht. Das Internationale
Verwaltungsrecht bedeutet nur ein äußerliches Nebeneinander,
wo jeder den andern innerhalb seiner Grenze achtet und gewähren
läßt9. Das äußerste von Entgegenkommen, was hier stattfindet, ist

8 Nirgends ist dieses Wesen des internationalen Privatrechtes besser zum
Ausdruck gekommen als bei Windscheid, Pand. I § 34: die einzelnen Staaten
„schließen sich nicht eifersüchtig gegen einander ab, sondern erkennen sich gegen-
seitig an als Mitarbeiter an der gemeinsamen Arbeit des Menschengeschlechtes …
So erscheint die Rechtsordnung eines jeden zu dieser Gemeinschaft gehörigen
Staates jedem anderen zu derselben gehörigen Staate als Organ der allgemeinen
Rechtsordnung und daher in keinem anderen Lichte als seine eigene Rechtsord-
nung.“ Danach ist es aber klar, daß dieses internationale Privatrecht seiner
Grundlage wie seiner Durchführung nach national ist, d. h. auf dem ausgesprochenen
oder vermuteten Willen unserer Staatsgewalt beruht und auf sonst nichts. Die
Schriftsteller — die romanischen voran — gefallen sich freilich darin, etwas All-
gemeines, über den Einzelstaaten Stehendes daraus zu machen. Daß man „still-
schweigende Verträge“ oder gar „europäisches Gewohnheitsrecht“ dazu braucht
(Laurent, droit civ. int. I S. 12; v. Bar, Int. Priv.R. I S. 9), beweist allein
schon, wie schwach es mit der Begründung bestellt ist.
9 Das Zusammenarbeiten hört ja sogar für das Privatrecht auf, sobald ein
besonderes öffentliches Interesse ins Spiel kommt; das giebt dann die lois réelles,
die sich auf ihr Gebiet beschränken, aber dort unbedingt wirken (Laurent, droit
civ. int. II S. 341 ff.). Sehr gut Brocher, droit int. priv. n. 142: „Il y a des
lois, qui par leur nature, et généralement aussi dans l’intention des pouvoirs qui
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[457/0469] § 62. Internationales und bundesstaatliches Verwaltungsrecht. ausländischen Civilrechts zur Wirksamkeit gelangen. Und beides, eines wie das andere, wahren und schützen unsere Gerichte, sobald sie berufen sind, über einen solchen Fall zu urteilen 8. Darum ist es hier so wichtig, diese Anwendungsmaßstäbe zu untersuchen und fest- zustellen. Darum sind auch die Urteile der Civilgerichte auf dem besten Wege zu einer überall gültigen Vollstreckbarkeit: sie sind dafür angesehen, eine gemeinsame Angelegenheit der Kulturstaaten zu besorgen. Ein derartiges Zusammenarbeiten besteht im Bereiche der Verwaltung von Haus aus nicht. Hier wollen und handeln die Staaten jeder für seine Interessen und jeder für sich. Auch die Rechtssätze, die sie dafür aufstellen, gehen nur jeden allein an. Was der fremde Staat innerhalb seines Machtbereichs auf solche Weise bestimmt und gewirkt hat, kommt für uns als Thatsache in Betracht, die als solche gar wohl auch rechtlich bedeutsam und berücksichtigt werden kann. Aber unsere Behörden handhaben es nicht und schützen es nicht. Die Vollziehung, welche unsere Gerichte dem auswärtigen Civilgesetz gewähren, wird dem auswärtigen Polizeigesetz, Steuergesetz, Heer- ergänzungsgesetz, Disciplinargesetz bei uns versagt. Eine Vollstreck- barkeit auswärtiger Verwaltungsakte giebt es nicht. Das Internationale Verwaltungsrecht bedeutet nur ein äußerliches Nebeneinander, wo jeder den andern innerhalb seiner Grenze achtet und gewähren läßt 9. Das äußerste von Entgegenkommen, was hier stattfindet, ist 8 Nirgends ist dieses Wesen des internationalen Privatrechtes besser zum Ausdruck gekommen als bei Windscheid, Pand. I § 34: die einzelnen Staaten „schließen sich nicht eifersüchtig gegen einander ab, sondern erkennen sich gegen- seitig an als Mitarbeiter an der gemeinsamen Arbeit des Menschengeschlechtes … So erscheint die Rechtsordnung eines jeden zu dieser Gemeinschaft gehörigen Staates jedem anderen zu derselben gehörigen Staate als Organ der allgemeinen Rechtsordnung und daher in keinem anderen Lichte als seine eigene Rechtsord- nung.“ Danach ist es aber klar, daß dieses internationale Privatrecht seiner Grundlage wie seiner Durchführung nach national ist, d. h. auf dem ausgesprochenen oder vermuteten Willen unserer Staatsgewalt beruht und auf sonst nichts. Die Schriftsteller — die romanischen voran — gefallen sich freilich darin, etwas All- gemeines, über den Einzelstaaten Stehendes daraus zu machen. Daß man „still- schweigende Verträge“ oder gar „europäisches Gewohnheitsrecht“ dazu braucht (Laurent, droit civ. int. I S. 12; v. Bar, Int. Priv.R. I S. 9), beweist allein schon, wie schwach es mit der Begründung bestellt ist. 9 Das Zusammenarbeiten hört ja sogar für das Privatrecht auf, sobald ein besonderes öffentliches Interesse ins Spiel kommt; das giebt dann die lois réelles, die sich auf ihr Gebiet beschränken, aber dort unbedingt wirken (Laurent, droit civ. int. II S. 341 ff.). Sehr gut Brocher, droit int. priv. n. 142: „Il y a des lois, qui par leur nature, et généralement aussi dans l’intention des pouvoirs qui

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/469>, abgerufen am 25.11.2024.