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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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Das Recht der juristischen Personen.

Doch ist es nicht nötig, auf diesem Namen und der damit hervor-
gehobenen Seite des maßgebenden Zusammenhanges zu bestehen. Bei
einem System, wie das der reichsrechtlichen Staatsangehörigkeit oder
des bayrischen Heimatsrechts, tritt vielleicht das Gebiet doch allzu-
sehr in zweite Linie. Dann würde man als die Grundlage der An-
gehörigkeit nur eine andere Art von natürlichen Beziehungen erhalten.
Denn Aufnahme und Entlassung sind doch nur Modifikationen gegen-
über den ordentlichen Bestimmungsgründen, die sich aus den familien-
rechtlichen Zusammenhängen ergeben, aus Abstammung und Ver-
ehelichung. Wir hätten im Staats- und Gemeindevolke statt einer
Einwohnergemeinschaft eine Stammesgemeinschaft zu sehen.
Für die Eigenart dieser juristischen Personen in ihrem Gegensatz zur
Genossenschaft macht das keinen Unterschied14.

Die Gemeinde, wie der Staat, erhält ihre Angehörigen bestimmt
durch gewisse natürliche Merkmale, die sie umfassen ohne Rücksicht
auf ihre sonstigen Eigenschaften und Fähigkeiten, Männer, Frauen und
Kinder, wie sie eben ein Volk bilden. Das ist wieder von grund-
legender Wichtigkeit für die weitere Ausgestaltung der Verfassung und
namentlich der Vertretungsordnung. Nichts wäre unrichtiger, als ein-
fach das Schema der Genossenschaft darauf zu übertragen. Hier sind
keine gegebenen, natürlichen Rechte auf Vertreterschaft. Kein Verein,
kein contrat social liegt zu Grunde. Geschichtliche Entwicklung und
vernünftige Verteilung der Macht durch bewußte Ordnungen be-
stimmen alles15.

bände teils, wie namentlich die Gemeinde, auf die Grundlage von innerhalb eines
bestimmten räumlich abgegrenzten Bezirkes durch Wohnsitz, Grundbesitz u. s. w.
in rechtliche Gemeinschaft tretenden Personen, oder auch auf die von kommunalen
Korporationen niederer Ordnung auf."
14 Preuß a. a. O. S. 283.
15 Daher die gute Unterscheidung von Staatsangehörigen und Staatsbürgern,
Gemeindeangehörigen und Gemeindebürgern; die öffentliche Genossenschaft hat
lauter Genossenschaftsbürger. Haenel, St.R. I S. 81 ff., erklärt den Staat für
einen "korporativen Verband"; die Mitglieder dieses Verbandes, die Staats-
angehörigen sind "von Seiten ihrer Pflichtstellung Unterthanen, von Seiten ihrer
Rechtsstellung Staatsbürger"; das ist genossenschaftliche Auffassung. In Wahrheit
bilden aber die allein mit politischen Rechten ausgerüsteten Staatsbürger eine
besonders geordnete Auslese unter den Staatsangehörigen, wie sie die Genossen-
schaft nicht hat.
Das Recht der juristischen Personen.

Doch ist es nicht nötig, auf diesem Namen und der damit hervor-
gehobenen Seite des maßgebenden Zusammenhanges zu bestehen. Bei
einem System, wie das der reichsrechtlichen Staatsangehörigkeit oder
des bayrischen Heimatsrechts, tritt vielleicht das Gebiet doch allzu-
sehr in zweite Linie. Dann würde man als die Grundlage der An-
gehörigkeit nur eine andere Art von natürlichen Beziehungen erhalten.
Denn Aufnahme und Entlassung sind doch nur Modifikationen gegen-
über den ordentlichen Bestimmungsgründen, die sich aus den familien-
rechtlichen Zusammenhängen ergeben, aus Abstammung und Ver-
ehelichung. Wir hätten im Staats- und Gemeindevolke statt einer
Einwohnergemeinschaft eine Stammesgemeinschaft zu sehen.
Für die Eigenart dieser juristischen Personen in ihrem Gegensatz zur
Genossenschaft macht das keinen Unterschied14.

Die Gemeinde, wie der Staat, erhält ihre Angehörigen bestimmt
durch gewisse natürliche Merkmale, die sie umfassen ohne Rücksicht
auf ihre sonstigen Eigenschaften und Fähigkeiten, Männer, Frauen und
Kinder, wie sie eben ein Volk bilden. Das ist wieder von grund-
legender Wichtigkeit für die weitere Ausgestaltung der Verfassung und
namentlich der Vertretungsordnung. Nichts wäre unrichtiger, als ein-
fach das Schema der Genossenschaft darauf zu übertragen. Hier sind
keine gegebenen, natürlichen Rechte auf Vertreterschaft. Kein Verein,
kein contrat social liegt zu Grunde. Geschichtliche Entwicklung und
vernünftige Verteilung der Macht durch bewußte Ordnungen be-
stimmen alles15.

bände teils, wie namentlich die Gemeinde, auf die Grundlage von innerhalb eines
bestimmten räumlich abgegrenzten Bezirkes durch Wohnsitz, Grundbesitz u. s. w.
in rechtliche Gemeinschaft tretenden Personen, oder auch auf die von kommunalen
Korporationen niederer Ordnung auf.“
14 Preuß a. a. O. S. 283.
15 Daher die gute Unterscheidung von Staatsangehörigen und Staatsbürgern,
Gemeindeangehörigen und Gemeindebürgern; die öffentliche Genossenschaft hat
lauter Genossenschaftsbürger. Haenel, St.R. I S. 81 ff., erklärt den Staat für
einen „korporativen Verband“; die Mitglieder dieses Verbandes, die Staats-
angehörigen sind „von Seiten ihrer Pflichtstellung Unterthanen, von Seiten ihrer
Rechtsstellung Staatsbürger“; das ist genossenschaftliche Auffassung. In Wahrheit
bilden aber die allein mit politischen Rechten ausgerüsteten Staatsbürger eine
besonders geordnete Auslese unter den Staatsangehörigen, wie sie die Genossen-
schaft nicht hat.
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[386/0398] Das Recht der juristischen Personen. Doch ist es nicht nötig, auf diesem Namen und der damit hervor- gehobenen Seite des maßgebenden Zusammenhanges zu bestehen. Bei einem System, wie das der reichsrechtlichen Staatsangehörigkeit oder des bayrischen Heimatsrechts, tritt vielleicht das Gebiet doch allzu- sehr in zweite Linie. Dann würde man als die Grundlage der An- gehörigkeit nur eine andere Art von natürlichen Beziehungen erhalten. Denn Aufnahme und Entlassung sind doch nur Modifikationen gegen- über den ordentlichen Bestimmungsgründen, die sich aus den familien- rechtlichen Zusammenhängen ergeben, aus Abstammung und Ver- ehelichung. Wir hätten im Staats- und Gemeindevolke statt einer Einwohnergemeinschaft eine Stammesgemeinschaft zu sehen. Für die Eigenart dieser juristischen Personen in ihrem Gegensatz zur Genossenschaft macht das keinen Unterschied 14. Die Gemeinde, wie der Staat, erhält ihre Angehörigen bestimmt durch gewisse natürliche Merkmale, die sie umfassen ohne Rücksicht auf ihre sonstigen Eigenschaften und Fähigkeiten, Männer, Frauen und Kinder, wie sie eben ein Volk bilden. Das ist wieder von grund- legender Wichtigkeit für die weitere Ausgestaltung der Verfassung und namentlich der Vertretungsordnung. Nichts wäre unrichtiger, als ein- fach das Schema der Genossenschaft darauf zu übertragen. Hier sind keine gegebenen, natürlichen Rechte auf Vertreterschaft. Kein Verein, kein contrat social liegt zu Grunde. Geschichtliche Entwicklung und vernünftige Verteilung der Macht durch bewußte Ordnungen be- stimmen alles 15. 13 14 Preuß a. a. O. S. 283. 15 Daher die gute Unterscheidung von Staatsangehörigen und Staatsbürgern, Gemeindeangehörigen und Gemeindebürgern; die öffentliche Genossenschaft hat lauter Genossenschaftsbürger. Haenel, St.R. I S. 81 ff., erklärt den Staat für einen „korporativen Verband“; die Mitglieder dieses Verbandes, die Staats- angehörigen sind „von Seiten ihrer Pflichtstellung Unterthanen, von Seiten ihrer Rechtsstellung Staatsbürger“; das ist genossenschaftliche Auffassung. In Wahrheit bilden aber die allein mit politischen Rechten ausgerüsteten Staatsbürger eine besonders geordnete Auslese unter den Staatsangehörigen, wie sie die Genossen- schaft nicht hat. 13 bände teils, wie namentlich die Gemeinde, auf die Grundlage von innerhalb eines bestimmten räumlich abgegrenzten Bezirkes durch Wohnsitz, Grundbesitz u. s. w. in rechtliche Gemeinschaft tretenden Personen, oder auch auf die von kommunalen Korporationen niederer Ordnung auf.“

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/398>, abgerufen am 22.11.2024.