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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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Recht der besonderen Schuldverhältnisse.

III. Die Wirkung, welche der Rechtssatz an diese Voraus-
setzungen knüpft, ist ein Anspruch des Geschädigten gegen das Sub-
jekt der öffentlichen Verwaltung auf Ausgleich des erlittenen Schadens.

1. Schuldner ist regelmäßig der Staat als das ordentliche Subjekt
aller öffentlichen Verwaltung. Insofern Stücke öffentlicher Verwaltung
auch zustehen können Selbstverwaltungskörpern und beliehenen Unter-
nehmern, die darin an die Stelle des Staates treten, vollzieht sich
eine Scheidung: jedes dieser Subjekte hat auch die aus seinem Stücke
öffentlicher Verwaltung entspringenden Entschädigungsansprüche selbst
zu tragen und zwar in der Weise, daß es entschädigungspflichtig wird
an Stelle des Staates dem Beschädigten gegenüber.

Rechtes vorliegt"; das ist falsch, denn der § 75 setzt keinen Mißbrauch voraus.
Aber ein besonderes Opfer stellt die Entziehung der Kundschaft nicht dar. --
R.G. 28. Mai 1880 (Samml. II S. 353): Ein Rheindamm, den der Staat baut, ent-
zieht einem Grundstück die befruchtenden Überschwemmungen; Entschädigungs-
klage abgewiesen, "weil kein bestehender rechtlicher Zustand verletzt, also art. 1382
c. c. nicht anwendbar ist". Von einem delit ou quasi-delit konnte überhaupt nicht
die Rede sein; die öffentlichrechtliche Entschädigung war nicht geschuldet, da ein
besonderes Opfer nicht vorlag; wäre umgekehrt eine schädliche Überschwemmung
verursacht worden, so hätte der Kläger allerdings Ansprüche gehabt. -- Unser
Rechtsinstitut giebt insbesondere auch die Grundlage für die Haftung öffentlicher
Anstalten; vgl. oben § 51, III n. 2. Nach seinen Regeln sind die vielen dort auf-
tauchenden Streitfragen zu lösen. Postges. § 6 z. B. bestimmt eine Haftung für
Verzögerung nur dann, "wenn die Sache durch die verzögerte Beförderung oder
Bestellung verdorben ist oder ihren Wert bleibend ganz oder teilweise verloren
hat". Wenn nun die Ware verspätet, aber in gutem Zustand ankommt, Adressat
verweigert die Annahme wegen der Verspätung, auf dem Rückwege verdirbt sie,
haftet die Post? Dambach, Postges. S. 56, verneint, Schott in Endemann
Handb. S. 546 Note 3, Mittelstein, Beiträge S. 42, und Laband, St.R. II
S. 92 (3. Aufl. S. 85 Note 4), bejahen die Frage. Der Schade ist aber unmittelbar
nicht entstanden durch die verspätete Beförderung, sondern durch die verweigerte
Annahme. Man wird freilich sagen: die Verweigerung der Annahme selbst hat ja
die Post durch ihre Verzögerung herbeigeführt. Allein die verweigerte Annahme
ist eben ein Nachteil, für welchen die Post nicht haftet: sie bedeutet den Verlust
eines geeigneten Abnehmers für die Sache, aber keinen unmittelbaren Schaden an
dieser; was weiter aus der Annahmeverweigerung an Schaden entsteht, ist ihr
nicht zuzurechnen. In diesem Sinne haben, wie Dambach berichtet, die Gerichte
namentlich auch die häufigen Entschädigungsklagen wegen verspäteter Braut-
bouquets abgewiesen. Er will anders entscheiden, wenn es sich um besonders
zurecht geschnittene Kleidungsstücke handelt, deren Annahme wegen Verspätung
verweigert wird (a. a. O. S. 57 n. 16). Allein auch hier hat die Post keinen
Schaden an der Ware selbst angerichtet; wenn das Zeug nutzlos zerschnitten ist,
so hat sie es doch nicht gethan; was sie verursacht hat, ist wiederum, wie bei
den Brautbouquets, nur die "Unverwendbarkeit" der Ware, ein mittelbarer Nach-
teil aus der Annahmeverweigerung, für den sie nicht haftet.
Recht der besonderen Schuldverhältnisse.

III. Die Wirkung, welche der Rechtssatz an diese Voraus-
setzungen knüpft, ist ein Anspruch des Geschädigten gegen das Sub-
jekt der öffentlichen Verwaltung auf Ausgleich des erlittenen Schadens.

1. Schuldner ist regelmäßig der Staat als das ordentliche Subjekt
aller öffentlichen Verwaltung. Insofern Stücke öffentlicher Verwaltung
auch zustehen können Selbstverwaltungskörpern und beliehenen Unter-
nehmern, die darin an die Stelle des Staates treten, vollzieht sich
eine Scheidung: jedes dieser Subjekte hat auch die aus seinem Stücke
öffentlicher Verwaltung entspringenden Entschädigungsansprüche selbst
zu tragen und zwar in der Weise, daß es entschädigungspflichtig wird
an Stelle des Staates dem Beschädigten gegenüber.

Rechtes vorliegt“; das ist falsch, denn der § 75 setzt keinen Mißbrauch voraus.
Aber ein besonderes Opfer stellt die Entziehung der Kundschaft nicht dar. —
R.G. 28. Mai 1880 (Samml. II S. 353): Ein Rheindamm, den der Staat baut, ent-
zieht einem Grundstück die befruchtenden Überschwemmungen; Entschädigungs-
klage abgewiesen, „weil kein bestehender rechtlicher Zustand verletzt, also art. 1382
c. c. nicht anwendbar ist“. Von einem délit ou quasi-délit konnte überhaupt nicht
die Rede sein; die öffentlichrechtliche Entschädigung war nicht geschuldet, da ein
besonderes Opfer nicht vorlag; wäre umgekehrt eine schädliche Überschwemmung
verursacht worden, so hätte der Kläger allerdings Ansprüche gehabt. — Unser
Rechtsinstitut giebt insbesondere auch die Grundlage für die Haftung öffentlicher
Anstalten; vgl. oben § 51, III n. 2. Nach seinen Regeln sind die vielen dort auf-
tauchenden Streitfragen zu lösen. Postges. § 6 z. B. bestimmt eine Haftung für
Verzögerung nur dann, „wenn die Sache durch die verzögerte Beförderung oder
Bestellung verdorben ist oder ihren Wert bleibend ganz oder teilweise verloren
hat“. Wenn nun die Ware verspätet, aber in gutem Zustand ankommt, Adressat
verweigert die Annahme wegen der Verspätung, auf dem Rückwege verdirbt sie,
haftet die Post? Dambach, Postges. S. 56, verneint, Schott in Endemann
Handb. S. 546 Note 3, Mittelstein, Beiträge S. 42, und Laband, St.R. II
S. 92 (3. Aufl. S. 85 Note 4), bejahen die Frage. Der Schade ist aber unmittelbar
nicht entstanden durch die verspätete Beförderung, sondern durch die verweigerte
Annahme. Man wird freilich sagen: die Verweigerung der Annahme selbst hat ja
die Post durch ihre Verzögerung herbeigeführt. Allein die verweigerte Annahme
ist eben ein Nachteil, für welchen die Post nicht haftet: sie bedeutet den Verlust
eines geeigneten Abnehmers für die Sache, aber keinen unmittelbaren Schaden an
dieser; was weiter aus der Annahmeverweigerung an Schaden entsteht, ist ihr
nicht zuzurechnen. In diesem Sinne haben, wie Dambach berichtet, die Gerichte
namentlich auch die häufigen Entschädigungsklagen wegen verspäteter Braut-
bouquets abgewiesen. Er will anders entscheiden, wenn es sich um besonders
zurecht geschnittene Kleidungsstücke handelt, deren Annahme wegen Verspätung
verweigert wird (a. a. O. S. 57 n. 16). Allein auch hier hat die Post keinen
Schaden an der Ware selbst angerichtet; wenn das Zeug nutzlos zerschnitten ist,
so hat sie es doch nicht gethan; was sie verursacht hat, ist wiederum, wie bei
den Brautbouquets, nur die „Unverwendbarkeit“ der Ware, ein mittelbarer Nach-
teil aus der Annahmeverweigerung, für den sie nicht haftet.
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[354/0366] Recht der besonderen Schuldverhältnisse. III. Die Wirkung, welche der Rechtssatz an diese Voraus- setzungen knüpft, ist ein Anspruch des Geschädigten gegen das Sub- jekt der öffentlichen Verwaltung auf Ausgleich des erlittenen Schadens. 1. Schuldner ist regelmäßig der Staat als das ordentliche Subjekt aller öffentlichen Verwaltung. Insofern Stücke öffentlicher Verwaltung auch zustehen können Selbstverwaltungskörpern und beliehenen Unter- nehmern, die darin an die Stelle des Staates treten, vollzieht sich eine Scheidung: jedes dieser Subjekte hat auch die aus seinem Stücke öffentlicher Verwaltung entspringenden Entschädigungsansprüche selbst zu tragen und zwar in der Weise, daß es entschädigungspflichtig wird an Stelle des Staates dem Beschädigten gegenüber. 10 10 Rechtes vorliegt“; das ist falsch, denn der § 75 setzt keinen Mißbrauch voraus. Aber ein besonderes Opfer stellt die Entziehung der Kundschaft nicht dar. — R.G. 28. Mai 1880 (Samml. II S. 353): Ein Rheindamm, den der Staat baut, ent- zieht einem Grundstück die befruchtenden Überschwemmungen; Entschädigungs- klage abgewiesen, „weil kein bestehender rechtlicher Zustand verletzt, also art. 1382 c. c. nicht anwendbar ist“. Von einem délit ou quasi-délit konnte überhaupt nicht die Rede sein; die öffentlichrechtliche Entschädigung war nicht geschuldet, da ein besonderes Opfer nicht vorlag; wäre umgekehrt eine schädliche Überschwemmung verursacht worden, so hätte der Kläger allerdings Ansprüche gehabt. — Unser Rechtsinstitut giebt insbesondere auch die Grundlage für die Haftung öffentlicher Anstalten; vgl. oben § 51, III n. 2. Nach seinen Regeln sind die vielen dort auf- tauchenden Streitfragen zu lösen. Postges. § 6 z. B. bestimmt eine Haftung für Verzögerung nur dann, „wenn die Sache durch die verzögerte Beförderung oder Bestellung verdorben ist oder ihren Wert bleibend ganz oder teilweise verloren hat“. Wenn nun die Ware verspätet, aber in gutem Zustand ankommt, Adressat verweigert die Annahme wegen der Verspätung, auf dem Rückwege verdirbt sie, haftet die Post? Dambach, Postges. S. 56, verneint, Schott in Endemann Handb. S. 546 Note 3, Mittelstein, Beiträge S. 42, und Laband, St.R. II S. 92 (3. Aufl. S. 85 Note 4), bejahen die Frage. Der Schade ist aber unmittelbar nicht entstanden durch die verspätete Beförderung, sondern durch die verweigerte Annahme. Man wird freilich sagen: die Verweigerung der Annahme selbst hat ja die Post durch ihre Verzögerung herbeigeführt. Allein die verweigerte Annahme ist eben ein Nachteil, für welchen die Post nicht haftet: sie bedeutet den Verlust eines geeigneten Abnehmers für die Sache, aber keinen unmittelbaren Schaden an dieser; was weiter aus der Annahmeverweigerung an Schaden entsteht, ist ihr nicht zuzurechnen. In diesem Sinne haben, wie Dambach berichtet, die Gerichte namentlich auch die häufigen Entschädigungsklagen wegen verspäteter Braut- bouquets abgewiesen. Er will anders entscheiden, wenn es sich um besonders zurecht geschnittene Kleidungsstücke handelt, deren Annahme wegen Verspätung verweigert wird (a. a. O. S. 57 n. 16). Allein auch hier hat die Post keinen Schaden an der Ware selbst angerichtet; wenn das Zeug nutzlos zerschnitten ist, so hat sie es doch nicht gethan; was sie verursacht hat, ist wiederum, wie bei den Brautbouquets, nur die „Unverwendbarkeit“ der Ware, ein mittelbarer Nach- teil aus der Annahmeverweigerung, für den sie nicht haftet.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/366>, abgerufen am 22.11.2024.