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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
berufenen Rechtssubjekte geführt eignen Namens und zu eignem Rechte;
die daraus sich ergebenden Ordnungen für das Verhältnis nach außen,
für das staatliche Aufsichtsrecht u. s. w. weisen eine ausgeprägte
Übereinstimmung auf. Der Unterschied liegt darin, daß dort das
Rechtssubjekt von vorneherein kraft seiner Eigenschaft als juristische
Person des öffentlichen Rechts dazu da ist, daß seine Thätigkeit
öffentliche Verwaltung sei (unten § 55, II), hier aber die Ausstattung
mit der Fähigkeit zu einem bestimmten Stücke öffentlicher Verwaltung
als eine äußere Zuthat erhält durch einen besonderen Akt, der
es ihm überträgt, die Verleihung2.

I. Das Anwendungsgebiet unseres Rechtsinstitutes begreift
demgemäß lauter Thätigkeiten, die dem Einzelnen ohnehin und ab-
gesehen von besonderen Verboten, so wie sie sind, nicht möglich
wären; die Verleihung macht ihn erst rechtlich fähig dazu.

Das ist am einleuchtendsten da, wo der Staat ein bestimmtes
Unternehmen von vorneherein als das seinige und für seine öffent-
lichen Zwecke gründet und es dann, so wie es ist, einer Privat-
person überläßt, um es bestimmungsgemäß, aber in ihrem eignen
Namen zu betreiben und durchzuführen; Beispiel: die Reichsbank3.

Ebenso sind manche Unternehmungen dem Einzelnen schon ihrer
Art nach verschlossen, weil sie nur durchführbar sind mit einseitiger
Auflegung von Lasten für Andere; da hilft die Verleihung,
indem sie den Beliehenen ausstattet mit dieser Kraft der öffentlichen
Gewalt; Beispiel: die Entwässerungsunternehmungen mit Zwang gegen
die beteiligten Grundbesitzer zur Duldung und Vergütung4.

Andere Unternehmungen könnte der Einzelne möglicherweise aus
eigner Kraft dem Staate nachmachen; es wird dann doch nicht das-
selbe daraus, kein echtes öffentliches Unternehmen; aber das wäre

2 Über den Begriff des öffentlichen Unternehmens als eines Stückes der
öffentlichen Verwaltung vgl. oben § 33, II n. 1 u. 2.
3 Die Reichsbank gehört einer Aktiengesellschaft, welche die ihr zugewiesenen
Geschäfte nicht im Namen des Reichs, sondern im eigenen Namen betreibt. Diese
Geschäfte sind aber ein öffentliches Unternehmen; die Reichsbank ist eine öffent-
liche Anstalt, welche das Reich gegründet und der gleichzeitig gebildeten Aktien-
gesellschaft zum Betriebe unter seiner Aufsicht überlassen hat. Laband, St.R. II
S. 133 (3. Aufl. S. 125). Vgl. auch unten § 56 Note 19.
4 Ein Beispiel aus dem älteren bayrischen Recht bei Pözl, Bayr. Wasserges.
S. 284 Anm. In umfassender Weise hat das französische Recht solche concessions
de travaux publics ausgebildet auf Grund des Ges. v. 16. Sept 1807; vgl. Theorie
des Franz. V.R. S. 359, S. 303. Demselben Zwecke dient im neueren Rechte
mehr die Form der öffentlichen Genossenschaft der beteiligten Grundbesitzer, so
daß dieser Anwendungsfall der Verleihung ziemlich verschwunden ist.

Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
berufenen Rechtssubjekte geführt eignen Namens und zu eignem Rechte;
die daraus sich ergebenden Ordnungen für das Verhältnis nach außen,
für das staatliche Aufsichtsrecht u. s. w. weisen eine ausgeprägte
Übereinstimmung auf. Der Unterschied liegt darin, daß dort das
Rechtssubjekt von vorneherein kraft seiner Eigenschaft als juristische
Person des öffentlichen Rechts dazu da ist, daß seine Thätigkeit
öffentliche Verwaltung sei (unten § 55, II), hier aber die Ausstattung
mit der Fähigkeit zu einem bestimmten Stücke öffentlicher Verwaltung
als eine äußere Zuthat erhält durch einen besonderen Akt, der
es ihm überträgt, die Verleihung2.

I. Das Anwendungsgebiet unseres Rechtsinstitutes begreift
demgemäß lauter Thätigkeiten, die dem Einzelnen ohnehin und ab-
gesehen von besonderen Verboten, so wie sie sind, nicht möglich
wären; die Verleihung macht ihn erst rechtlich fähig dazu.

Das ist am einleuchtendsten da, wo der Staat ein bestimmtes
Unternehmen von vorneherein als das seinige und für seine öffent-
lichen Zwecke gründet und es dann, so wie es ist, einer Privat-
person überläßt, um es bestimmungsgemäß, aber in ihrem eignen
Namen zu betreiben und durchzuführen; Beispiel: die Reichsbank3.

Ebenso sind manche Unternehmungen dem Einzelnen schon ihrer
Art nach verschlossen, weil sie nur durchführbar sind mit einseitiger
Auflegung von Lasten für Andere; da hilft die Verleihung,
indem sie den Beliehenen ausstattet mit dieser Kraft der öffentlichen
Gewalt; Beispiel: die Entwässerungsunternehmungen mit Zwang gegen
die beteiligten Grundbesitzer zur Duldung und Vergütung4.

Andere Unternehmungen könnte der Einzelne möglicherweise aus
eigner Kraft dem Staate nachmachen; es wird dann doch nicht das-
selbe daraus, kein echtes öffentliches Unternehmen; aber das wäre

2 Über den Begriff des öffentlichen Unternehmens als eines Stückes der
öffentlichen Verwaltung vgl. oben § 33, II n. 1 u. 2.
3 Die Reichsbank gehört einer Aktiengesellschaft, welche die ihr zugewiesenen
Geschäfte nicht im Namen des Reichs, sondern im eigenen Namen betreibt. Diese
Geschäfte sind aber ein öffentliches Unternehmen; die Reichsbank ist eine öffent-
liche Anstalt, welche das Reich gegründet und der gleichzeitig gebildeten Aktien-
gesellschaft zum Betriebe unter seiner Aufsicht überlassen hat. Laband, St.R. II
S. 133 (3. Aufl. S. 125). Vgl. auch unten § 56 Note 19.
4 Ein Beispiel aus dem älteren bayrischen Recht bei Pözl, Bayr. Wasserges.
S. 284 Anm. In umfassender Weise hat das französische Recht solche concessions
de travaux publics ausgebildet auf Grund des Ges. v. 16. Sept 1807; vgl. Theorie
des Franz. V.R. S. 359, S. 303. Demselben Zwecke dient im neueren Rechte
mehr die Form der öffentlichen Genossenschaft der beteiligten Grundbesitzer, so
daß dieser Anwendungsfall der Verleihung ziemlich verschwunden ist.
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[296/0308] Recht der besonderen Schuldverhältnisse. berufenen Rechtssubjekte geführt eignen Namens und zu eignem Rechte; die daraus sich ergebenden Ordnungen für das Verhältnis nach außen, für das staatliche Aufsichtsrecht u. s. w. weisen eine ausgeprägte Übereinstimmung auf. Der Unterschied liegt darin, daß dort das Rechtssubjekt von vorneherein kraft seiner Eigenschaft als juristische Person des öffentlichen Rechts dazu da ist, daß seine Thätigkeit öffentliche Verwaltung sei (unten § 55, II), hier aber die Ausstattung mit der Fähigkeit zu einem bestimmten Stücke öffentlicher Verwaltung als eine äußere Zuthat erhält durch einen besonderen Akt, der es ihm überträgt, die Verleihung 2. I. Das Anwendungsgebiet unseres Rechtsinstitutes begreift demgemäß lauter Thätigkeiten, die dem Einzelnen ohnehin und ab- gesehen von besonderen Verboten, so wie sie sind, nicht möglich wären; die Verleihung macht ihn erst rechtlich fähig dazu. Das ist am einleuchtendsten da, wo der Staat ein bestimmtes Unternehmen von vorneherein als das seinige und für seine öffent- lichen Zwecke gründet und es dann, so wie es ist, einer Privat- person überläßt, um es bestimmungsgemäß, aber in ihrem eignen Namen zu betreiben und durchzuführen; Beispiel: die Reichsbank 3. Ebenso sind manche Unternehmungen dem Einzelnen schon ihrer Art nach verschlossen, weil sie nur durchführbar sind mit einseitiger Auflegung von Lasten für Andere; da hilft die Verleihung, indem sie den Beliehenen ausstattet mit dieser Kraft der öffentlichen Gewalt; Beispiel: die Entwässerungsunternehmungen mit Zwang gegen die beteiligten Grundbesitzer zur Duldung und Vergütung 4. Andere Unternehmungen könnte der Einzelne möglicherweise aus eigner Kraft dem Staate nachmachen; es wird dann doch nicht das- selbe daraus, kein echtes öffentliches Unternehmen; aber das wäre 2 Über den Begriff des öffentlichen Unternehmens als eines Stückes der öffentlichen Verwaltung vgl. oben § 33, II n. 1 u. 2. 3 Die Reichsbank gehört einer Aktiengesellschaft, welche die ihr zugewiesenen Geschäfte nicht im Namen des Reichs, sondern im eigenen Namen betreibt. Diese Geschäfte sind aber ein öffentliches Unternehmen; die Reichsbank ist eine öffent- liche Anstalt, welche das Reich gegründet und der gleichzeitig gebildeten Aktien- gesellschaft zum Betriebe unter seiner Aufsicht überlassen hat. Laband, St.R. II S. 133 (3. Aufl. S. 125). Vgl. auch unten § 56 Note 19. 4 Ein Beispiel aus dem älteren bayrischen Recht bei Pözl, Bayr. Wasserges. S. 284 Anm. In umfassender Weise hat das französische Recht solche concessions de travaux publics ausgebildet auf Grund des Ges. v. 16. Sept 1807; vgl. Theorie des Franz. V.R. S. 359, S. 303. Demselben Zwecke dient im neueren Rechte mehr die Form der öffentlichen Genossenschaft der beteiligten Grundbesitzer, so daß dieser Anwendungsfall der Verleihung ziemlich verschwunden ist.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/308>, abgerufen am 04.05.2024.