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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
eignet ist; das Nebeneinanderstehen gleichartiger Leistungspflichten
für denselben Zweck genügt allein noch nicht; ob diese besondere
Eigenschaft noch dabei sein soll, ist Frage der Auslegung. Als
Rechtsgrund für die Entstehung der Verbandlast wirkt im neueren
Rechte nur der Rechtssatz, Gesetz, oder auf Grund gesetzlicher
Ermächtigung, Verordnung und Statut. Zahlreiche Verbandlasten sind
uns aber wieder aus geschichtlichen Vorstufen unserer Rechtsent-
wicklung übermacht und beruhen auf Herkommen.

Die Heranziehung der einzelnen Mitglieder des Verbandes zur
Leistung der Lastpflicht geschieht bei den oben erwähnten Kriegs-
leistungen, welche die Natur von Notlasten haben, nach der that-
sächlichen Leistungsfähigkeit, im übrigen nach fest geordneten Maß-
stäben der Verteilung13.

Die Frage der Entschädigung entscheidet sich nach der
inneren Art der Last. Vorzugslasten entschädigen nicht, auch wenn
sie Verbandlasten sind. Gemeine Lasten ebensowenig, sofern sie als
geordnete Lasten nur den Ersatz für Steuern bilden, und das Gleiche
gilt von den Geldleistungen, die ohne Vorbild bei Vorzugs- und ge-
meinen Lasten nur bei Verbandlasten sich finden; denn auch diese
werden als geordnete Lasten auferlegt. Für die Entschädigung bleiben
also nur diejenigen Verbandlasten übrig, welche für die schließlich
betroffenen Einzelnen zugleich gemeine Zufallslasten sind: bei unseren
Kriegsleistungen allein wird entschädigt.

2. Unter den verbundenen Lastträgern hat die Ge-
meinsamkeit der Last die schließliche Wirkung, daß die Leistungs-
pflicht eines jeden den Mitverpflichteten verhältnismäßig entlastet.
Das Nämliche kann auch auf dem Gebiete der Repartitionssteuern
(Bd. I S. 391), der Gemeindeabgaben der Fall sein, überall über-
haupt, wo eine bestimmte Summe auf eine Mehrzahl von Pflichtigen
ausgeschlagen wird. Wo die Verteilung nur nach dem Maßstabe der
thatsächlichen Leistungsfähigkeit geschieht, wie bei den Kriegs-
leistungen der Lieferungsverbände, den Zufallslasten, hat es auch bei
der Verbandlast bei dieser Wirkung einer thatsächlichen Entlastung
sein Bewenden. Wo dagegen die Höhe des Pflichtanteils des Einzelnen
innerhalb des Verbandes eine rechtliche Ordnung und Bestimmtheit
erhalten hat, da weist diese Verteilungsordnung rechtliche Eigentüm-

13 Die Lastträger können wieder zu einzelnen Gruppen zusammengefaßt sein,
mit einer gemeinsamen Vertretung. Als solche werden -- noch ganz in genossen-
schaftlicher Weise -- die im Verbandlastgebiete begriffenen Gemeinden aufgefaßt.
Gierke, Gen.R. II S. 403.

Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
eignet ist; das Nebeneinanderstehen gleichartiger Leistungspflichten
für denselben Zweck genügt allein noch nicht; ob diese besondere
Eigenschaft noch dabei sein soll, ist Frage der Auslegung. Als
Rechtsgrund für die Entstehung der Verbandlast wirkt im neueren
Rechte nur der Rechtssatz, Gesetz, oder auf Grund gesetzlicher
Ermächtigung, Verordnung und Statut. Zahlreiche Verbandlasten sind
uns aber wieder aus geschichtlichen Vorstufen unserer Rechtsent-
wicklung übermacht und beruhen auf Herkommen.

Die Heranziehung der einzelnen Mitglieder des Verbandes zur
Leistung der Lastpflicht geschieht bei den oben erwähnten Kriegs-
leistungen, welche die Natur von Notlasten haben, nach der that-
sächlichen Leistungsfähigkeit, im übrigen nach fest geordneten Maß-
stäben der Verteilung13.

Die Frage der Entschädigung entscheidet sich nach der
inneren Art der Last. Vorzugslasten entschädigen nicht, auch wenn
sie Verbandlasten sind. Gemeine Lasten ebensowenig, sofern sie als
geordnete Lasten nur den Ersatz für Steuern bilden, und das Gleiche
gilt von den Geldleistungen, die ohne Vorbild bei Vorzugs- und ge-
meinen Lasten nur bei Verbandlasten sich finden; denn auch diese
werden als geordnete Lasten auferlegt. Für die Entschädigung bleiben
also nur diejenigen Verbandlasten übrig, welche für die schließlich
betroffenen Einzelnen zugleich gemeine Zufallslasten sind: bei unseren
Kriegsleistungen allein wird entschädigt.

2. Unter den verbundenen Lastträgern hat die Ge-
meinsamkeit der Last die schließliche Wirkung, daß die Leistungs-
pflicht eines jeden den Mitverpflichteten verhältnismäßig entlastet.
Das Nämliche kann auch auf dem Gebiete der Repartitionssteuern
(Bd. I S. 391), der Gemeindeabgaben der Fall sein, überall über-
haupt, wo eine bestimmte Summe auf eine Mehrzahl von Pflichtigen
ausgeschlagen wird. Wo die Verteilung nur nach dem Maßstabe der
thatsächlichen Leistungsfähigkeit geschieht, wie bei den Kriegs-
leistungen der Lieferungsverbände, den Zufallslasten, hat es auch bei
der Verbandlast bei dieser Wirkung einer thatsächlichen Entlastung
sein Bewenden. Wo dagegen die Höhe des Pflichtanteils des Einzelnen
innerhalb des Verbandes eine rechtliche Ordnung und Bestimmtheit
erhalten hat, da weist diese Verteilungsordnung rechtliche Eigentüm-

13 Die Lastträger können wieder zu einzelnen Gruppen zusammengefaßt sein,
mit einer gemeinsamen Vertretung. Als solche werden — noch ganz in genossen-
schaftlicher Weise — die im Verbandlastgebiete begriffenen Gemeinden aufgefaßt.
Gierke, Gen.R. II S. 403.
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[286/0298] Recht der besonderen Schuldverhältnisse. eignet ist; das Nebeneinanderstehen gleichartiger Leistungspflichten für denselben Zweck genügt allein noch nicht; ob diese besondere Eigenschaft noch dabei sein soll, ist Frage der Auslegung. Als Rechtsgrund für die Entstehung der Verbandlast wirkt im neueren Rechte nur der Rechtssatz, Gesetz, oder auf Grund gesetzlicher Ermächtigung, Verordnung und Statut. Zahlreiche Verbandlasten sind uns aber wieder aus geschichtlichen Vorstufen unserer Rechtsent- wicklung übermacht und beruhen auf Herkommen. Die Heranziehung der einzelnen Mitglieder des Verbandes zur Leistung der Lastpflicht geschieht bei den oben erwähnten Kriegs- leistungen, welche die Natur von Notlasten haben, nach der that- sächlichen Leistungsfähigkeit, im übrigen nach fest geordneten Maß- stäben der Verteilung 13. Die Frage der Entschädigung entscheidet sich nach der inneren Art der Last. Vorzugslasten entschädigen nicht, auch wenn sie Verbandlasten sind. Gemeine Lasten ebensowenig, sofern sie als geordnete Lasten nur den Ersatz für Steuern bilden, und das Gleiche gilt von den Geldleistungen, die ohne Vorbild bei Vorzugs- und ge- meinen Lasten nur bei Verbandlasten sich finden; denn auch diese werden als geordnete Lasten auferlegt. Für die Entschädigung bleiben also nur diejenigen Verbandlasten übrig, welche für die schließlich betroffenen Einzelnen zugleich gemeine Zufallslasten sind: bei unseren Kriegsleistungen allein wird entschädigt. 2. Unter den verbundenen Lastträgern hat die Ge- meinsamkeit der Last die schließliche Wirkung, daß die Leistungs- pflicht eines jeden den Mitverpflichteten verhältnismäßig entlastet. Das Nämliche kann auch auf dem Gebiete der Repartitionssteuern (Bd. I S. 391), der Gemeindeabgaben der Fall sein, überall über- haupt, wo eine bestimmte Summe auf eine Mehrzahl von Pflichtigen ausgeschlagen wird. Wo die Verteilung nur nach dem Maßstabe der thatsächlichen Leistungsfähigkeit geschieht, wie bei den Kriegs- leistungen der Lieferungsverbände, den Zufallslasten, hat es auch bei der Verbandlast bei dieser Wirkung einer thatsächlichen Entlastung sein Bewenden. Wo dagegen die Höhe des Pflichtanteils des Einzelnen innerhalb des Verbandes eine rechtliche Ordnung und Bestimmtheit erhalten hat, da weist diese Verteilungsordnung rechtliche Eigentüm- 13 Die Lastträger können wieder zu einzelnen Gruppen zusammengefaßt sein, mit einer gemeinsamen Vertretung. Als solche werden — noch ganz in genossen- schaftlicher Weise — die im Verbandlastgebiete begriffenen Gemeinden aufgefaßt. Gierke, Gen.R. II S. 403.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/298>, abgerufen am 21.05.2024.