Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.Recht der besonderen Schuldverhältnisse. 3. Die Entstehung von Vorzugslasten nach heutigem Recht weist Sie können auferlegt sein durch einen Rechtssatz des Gesetzes Sie können aber auch auferlegt sein durch eine Verfügung, einen Eine solche Einzelauflage durch Verwaltungsakt ist zunächst in gehören wohl auch die sogenannten Komplexlasten des bayrischen und württem- bergischen Rechts: Württemb. Arch. f. R. 22 S. 372; Bl. f. adm. Pr. 1877 S. 33 ff., woselbst als Beispiele angeführt sind die auf einem ganzen Vermögenskomplexe lastenden Verpflichtungen zur Leistung der Besoldung eines Geistlichen, Kultus- baulast, Baupflicht an sonstigen öffentlichen Anstalten, Haltung von Zuchtstieren (S. 42). -- Die Frage, ob öffentlichrechtlich oder privatrechtlich, wird in Bl. f. adm. Pr. 1884 S. 383 ff. und O.V.G. 2. Dez. 1887 (Samml. IX S. 287) damit zu lösen gesucht, daß man "dingliches Recht" und "öffentliches Recht" als die maßgebenden Gegensätze erklärt. Allein auch als Reallasten könnten solche Pflichten öffentlichrechtlich sein (oben § 47 Note 5); die dingliche Natur scheidet sie nicht vom öffentlichen Recht, sondern nur von unserem Rechtsinstitut der öffentlichen Last. 4 Hier entsteht wie bei der gemeinen Last die Frage, ob die Befugnis zur
rechtssatzmäßigen Auferlegung solcher besonderer Lasten in den allgemeinen polizeilichen Ermächtigungen enthalten ist (oben § 47 Note 4). Unter den heutigen Begriff der Polizei fällt dergleichen sicher nicht: Bd. I § 19 Note 15. Gleich- wohl pflegt die Frage bejaht zu werden: O.V.G. 8. Nov. 1876; Bl. f. adm. Pr. 1876 S. 37 ff.; Ob.G.H. 6. März 1835. Die Vermittlung wird in einem besonderen Herkommen gesucht, das solche Dinge der Polizeigewalt noch zuweisen soll: Bl. f. adm. Pr. 1888 S. 104; O.L.G. München 19. Okt. 1886; vgl. auch V.G.H. 1. Febr. 1881 (Samml. II S. 530). Recht der besonderen Schuldverhältnisse. 3. Die Entstehung von Vorzugslasten nach heutigem Recht weist Sie können auferlegt sein durch einen Rechtssatz des Gesetzes Sie können aber auch auferlegt sein durch eine Verfügung, einen Eine solche Einzelauflage durch Verwaltungsakt ist zunächst in gehören wohl auch die sogenannten Komplexlasten des bayrischen und württem- bergischen Rechts: Württemb. Arch. f. R. 22 S. 372; Bl. f. adm. Pr. 1877 S. 33 ff., woselbst als Beispiele angeführt sind die auf einem ganzen Vermögenskomplexe lastenden Verpflichtungen zur Leistung der Besoldung eines Geistlichen, Kultus- baulast, Baupflicht an sonstigen öffentlichen Anstalten, Haltung von Zuchtstieren (S. 42). — Die Frage, ob öffentlichrechtlich oder privatrechtlich, wird in Bl. f. adm. Pr. 1884 S. 383 ff. und O.V.G. 2. Dez. 1887 (Samml. IX S. 287) damit zu lösen gesucht, daß man „dingliches Recht“ und „öffentliches Recht“ als die maßgebenden Gegensätze erklärt. Allein auch als Reallasten könnten solche Pflichten öffentlichrechtlich sein (oben § 47 Note 5); die dingliche Natur scheidet sie nicht vom öffentlichen Recht, sondern nur von unserem Rechtsinstitut der öffentlichen Last. 4 Hier entsteht wie bei der gemeinen Last die Frage, ob die Befugnis zur
rechtssatzmäßigen Auferlegung solcher besonderer Lasten in den allgemeinen polizeilichen Ermächtigungen enthalten ist (oben § 47 Note 4). Unter den heutigen Begriff der Polizei fällt dergleichen sicher nicht: Bd. I § 19 Note 15. Gleich- wohl pflegt die Frage bejaht zu werden: O.V.G. 8. Nov. 1876; Bl. f. adm. Pr. 1876 S. 37 ff.; Ob.G.H. 6. März 1835. Die Vermittlung wird in einem besonderen Herkommen gesucht, das solche Dinge der Polizeigewalt noch zuweisen soll: Bl. f. adm. Pr. 1888 S. 104; O.L.G. München 19. Okt. 1886; vgl. auch V.G.H. 1. Febr. 1881 (Samml. II S. 530). <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0292" n="280"/> <fw place="top" type="header">Recht der besonderen Schuldverhältnisse.</fw><lb/> <p>3. Die Entstehung von Vorzugslasten nach heutigem Recht weist<lb/> insofern einen Gegensatz zur gemeinen Last auf, als für sie die<lb/><hi rendition="#g">beiden</hi> möglichen Formen einer Auflage zur Anwendung kommen,<lb/> nicht wie bei der gemeinen Last ausschließlich der Rechtssatz. Da-<lb/> nach zerfallen sie von vorneherein in zwei <hi rendition="#g">Arten</hi>.</p><lb/> <p>Sie können auferlegt sein durch einen Rechtssatz des Gesetzes<lb/> oder, was gleichsteht, durch den Rechtssatz einer kraft Gesetzes er-<lb/> lassenen Verordnung oder statutarischen Bestimmung: <hi rendition="#g">gesetzliche</hi><lb/> Vorzugslasten<note place="foot" n="4">Hier entsteht wie bei der gemeinen Last die Frage, ob die Befugnis zur<lb/> rechtssatzmäßigen Auferlegung solcher besonderer Lasten in den allgemeinen<lb/> polizeilichen Ermächtigungen enthalten ist (oben § 47 Note 4). Unter den heutigen<lb/> Begriff der Polizei fällt dergleichen sicher nicht: Bd. I § 19 Note 15. Gleich-<lb/> wohl pflegt die Frage bejaht zu werden: O.V.G. 8. Nov. 1876; Bl. f. adm. Pr.<lb/> 1876 S. 37 ff.; Ob.G.H. 6. März 1835. Die Vermittlung wird in einem besonderen<lb/> Herkommen gesucht, das solche Dinge der Polizeigewalt noch zuweisen soll: Bl. f.<lb/> adm. Pr. 1888 S. 104; O.L.G. München 19. Okt. 1886; vgl. auch V.G.H. 1. Febr.<lb/> 1881 (Samml. II S. 530).</note>.</p><lb/> <p>Sie können aber auch auferlegt sein durch eine Verfügung, einen<lb/> Verwaltungsakt, der sie mit freiem Entschlusse im Einzelfalle be-<lb/> gründet: Vorzugslasten kraft <hi rendition="#g">Einzelauflage</hi>.</p><lb/> <p>Eine solche Einzelauflage durch Verwaltungsakt ist zunächst in<lb/> der Weise denkbar, daß das Gesetz der Verwaltung die <hi rendition="#g">Ermäch-<lb/> tigung</hi> dazu giebt. Da wird es natürlich die Voraussetzungen seiner<lb/> Ermächtigung möglichst genau bestimmen. Sie laufen immer darauf<lb/> hinaus, daß nach dem gegebenen Thatbestand bestimmte Einzelne an<lb/> dem Unternehmen hervorragend beteiligt sind durch Vorteile, die<lb/> ihnen aus der Schaffung und dem Bestand desselben erwachsen,<lb/> möglicherweise auch durch eine besonders starke Benützung und Ab-<lb/> nützung, welche die Einrichtung von ihrer Seite erfährt, ohne daß<lb/> die Deckung durch Gebühren stattfände. Die Billigkeit fordert als-<lb/> dann einen Ausgleich durch einen Beitrag oder volle Aufwands-<lb/><note xml:id="seg2pn_80_2" prev="#seg2pn_80_1" place="foot" n="3">gehören wohl auch die sogenannten <hi rendition="#g">Komplexlasten</hi> des bayrischen und württem-<lb/> bergischen Rechts: Württemb. Arch. f. R. 22 S. 372; Bl. f. adm. Pr. 1877 S. 33 ff.,<lb/> woselbst als Beispiele angeführt sind die auf einem ganzen Vermögenskomplexe<lb/> lastenden Verpflichtungen zur Leistung der Besoldung eines Geistlichen, Kultus-<lb/> baulast, Baupflicht an sonstigen öffentlichen Anstalten, Haltung von Zuchtstieren<lb/> (S. 42). — Die Frage, ob öffentlichrechtlich oder privatrechtlich, wird in Bl.<lb/> f. adm. Pr. 1884 S. 383 ff. und O.V.G. 2. Dez. 1887 (Samml. IX S. 287) damit<lb/> zu lösen gesucht, daß man „dingliches Recht“ und „öffentliches Recht“ als die<lb/> maßgebenden Gegensätze erklärt. Allein auch als Reallasten könnten solche<lb/> Pflichten öffentlichrechtlich sein (oben § 47 Note 5); die dingliche Natur scheidet<lb/> sie nicht vom öffentlichen Recht, sondern nur von unserem Rechtsinstitut der<lb/> öffentlichen Last.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [280/0292]
Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
3. Die Entstehung von Vorzugslasten nach heutigem Recht weist
insofern einen Gegensatz zur gemeinen Last auf, als für sie die
beiden möglichen Formen einer Auflage zur Anwendung kommen,
nicht wie bei der gemeinen Last ausschließlich der Rechtssatz. Da-
nach zerfallen sie von vorneherein in zwei Arten.
Sie können auferlegt sein durch einen Rechtssatz des Gesetzes
oder, was gleichsteht, durch den Rechtssatz einer kraft Gesetzes er-
lassenen Verordnung oder statutarischen Bestimmung: gesetzliche
Vorzugslasten 4.
Sie können aber auch auferlegt sein durch eine Verfügung, einen
Verwaltungsakt, der sie mit freiem Entschlusse im Einzelfalle be-
gründet: Vorzugslasten kraft Einzelauflage.
Eine solche Einzelauflage durch Verwaltungsakt ist zunächst in
der Weise denkbar, daß das Gesetz der Verwaltung die Ermäch-
tigung dazu giebt. Da wird es natürlich die Voraussetzungen seiner
Ermächtigung möglichst genau bestimmen. Sie laufen immer darauf
hinaus, daß nach dem gegebenen Thatbestand bestimmte Einzelne an
dem Unternehmen hervorragend beteiligt sind durch Vorteile, die
ihnen aus der Schaffung und dem Bestand desselben erwachsen,
möglicherweise auch durch eine besonders starke Benützung und Ab-
nützung, welche die Einrichtung von ihrer Seite erfährt, ohne daß
die Deckung durch Gebühren stattfände. Die Billigkeit fordert als-
dann einen Ausgleich durch einen Beitrag oder volle Aufwands-
3
4 Hier entsteht wie bei der gemeinen Last die Frage, ob die Befugnis zur
rechtssatzmäßigen Auferlegung solcher besonderer Lasten in den allgemeinen
polizeilichen Ermächtigungen enthalten ist (oben § 47 Note 4). Unter den heutigen
Begriff der Polizei fällt dergleichen sicher nicht: Bd. I § 19 Note 15. Gleich-
wohl pflegt die Frage bejaht zu werden: O.V.G. 8. Nov. 1876; Bl. f. adm. Pr.
1876 S. 37 ff.; Ob.G.H. 6. März 1835. Die Vermittlung wird in einem besonderen
Herkommen gesucht, das solche Dinge der Polizeigewalt noch zuweisen soll: Bl. f.
adm. Pr. 1888 S. 104; O.L.G. München 19. Okt. 1886; vgl. auch V.G.H. 1. Febr.
1881 (Samml. II S. 530).
3 gehören wohl auch die sogenannten Komplexlasten des bayrischen und württem-
bergischen Rechts: Württemb. Arch. f. R. 22 S. 372; Bl. f. adm. Pr. 1877 S. 33 ff.,
woselbst als Beispiele angeführt sind die auf einem ganzen Vermögenskomplexe
lastenden Verpflichtungen zur Leistung der Besoldung eines Geistlichen, Kultus-
baulast, Baupflicht an sonstigen öffentlichen Anstalten, Haltung von Zuchtstieren
(S. 42). — Die Frage, ob öffentlichrechtlich oder privatrechtlich, wird in Bl.
f. adm. Pr. 1884 S. 383 ff. und O.V.G. 2. Dez. 1887 (Samml. IX S. 287) damit
zu lösen gesucht, daß man „dingliches Recht“ und „öffentliches Recht“ als die
maßgebenden Gegensätze erklärt. Allein auch als Reallasten könnten solche
Pflichten öffentlichrechtlich sein (oben § 47 Note 5); die dingliche Natur scheidet
sie nicht vom öffentlichen Recht, sondern nur von unserem Rechtsinstitut der
öffentlichen Last.
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