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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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Das öffentliche Sachenrecht.
herigen Benutzung dem öffentlichen Interesse bereitet werden mögen:
Verunstaltungen des Anblicks der öffentlichen Straße, Gesundheits-
widrigkeiten u. dergl. Hier soll das Grundstück nicht dienen, sondern
nur aufhören zu schaden. Maßregeln solcher Art sind ihrer Natur
nach bestimmt, in den Formen der Polizeigewalt vorgenommen
zu werden, und dazu gehört die Enteignung nicht. Durch besonderes
Gesetz kann sie auch hierfür verwendbar gemacht werden. Sie giebt
eine passende Form, um die Vermögenswirkungen des Eingriffes in
billiger Weise auszugleichen: dem Betroffenen eine Entschädigung zu
sichern, der Verwaltung zugleich die Möglichkeit anderweitiger Ver-
wertung zu beschaffen zur Deckung ihrer Kosten19. --

Die Grenzen des freien Ermessens, wie sie demnach das Gesetz
liefert oder auch ohne es die Natur der Sache, beziehen sich durch-
weg nur auf die Würdigung der Art des zuzulassenden Unternehmens.
Kein Maßstab läßt sich dagegen aufstellen nach der anderen Seite
hin: für die Stärke nämlich, mit welcher das Interesse, das in dem
öffentlichen Unternehmen steckt, zur Verwirklichung drängt, ob sie
groß genug ist, das Eigentum zu überwinden20. Das ist ganz Sache
des Eindrucks, den die Sache macht. Gerade deshalb kommt es hier
sehr darauf an, wer der Unternehmer ist, der die Enteignung be-
gehrt. Wenn die obersten Stellen der Staatsverwaltung ein Unter-
nehmen für notwendig befunden haben, um es selbst ausführen zu
lassen, oder für wichtig genug, um eine Konzession dafür zu erteilen,
wird für den Feststellungsakt, der von einer anderen Stelle ausgeht,
immer noch die Nachprüfung der Zulässigkeit rücksichtlich der Art
des Unternehmens offen sein; denn das ist eine Rechtsgrenze. Aber
das öffentliche Interesse an der Durchführung nochmals abzuwägen,
hat keinen Sinn; dafür ist vollgültiges Zeugnis da. Anders wenn
etwa eine Gemeinde für ihr Vorhaben die Enteignung begehrt oder
ein beliehener Unternehmer innerhalb eines in der Verleihung ge-

19 So bayr. Ent.ges. art. I A Ziff. 13; das Beispiel der Verbreiterung einer
Straße, das Hartmann, Ges. über Zwangsabtretung S. 28 Note 11 anführt, paßt
allerdings nicht. Als polizeiliche Maßregel würden wir auch, trotz des Wort-
lautes des Gesetzes Ziff. 13 und 14, die Schaffung eines Schutzstreifens für Kunst-
sammlungen nicht ansehen. Mit Recht hat man in Preußen solches schon in der
allgemeinen Ermächtigung, für öffentliche Zwecke zu enteignen, begriffen gefunden:
Bähr u. Langerhans, Ent.Ges. S. 10; über den grundsätzlichen Ausschluß
polizeilicher Zwecke ebenda S. 3 u. 4. Dagegen ist hierher gehörig Franz. Ges.
v. 13. April 1850 über gesundheitsgefährliche Wohnungen; Theorie d. Franz.
V.R. S. 237.
20 Es kann dabei überdies noch ein öffentliches Interesse auf der anderen
Seite abzuwägen sein (unten Note 30).

Das öffentliche Sachenrecht.
herigen Benutzung dem öffentlichen Interesse bereitet werden mögen:
Verunstaltungen des Anblicks der öffentlichen Straße, Gesundheits-
widrigkeiten u. dergl. Hier soll das Grundstück nicht dienen, sondern
nur aufhören zu schaden. Maßregeln solcher Art sind ihrer Natur
nach bestimmt, in den Formen der Polizeigewalt vorgenommen
zu werden, und dazu gehört die Enteignung nicht. Durch besonderes
Gesetz kann sie auch hierfür verwendbar gemacht werden. Sie giebt
eine passende Form, um die Vermögenswirkungen des Eingriffes in
billiger Weise auszugleichen: dem Betroffenen eine Entschädigung zu
sichern, der Verwaltung zugleich die Möglichkeit anderweitiger Ver-
wertung zu beschaffen zur Deckung ihrer Kosten19. —

Die Grenzen des freien Ermessens, wie sie demnach das Gesetz
liefert oder auch ohne es die Natur der Sache, beziehen sich durch-
weg nur auf die Würdigung der Art des zuzulassenden Unternehmens.
Kein Maßstab läßt sich dagegen aufstellen nach der anderen Seite
hin: für die Stärke nämlich, mit welcher das Interesse, das in dem
öffentlichen Unternehmen steckt, zur Verwirklichung drängt, ob sie
groß genug ist, das Eigentum zu überwinden20. Das ist ganz Sache
des Eindrucks, den die Sache macht. Gerade deshalb kommt es hier
sehr darauf an, wer der Unternehmer ist, der die Enteignung be-
gehrt. Wenn die obersten Stellen der Staatsverwaltung ein Unter-
nehmen für notwendig befunden haben, um es selbst ausführen zu
lassen, oder für wichtig genug, um eine Konzession dafür zu erteilen,
wird für den Feststellungsakt, der von einer anderen Stelle ausgeht,
immer noch die Nachprüfung der Zulässigkeit rücksichtlich der Art
des Unternehmens offen sein; denn das ist eine Rechtsgrenze. Aber
das öffentliche Interesse an der Durchführung nochmals abzuwägen,
hat keinen Sinn; dafür ist vollgültiges Zeugnis da. Anders wenn
etwa eine Gemeinde für ihr Vorhaben die Enteignung begehrt oder
ein beliehener Unternehmer innerhalb eines in der Verleihung ge-

19 So bayr. Ent.ges. art. I A Ziff. 13; das Beispiel der Verbreiterung einer
Straße, das Hartmann, Ges. über Zwangsabtretung S. 28 Note 11 anführt, paßt
allerdings nicht. Als polizeiliche Maßregel würden wir auch, trotz des Wort-
lautes des Gesetzes Ziff. 13 und 14, die Schaffung eines Schutzstreifens für Kunst-
sammlungen nicht ansehen. Mit Recht hat man in Preußen solches schon in der
allgemeinen Ermächtigung, für öffentliche Zwecke zu enteignen, begriffen gefunden:
Bähr u. Langerhans, Ent.Ges. S. 10; über den grundsätzlichen Ausschluß
polizeilicher Zwecke ebenda S. 3 u. 4. Dagegen ist hierher gehörig Franz. Ges.
v. 13. April 1850 über gesundheitsgefährliche Wohnungen; Theorie d. Franz.
V.R. S. 237.
20 Es kann dabei überdies noch ein öffentliches Interesse auf der anderen
Seite abzuwägen sein (unten Note 30).
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[14/0026] Das öffentliche Sachenrecht. herigen Benutzung dem öffentlichen Interesse bereitet werden mögen: Verunstaltungen des Anblicks der öffentlichen Straße, Gesundheits- widrigkeiten u. dergl. Hier soll das Grundstück nicht dienen, sondern nur aufhören zu schaden. Maßregeln solcher Art sind ihrer Natur nach bestimmt, in den Formen der Polizeigewalt vorgenommen zu werden, und dazu gehört die Enteignung nicht. Durch besonderes Gesetz kann sie auch hierfür verwendbar gemacht werden. Sie giebt eine passende Form, um die Vermögenswirkungen des Eingriffes in billiger Weise auszugleichen: dem Betroffenen eine Entschädigung zu sichern, der Verwaltung zugleich die Möglichkeit anderweitiger Ver- wertung zu beschaffen zur Deckung ihrer Kosten 19. — Die Grenzen des freien Ermessens, wie sie demnach das Gesetz liefert oder auch ohne es die Natur der Sache, beziehen sich durch- weg nur auf die Würdigung der Art des zuzulassenden Unternehmens. Kein Maßstab läßt sich dagegen aufstellen nach der anderen Seite hin: für die Stärke nämlich, mit welcher das Interesse, das in dem öffentlichen Unternehmen steckt, zur Verwirklichung drängt, ob sie groß genug ist, das Eigentum zu überwinden 20. Das ist ganz Sache des Eindrucks, den die Sache macht. Gerade deshalb kommt es hier sehr darauf an, wer der Unternehmer ist, der die Enteignung be- gehrt. Wenn die obersten Stellen der Staatsverwaltung ein Unter- nehmen für notwendig befunden haben, um es selbst ausführen zu lassen, oder für wichtig genug, um eine Konzession dafür zu erteilen, wird für den Feststellungsakt, der von einer anderen Stelle ausgeht, immer noch die Nachprüfung der Zulässigkeit rücksichtlich der Art des Unternehmens offen sein; denn das ist eine Rechtsgrenze. Aber das öffentliche Interesse an der Durchführung nochmals abzuwägen, hat keinen Sinn; dafür ist vollgültiges Zeugnis da. Anders wenn etwa eine Gemeinde für ihr Vorhaben die Enteignung begehrt oder ein beliehener Unternehmer innerhalb eines in der Verleihung ge- 19 So bayr. Ent.ges. art. I A Ziff. 13; das Beispiel der Verbreiterung einer Straße, das Hartmann, Ges. über Zwangsabtretung S. 28 Note 11 anführt, paßt allerdings nicht. Als polizeiliche Maßregel würden wir auch, trotz des Wort- lautes des Gesetzes Ziff. 13 und 14, die Schaffung eines Schutzstreifens für Kunst- sammlungen nicht ansehen. Mit Recht hat man in Preußen solches schon in der allgemeinen Ermächtigung, für öffentliche Zwecke zu enteignen, begriffen gefunden: Bähr u. Langerhans, Ent.Ges. S. 10; über den grundsätzlichen Ausschluß polizeilicher Zwecke ebenda S. 3 u. 4. Dagegen ist hierher gehörig Franz. Ges. v. 13. April 1850 über gesundheitsgefährliche Wohnungen; Theorie d. Franz. V.R. S. 237. 20 Es kann dabei überdies noch ein öffentliches Interesse auf der anderen Seite abzuwägen sein (unten Note 30).

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/26>, abgerufen am 22.11.2024.