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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
Zwangsdienstpflicht16. Es muß also alles mit desto stärkerer Zucht-
disciplin durchgesetzt werden können.

Nach der Schwere, mit der sie treffen, teilt man diese förmlichen
Disciplinarstrafen wieder ein in bloße Ordnungsstrafen und
eigentliche Disciplinarstrafen. Daran knüpfen sich Ver-
schiedenheiten des Verfahrens.

2. Die Disciplinarstrafe setzt eine Verfehlung voraus. Aber
sie wird nicht verwirkt durch diese, wie die Polizei- und Finanz-
strafe. Die Thatsache der vorgefallenen Verfehlung giebt nur der
Behörde dem Fehlenden gegenüber dieses Machtmittel in die Hand,
um die notwendig erscheinende Verbesserung des Dienstes durchzu-
setzen17. Ob es zu gebrauchen ist und in welcher Gestalt, ist Sache
der Erwägung des dienstlichen Interesses. Die Disciplinar-
strafgewalt trägt nicht jene Binde der Gerechtigkeit vor den Augen,
um nur durch eine enge Öffnung den Ausschnitt aus der Wirklichkeit
zu sehen, der den Thatbestand der Verfehlung bildet. Sie berück-
sichtigt die bisherigen Verdienste und die Hoffnungen für die Zukunft,
welche der Fehlende darbietet, die Schädigung, welche das dienst-
liche Ansehen durch die Bestrafung erleiden, den schlechten Eindruck,
welchen die Nichtbestrafung auf das übrige Beamtentum machen würde,
und was sonst noch die Staatsklugheit beachtenswert findet. Das ist
ihre Eigenart und ihr Recht.

Im Verfahren zur Verhängung der Disciplinarstrafe findet
möglicherweise eine Trennung nach diesen verschiedenen Gesichts-
punkten statt. Für schwerere Verfehlungen und die Verhängung ent-
sprechend höherer Strafen werden neben den ordentlichen Dienst-
vorgesetzten eigne Disciplinarstrafbehörden gebildet, oder es kommen
als solche Civil- und Verwaltungsgerichte zur Verwendung. Diesen
liegt dann die förmliche Untersuchung des Falles ob, die Feststellung
der Schuld und der dafür angemessenen Strafe, alles wesentlich nur
unter dem Gesichtspunkte der Gerechtigkeit und der gleichmäßigen
Anwendung gegebener Grundsätze. Die weiteren Ausblicke und Rück-
sichtnahmen, welche der Disciplinarstrafe eigen sind, werden zur
Geltung gebracht durch den eigentlichen Inhaber der Dienstgewalt,
der in verschiedener Weise dabei mitwirkt.

16 So erklärt auch Hecker in Gerichtssaal 31 S. 495 ff. diesen "Verzicht
auf die Strafmittel der reinigenden Disciplin".
17 Laband, St.R. I S. 465 (3. Aufl. S. 443): "ein Recht, keine juristische
Pflicht des Staates"; Seydel, Bayr. St.R. III S. 482: "seine Geltendmachung
steht zur freien Verfügung des Inhabers".

Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
Zwangsdienstpflicht16. Es muß also alles mit desto stärkerer Zucht-
disciplin durchgesetzt werden können.

Nach der Schwere, mit der sie treffen, teilt man diese förmlichen
Disciplinarstrafen wieder ein in bloße Ordnungsstrafen und
eigentliche Disciplinarstrafen. Daran knüpfen sich Ver-
schiedenheiten des Verfahrens.

2. Die Disciplinarstrafe setzt eine Verfehlung voraus. Aber
sie wird nicht verwirkt durch diese, wie die Polizei- und Finanz-
strafe. Die Thatsache der vorgefallenen Verfehlung giebt nur der
Behörde dem Fehlenden gegenüber dieses Machtmittel in die Hand,
um die notwendig erscheinende Verbesserung des Dienstes durchzu-
setzen17. Ob es zu gebrauchen ist und in welcher Gestalt, ist Sache
der Erwägung des dienstlichen Interesses. Die Disciplinar-
strafgewalt trägt nicht jene Binde der Gerechtigkeit vor den Augen,
um nur durch eine enge Öffnung den Ausschnitt aus der Wirklichkeit
zu sehen, der den Thatbestand der Verfehlung bildet. Sie berück-
sichtigt die bisherigen Verdienste und die Hoffnungen für die Zukunft,
welche der Fehlende darbietet, die Schädigung, welche das dienst-
liche Ansehen durch die Bestrafung erleiden, den schlechten Eindruck,
welchen die Nichtbestrafung auf das übrige Beamtentum machen würde,
und was sonst noch die Staatsklugheit beachtenswert findet. Das ist
ihre Eigenart und ihr Recht.

Im Verfahren zur Verhängung der Disciplinarstrafe findet
möglicherweise eine Trennung nach diesen verschiedenen Gesichts-
punkten statt. Für schwerere Verfehlungen und die Verhängung ent-
sprechend höherer Strafen werden neben den ordentlichen Dienst-
vorgesetzten eigne Disciplinarstrafbehörden gebildet, oder es kommen
als solche Civil- und Verwaltungsgerichte zur Verwendung. Diesen
liegt dann die förmliche Untersuchung des Falles ob, die Feststellung
der Schuld und der dafür angemessenen Strafe, alles wesentlich nur
unter dem Gesichtspunkte der Gerechtigkeit und der gleichmäßigen
Anwendung gegebener Grundsätze. Die weiteren Ausblicke und Rück-
sichtnahmen, welche der Disciplinarstrafe eigen sind, werden zur
Geltung gebracht durch den eigentlichen Inhaber der Dienstgewalt,
der in verschiedener Weise dabei mitwirkt.

16 So erklärt auch Hecker in Gerichtssaal 31 S. 495 ff. diesen „Verzicht
auf die Strafmittel der reinigenden Disciplin“.
17 Laband, St.R. I S. 465 (3. Aufl. S. 443): „ein Recht, keine juristische
Pflicht des Staates“; Seydel, Bayr. St.R. III S. 482: „seine Geltendmachung
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[244/0256] Recht der besonderen Schuldverhältnisse. Zwangsdienstpflicht 16. Es muß also alles mit desto stärkerer Zucht- disciplin durchgesetzt werden können. Nach der Schwere, mit der sie treffen, teilt man diese förmlichen Disciplinarstrafen wieder ein in bloße Ordnungsstrafen und eigentliche Disciplinarstrafen. Daran knüpfen sich Ver- schiedenheiten des Verfahrens. 2. Die Disciplinarstrafe setzt eine Verfehlung voraus. Aber sie wird nicht verwirkt durch diese, wie die Polizei- und Finanz- strafe. Die Thatsache der vorgefallenen Verfehlung giebt nur der Behörde dem Fehlenden gegenüber dieses Machtmittel in die Hand, um die notwendig erscheinende Verbesserung des Dienstes durchzu- setzen 17. Ob es zu gebrauchen ist und in welcher Gestalt, ist Sache der Erwägung des dienstlichen Interesses. Die Disciplinar- strafgewalt trägt nicht jene Binde der Gerechtigkeit vor den Augen, um nur durch eine enge Öffnung den Ausschnitt aus der Wirklichkeit zu sehen, der den Thatbestand der Verfehlung bildet. Sie berück- sichtigt die bisherigen Verdienste und die Hoffnungen für die Zukunft, welche der Fehlende darbietet, die Schädigung, welche das dienst- liche Ansehen durch die Bestrafung erleiden, den schlechten Eindruck, welchen die Nichtbestrafung auf das übrige Beamtentum machen würde, und was sonst noch die Staatsklugheit beachtenswert findet. Das ist ihre Eigenart und ihr Recht. Im Verfahren zur Verhängung der Disciplinarstrafe findet möglicherweise eine Trennung nach diesen verschiedenen Gesichts- punkten statt. Für schwerere Verfehlungen und die Verhängung ent- sprechend höherer Strafen werden neben den ordentlichen Dienst- vorgesetzten eigne Disciplinarstrafbehörden gebildet, oder es kommen als solche Civil- und Verwaltungsgerichte zur Verwendung. Diesen liegt dann die förmliche Untersuchung des Falles ob, die Feststellung der Schuld und der dafür angemessenen Strafe, alles wesentlich nur unter dem Gesichtspunkte der Gerechtigkeit und der gleichmäßigen Anwendung gegebener Grundsätze. Die weiteren Ausblicke und Rück- sichtnahmen, welche der Disciplinarstrafe eigen sind, werden zur Geltung gebracht durch den eigentlichen Inhaber der Dienstgewalt, der in verschiedener Weise dabei mitwirkt. 16 So erklärt auch Hecker in Gerichtssaal 31 S. 495 ff. diesen „Verzicht auf die Strafmittel der reinigenden Disciplin“. 17 Laband, St.R. I S. 465 (3. Aufl. S. 443): „ein Recht, keine juristische Pflicht des Staates“; Seydel, Bayr. St.R. III S. 482: „seine Geltendmachung steht zur freien Verfügung des Inhabers“.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/256>, abgerufen am 23.11.2024.