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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
Dienstpflicht außer der sogenannten gesetzlichen oder besser Zwangs-
dienstpflicht erschöpft. Vielmehr liegt daneben noch ein wichtiges
Gebiet von Rechtsgestaltungen, die nicht unter die Formen des
Staatsdienstvertrages zu bringen sind: es ist das Gebiet des öffent-
lichen Ehrenamtes. Es ist nicht üblich, den Namen Vertrag auf seine
Begründung anzuwenden, obwohl sie ihn gerade so gut oder vielmehr
schlecht verdiente, wie der Staatsdienstvertrag. Es bestehen aber
auch in der That bedeutsame rechtliche Verschiedenheiten zwischen
den beiden Dingen. Wir stellen also neben die Anstellung im
Staatsdienst
als besonderes Rechtsinstitut die Übertragung
des öffentlichen Ehrenamtes
11.

§ 43.
Fortsetzung; Zwangsdienstpflicht und übertragenes Ehrenamt.

Die Anstellung im Staatsdienst ist die allgemeine Form für die
Begründung öffentlicher Dienstpflichten jeden Inhalts. Zwangsdienst-
pflicht und übertragenes Ehrenamt kommen dazwischen nur zur Ver-
wendung in beschränkter Weise für Dienstpflichten bestimmter Art.
Den Übergang zur Anstellung im Staatsdienst bildet die eigentümliche
Erscheinung einer gemischten Dienstpflicht, die wir im Anhang zum
Ehrenamt (unter III) behandeln werden.

I. Die Zwangsdienstpflicht bedeutet eine öffentliche Dienst-
pflicht, welche obrigkeitlich auferlegt wird ohne Rück-
sicht auf die Zustimmung des davon betroffenen Unter-

11 In Bl. f. adm. Pr. XXXIII S. 49 wird der Labandschen Darstellung des
Staatsdienstpflichtverhältnisses Unvollständigkeit vorgeworfen, insofern darin nur
das Berufsamt, nicht die "auf Erfüllung einer allgemeinen Bürgerpflicht beruhenden
Ämter", namentlich der Gemeindebeamten behandelt werden. Laband stellt eben
nur das Reichsstaatsrecht dar, und dafür haben diese Ehrenämter keine große Be-
deutung. Deshalb ist in den allgemeinen Erörterungen über die Dienstpflicht in
St.R. I S. 406 das Ehrenamt außer Ansatz gelassen. "Die Pflicht zur Leistung
von Diensten, heißt es S. 407, kann auf einem dreifachen Rechtsgrunde beruhen",
nämlich außer auf privatrechtlichem Dienstvertrag auf den beiden öffentlichrecht-
lichen Gründen der Zwangsdienste und des vertragsmäßigen Eintritts in den Staats-
dienst. In der Lehre vom Gerichtsdienst (a. a. O. II S. 431), wo der Handels-
richter eine Rolle spielt, heißt es dagegen ganz richtig: "Hiernach sind in staats-
rechtlicher Hinsicht drei Arten von Gerichtsdiensten zu unterscheiden, der gesetz-
liche Gerichtsdienst der Schöffen und Geschworenen, der berufsmäßige Dienst der
Gerichtsbeamten und der Ehrendienst der Handelsrichter und der Konsular-
gerichte". Das sind unsere drei Rubriken.

Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
Dienstpflicht außer der sogenannten gesetzlichen oder besser Zwangs-
dienstpflicht erschöpft. Vielmehr liegt daneben noch ein wichtiges
Gebiet von Rechtsgestaltungen, die nicht unter die Formen des
Staatsdienstvertrages zu bringen sind: es ist das Gebiet des öffent-
lichen Ehrenamtes. Es ist nicht üblich, den Namen Vertrag auf seine
Begründung anzuwenden, obwohl sie ihn gerade so gut oder vielmehr
schlecht verdiente, wie der Staatsdienstvertrag. Es bestehen aber
auch in der That bedeutsame rechtliche Verschiedenheiten zwischen
den beiden Dingen. Wir stellen also neben die Anstellung im
Staatsdienst
als besonderes Rechtsinstitut die Übertragung
des öffentlichen Ehrenamtes
11.

§ 43.
Fortsetzung; Zwangsdienstpflicht und übertragenes Ehrenamt.

Die Anstellung im Staatsdienst ist die allgemeine Form für die
Begründung öffentlicher Dienstpflichten jeden Inhalts. Zwangsdienst-
pflicht und übertragenes Ehrenamt kommen dazwischen nur zur Ver-
wendung in beschränkter Weise für Dienstpflichten bestimmter Art.
Den Übergang zur Anstellung im Staatsdienst bildet die eigentümliche
Erscheinung einer gemischten Dienstpflicht, die wir im Anhang zum
Ehrenamt (unter III) behandeln werden.

I. Die Zwangsdienstpflicht bedeutet eine öffentliche Dienst-
pflicht, welche obrigkeitlich auferlegt wird ohne Rück-
sicht auf die Zustimmung des davon betroffenen Unter-

11 In Bl. f. adm. Pr. XXXIII S. 49 wird der Labandschen Darstellung des
Staatsdienstpflichtverhältnisses Unvollständigkeit vorgeworfen, insofern darin nur
das Berufsamt, nicht die „auf Erfüllung einer allgemeinen Bürgerpflicht beruhenden
Ämter“, namentlich der Gemeindebeamten behandelt werden. Laband stellt eben
nur das Reichsstaatsrecht dar, und dafür haben diese Ehrenämter keine große Be-
deutung. Deshalb ist in den allgemeinen Erörterungen über die Dienstpflicht in
St.R. I S. 406 das Ehrenamt außer Ansatz gelassen. „Die Pflicht zur Leistung
von Diensten, heißt es S. 407, kann auf einem dreifachen Rechtsgrunde beruhen“,
nämlich außer auf privatrechtlichem Dienstvertrag auf den beiden öffentlichrecht-
lichen Gründen der Zwangsdienste und des vertragsmäßigen Eintritts in den Staats-
dienst. In der Lehre vom Gerichtsdienst (a. a. O. II S. 431), wo der Handels-
richter eine Rolle spielt, heißt es dagegen ganz richtig: „Hiernach sind in staats-
rechtlicher Hinsicht drei Arten von Gerichtsdiensten zu unterscheiden, der gesetz-
liche Gerichtsdienst der Schöffen und Geschworenen, der berufsmäßige Dienst der
Gerichtsbeamten und der Ehrendienst der Handelsrichter und der Konsular-
gerichte“. Das sind unsere drei Rubriken.
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[202/0214] Recht der besonderen Schuldverhältnisse. Dienstpflicht außer der sogenannten gesetzlichen oder besser Zwangs- dienstpflicht erschöpft. Vielmehr liegt daneben noch ein wichtiges Gebiet von Rechtsgestaltungen, die nicht unter die Formen des Staatsdienstvertrages zu bringen sind: es ist das Gebiet des öffent- lichen Ehrenamtes. Es ist nicht üblich, den Namen Vertrag auf seine Begründung anzuwenden, obwohl sie ihn gerade so gut oder vielmehr schlecht verdiente, wie der Staatsdienstvertrag. Es bestehen aber auch in der That bedeutsame rechtliche Verschiedenheiten zwischen den beiden Dingen. Wir stellen also neben die Anstellung im Staatsdienst als besonderes Rechtsinstitut die Übertragung des öffentlichen Ehrenamtes 11. § 43. Fortsetzung; Zwangsdienstpflicht und übertragenes Ehrenamt. Die Anstellung im Staatsdienst ist die allgemeine Form für die Begründung öffentlicher Dienstpflichten jeden Inhalts. Zwangsdienst- pflicht und übertragenes Ehrenamt kommen dazwischen nur zur Ver- wendung in beschränkter Weise für Dienstpflichten bestimmter Art. Den Übergang zur Anstellung im Staatsdienst bildet die eigentümliche Erscheinung einer gemischten Dienstpflicht, die wir im Anhang zum Ehrenamt (unter III) behandeln werden. I. Die Zwangsdienstpflicht bedeutet eine öffentliche Dienst- pflicht, welche obrigkeitlich auferlegt wird ohne Rück- sicht auf die Zustimmung des davon betroffenen Unter- 11 In Bl. f. adm. Pr. XXXIII S. 49 wird der Labandschen Darstellung des Staatsdienstpflichtverhältnisses Unvollständigkeit vorgeworfen, insofern darin nur das Berufsamt, nicht die „auf Erfüllung einer allgemeinen Bürgerpflicht beruhenden Ämter“, namentlich der Gemeindebeamten behandelt werden. Laband stellt eben nur das Reichsstaatsrecht dar, und dafür haben diese Ehrenämter keine große Be- deutung. Deshalb ist in den allgemeinen Erörterungen über die Dienstpflicht in St.R. I S. 406 das Ehrenamt außer Ansatz gelassen. „Die Pflicht zur Leistung von Diensten, heißt es S. 407, kann auf einem dreifachen Rechtsgrunde beruhen“, nämlich außer auf privatrechtlichem Dienstvertrag auf den beiden öffentlichrecht- lichen Gründen der Zwangsdienste und des vertragsmäßigen Eintritts in den Staats- dienst. In der Lehre vom Gerichtsdienst (a. a. O. II S. 431), wo der Handels- richter eine Rolle spielt, heißt es dagegen ganz richtig: „Hiernach sind in staats- rechtlicher Hinsicht drei Arten von Gerichtsdiensten zu unterscheiden, der gesetz- liche Gerichtsdienst der Schöffen und Geschworenen, der berufsmäßige Dienst der Gerichtsbeamten und der Ehrendienst der Handelsrichter und der Konsular- gerichte“. Das sind unsere drei Rubriken.

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/214>, abgerufen am 22.11.2024.