Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.Das öffentliche Sachenrecht. schließlich zustehen soll, geht sie auch über die bloße laufende Ver-waltung der Sache hinaus. Eine derartige Belastung ist mithin in der Zuständigkeit zur Führung der Polizei der öffentlichen Sache nicht begriffen; wo diese einer besonderen Behörde übertragen ist, muß die Zustimmung des ordentlichen Vertreters des Herrn der öffent- lichen Sache hinzukommen, damit die Verleihung gültig und wirk- sam sei4. 4 Vgl. oben § 38, Note 1. Ubbelohde, Forts. v. Glück S. 111 ff., be-
richtet folgenden Fall: Der Eigentümer eines Grundstückes beabsichtigt an einer städtischen Straße zu bauen, derart, daß sein Haus mit dem ersten und zweiten Stockwerke erheblich in den Luftraum der Straße vorspringen soll. Das könig- liche Landratsamt erteilt die polizeiliche Erlaubnis und hält diese für genügend. Die Stadtvertretung widerspricht und bedroht den Baulustigen mit gerichtlicher Klage, die nach Ubbelohde eine negatoria in rem actio gewesen wäre. Das ist nicht richtig. Mit derartigen Klagen ist das öffentliche Eigentum nicht geschützt; vgl. oben § 36 Note 23. Die Sache liegt vielmehr so: Es war auf Erwerb eines Rechtes auf Benutzung des zur Straße gehörigen Luftraumes abgesehen; anders würde der Angrenzer sich wohl hüten, so zu bauen. Ein solches Recht konnte ihm allerdings durch Verleihung eingeräumt werden; aber diese war, darin hatte die Stadt gewiß recht, nur möglich mit Zustimmung dieser, als der Eigentümerin. Der Landrat als Polizeiverwalter konnte eine Gebrauchserlaubnis geben. Die Ver- leihung, die er geben wollte, war ungültig. Wenn man sie auch, was noch die Frage wäre, als Gebrauchserlaubnis gelten ließe, so konnte zwar zunächst damit ungestraft gebaut werden, aber sie war jeder Zeit widerruflich ohne Ent- schädigung; Ersitzung gabs nicht. Die Stadt, wenn sie auch für den Augenblick machtlos war, da die zu ihrem Schutz berufene Behörde die Hülfe versagte, konnte früher oder später einen Landrat oder eine Beschwerdeinstanz finden, die auf ihre Wünsche eingingen. Der Baulustige hat also wohlgethan, daß er damals trotz der landrätlichen Polizeierlaubnis von seinem Vorhaben abstand. -- Ein anderes Beispiel in O.V.G. 30. Jan. 1887: Ein Unternehmer will an der Spree einen Elevator errichten, der über den Fluß hineinragt, also auf "fiskalisches Gebiet"; die stromfiskalische Behörde hat mitzusprechen; denn die Strompolizei- behörde prüft die Sache nur unter dem Gesichtspunkte des strompolizeilichen Interesses, aber die Verleihung, um die es sich hier handelt, begründet zugleich Rechte gegen den Eigentümer. -- Desgl. O.V.G. 29. Dez. 1883: Um ein Pferde- bahngeleise in den Straßenkörper zu legen, bedarf es außer der Erlaubnis der Polizeibehörde auch noch der Zustimmung der Stadt als der Eigentümerin. -- O.G.H, 4. Mai 1886 (Samml. VII, S. 218): Eisenbahnschienen in eine Distrikts- straße zu legen, setzt eine Vereinbarung mit dem Eigentümer voraus. In diesen Entscheidungen ist die Auffassung meist die (besonders deutlich in O.V.G. 29. Dez. 1883), daß die Einwilligung des Eigentümers ein civilrechtliches Veräußerungsgeschäft sei, zu welchem die Polizeibehörde ihre öffentlichrechtliche Erlaubnis hinzufüge. Das beruht auf Nachwirkungen der Fiskustheorie. Das öffentliche Eigentum ist nicht veräußerlich in Form des Civilrechtes, noch findet hier eine Teilung statt von civilrechtlichem Eigentum und polizeilicher Verwaltung derselben. Es handelt sich um ein einziges Rechtsgeschäft der Verleihung, das Das öffentliche Sachenrecht. schließlich zustehen soll, geht sie auch über die bloße laufende Ver-waltung der Sache hinaus. Eine derartige Belastung ist mithin in der Zuständigkeit zur Führung der Polizei der öffentlichen Sache nicht begriffen; wo diese einer besonderen Behörde übertragen ist, muß die Zustimmung des ordentlichen Vertreters des Herrn der öffent- lichen Sache hinzukommen, damit die Verleihung gültig und wirk- sam sei4. 4 Vgl. oben § 38, Note 1. Ubbelohde, Forts. v. Glück S. 111 ff., be-
richtet folgenden Fall: Der Eigentümer eines Grundstückes beabsichtigt an einer städtischen Straße zu bauen, derart, daß sein Haus mit dem ersten und zweiten Stockwerke erheblich in den Luftraum der Straße vorspringen soll. Das könig- liche Landratsamt erteilt die polizeiliche Erlaubnis und hält diese für genügend. Die Stadtvertretung widerspricht und bedroht den Baulustigen mit gerichtlicher Klage, die nach Ubbelohde eine negatoria in rem actio gewesen wäre. Das ist nicht richtig. Mit derartigen Klagen ist das öffentliche Eigentum nicht geschützt; vgl. oben § 36 Note 23. Die Sache liegt vielmehr so: Es war auf Erwerb eines Rechtes auf Benutzung des zur Straße gehörigen Luftraumes abgesehen; anders würde der Angrenzer sich wohl hüten, so zu bauen. Ein solches Recht konnte ihm allerdings durch Verleihung eingeräumt werden; aber diese war, darin hatte die Stadt gewiß recht, nur möglich mit Zustimmung dieser, als der Eigentümerin. Der Landrat als Polizeiverwalter konnte eine Gebrauchserlaubnis geben. Die Ver- leihung, die er geben wollte, war ungültig. Wenn man sie auch, was noch die Frage wäre, als Gebrauchserlaubnis gelten ließe, so konnte zwar zunächst damit ungestraft gebaut werden, aber sie war jeder Zeit widerruflich ohne Ent- schädigung; Ersitzung gabs nicht. Die Stadt, wenn sie auch für den Augenblick machtlos war, da die zu ihrem Schutz berufene Behörde die Hülfe versagte, konnte früher oder später einen Landrat oder eine Beschwerdeinstanz finden, die auf ihre Wünsche eingingen. Der Baulustige hat also wohlgethan, daß er damals trotz der landrätlichen Polizeierlaubnis von seinem Vorhaben abstand. — Ein anderes Beispiel in O.V.G. 30. Jan. 1887: Ein Unternehmer will an der Spree einen Elevator errichten, der über den Fluß hineinragt, also auf „fiskalisches Gebiet“; die stromfiskalische Behörde hat mitzusprechen; denn die Strompolizei- behörde prüft die Sache nur unter dem Gesichtspunkte des strompolizeilichen Interesses, aber die Verleihung, um die es sich hier handelt, begründet zugleich Rechte gegen den Eigentümer. — Desgl. O.V.G. 29. Dez. 1883: Um ein Pferde- bahngeleise in den Straßenkörper zu legen, bedarf es außer der Erlaubnis der Polizeibehörde auch noch der Zustimmung der Stadt als der Eigentümerin. — O.G.H, 4. Mai 1886 (Samml. VII, S. 218): Eisenbahnschienen in eine Distrikts- straße zu legen, setzt eine Vereinbarung mit dem Eigentümer voraus. In diesen Entscheidungen ist die Auffassung meist die (besonders deutlich in O.V.G. 29. Dez. 1883), daß die Einwilligung des Eigentümers ein civilrechtliches Veräußerungsgeschäft sei, zu welchem die Polizeibehörde ihre öffentlichrechtliche Erlaubnis hinzufüge. Das beruht auf Nachwirkungen der Fiskustheorie. Das öffentliche Eigentum ist nicht veräußerlich in Form des Civilrechtes, noch findet hier eine Teilung statt von civilrechtlichem Eigentum und polizeilicher Verwaltung derselben. Es handelt sich um ein einziges Rechtsgeschäft der Verleihung, das <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0162" n="150"/><fw place="top" type="header">Das öffentliche Sachenrecht.</fw><lb/> schließlich zustehen soll, geht sie auch über die bloße laufende Ver-<lb/> waltung der Sache hinaus. 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schließlich zustehen soll, geht sie auch über die bloße laufende Ver-
waltung der Sache hinaus. Eine derartige Belastung ist mithin in
der Zuständigkeit zur Führung der Polizei der öffentlichen Sache nicht
begriffen; wo diese einer besonderen Behörde übertragen ist, muß
die Zustimmung des ordentlichen Vertreters des Herrn der öffent-
lichen Sache hinzukommen, damit die Verleihung gültig und wirk-
sam sei 4.
4 Vgl. oben § 38, Note 1. Ubbelohde, Forts. v. Glück S. 111 ff., be-
richtet folgenden Fall: Der Eigentümer eines Grundstückes beabsichtigt an einer
städtischen Straße zu bauen, derart, daß sein Haus mit dem ersten und zweiten
Stockwerke erheblich in den Luftraum der Straße vorspringen soll. Das könig-
liche Landratsamt erteilt die polizeiliche Erlaubnis und hält diese für genügend.
Die Stadtvertretung widerspricht und bedroht den Baulustigen mit gerichtlicher
Klage, die nach Ubbelohde eine negatoria in rem actio gewesen wäre. Das ist
nicht richtig. Mit derartigen Klagen ist das öffentliche Eigentum nicht geschützt;
vgl. oben § 36 Note 23. Die Sache liegt vielmehr so: Es war auf Erwerb eines
Rechtes auf Benutzung des zur Straße gehörigen Luftraumes abgesehen; anders
würde der Angrenzer sich wohl hüten, so zu bauen. Ein solches Recht konnte
ihm allerdings durch Verleihung eingeräumt werden; aber diese war, darin hatte
die Stadt gewiß recht, nur möglich mit Zustimmung dieser, als der Eigentümerin.
Der Landrat als Polizeiverwalter konnte eine Gebrauchserlaubnis geben. Die Ver-
leihung, die er geben wollte, war ungültig. Wenn man sie auch, was noch die
Frage wäre, als Gebrauchserlaubnis gelten ließe, so konnte zwar zunächst damit
ungestraft gebaut werden, aber sie war jeder Zeit widerruflich ohne Ent-
schädigung; Ersitzung gabs nicht. Die Stadt, wenn sie auch für den Augenblick
machtlos war, da die zu ihrem Schutz berufene Behörde die Hülfe versagte, konnte
früher oder später einen Landrat oder eine Beschwerdeinstanz finden, die auf
ihre Wünsche eingingen. Der Baulustige hat also wohlgethan, daß er damals
trotz der landrätlichen Polizeierlaubnis von seinem Vorhaben abstand. — Ein
anderes Beispiel in O.V.G. 30. Jan. 1887: Ein Unternehmer will an der Spree
einen Elevator errichten, der über den Fluß hineinragt, also auf „fiskalisches
Gebiet“; die stromfiskalische Behörde hat mitzusprechen; denn die Strompolizei-
behörde prüft die Sache nur unter dem Gesichtspunkte des strompolizeilichen
Interesses, aber die Verleihung, um die es sich hier handelt, begründet zugleich
Rechte gegen den Eigentümer. — Desgl. O.V.G. 29. Dez. 1883: Um ein Pferde-
bahngeleise in den Straßenkörper zu legen, bedarf es außer der Erlaubnis der
Polizeibehörde auch noch der Zustimmung der Stadt als der Eigentümerin. —
O.G.H, 4. Mai 1886 (Samml. VII, S. 218): Eisenbahnschienen in eine Distrikts-
straße zu legen, setzt eine Vereinbarung mit dem Eigentümer voraus.
In diesen Entscheidungen ist die Auffassung meist die (besonders deutlich in
O.V.G. 29. Dez. 1883), daß die Einwilligung des Eigentümers ein civilrechtliches
Veräußerungsgeschäft sei, zu welchem die Polizeibehörde ihre öffentlichrechtliche
Erlaubnis hinzufüge. Das beruht auf Nachwirkungen der Fiskustheorie. Das
öffentliche Eigentum ist nicht veräußerlich in Form des Civilrechtes, noch findet
hier eine Teilung statt von civilrechtlichem Eigentum und polizeilicher Verwaltung
derselben. Es handelt sich um ein einziges Rechtsgeschäft der Verleihung, das
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