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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895.

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Die Finanzgewalt.
regeln und die Entscheidungen über Widersprüche des angegriffenen
Teils. Der Gezwungene findet sich hier überall nur der öffentlichen
Gewalt gegenüber, die in verschiedenen Zuständigkeiten auftritt10.
Zu besserer Sicherung des Rechtsschutzes wird für solche Zwischen-
streitigkeiten die Form der Verwaltungsrechtspflege und der Weg vor
selbständige Verwaltungsgerichte eröffnet sein. Das Wesen des ganzen
Verhältnisses ändert sich dadurch nicht.

5. Gegenüber diesen Grundzügen des Verfahrens können ab-
weichende Ordnungen geschaffen sein, durch welche die Stellung der
leitenden Verwaltungsbehörde der einer betreibenden Privat-
partei
nach dem Vorbild des Civilprozesses näher gebracht wird;
an die Übertragung von Stücken der administrativen Zwangsvoll-
streckung an die Behörden und Beamten der civilprozessrechtlichen
Zwangsvollstreckung knüpft sich diese Wirkung von selbst.

Das Gesetz kann gewisse Vollstreckungsmassregeln auch für die
administrative Zwangsbeitreibung dem nach der Civilprozess-
ordnung zuständigen Vollstreckungsgericht
vorbehalten.
So ist es mehrfach vorgeschrieben für die Anordnung der Pfändung
und Überweisung von Forderungen; namentlich auch für die Zwangs-
vollstreckung in Liegenschaften11. Das Gericht fasst alsdann seinen
Beschluss in den Formen und mit der Wirkung, wie die Civilprozess-
ordnung sie giebt; die Verwaltungsbehörde steht vor ihm wie ein
gewöhnlicher Antragsteller, wenn auch die Äusserlichkeiten des be-
hördlichen Verkehrs dabei gewahrt werden. Aber die Voraussetzungen
des Beschlusses sind die der administrativen Zwangsbeitreibung: also
ein zu vollstreckender Verwaltungsakt oder eine unmittelbar auf Ge-
setz beruhende öffentlichrechtliche Zahlungspflicht. Im letzteren Falle
genügt eine Aufstellung des Schuldpostens, wie sie die Behörde für

10 Sächs. Ges. 7. März 1879 § 6: "Die in § 678 Abs. 3, 681, 698, 723, 724
726 der C.Pr.O. dem Vollstreckungsgerichte vorbehaltenen Entschliessungen stehen,
wenn die Zwangsvollstreckung durch den Vollstreckungsbeamten einer Verwaltungs-
behörde erfolgt, der letzteren zu". Württemb. Ges. v. 18. Aug. 1879 Art. 6,
Art. 13; Preuss. Verord. 7. September 1879 § 3, 4, 7, 38 ff.; Bad. Verord. 3. Nov.
1879 § 2.
11 Sächs. Ges. 7. März 1878 § 9; Bad. Verord. 3. Nov. 1879 § 31, 33. Preuss.
Verordnung 7. Sept. 1879 überlässt die Pfändung von Forderungen der Verfügung
der Vollstreckungsbehörde (§ 42), die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche
Vermögen dem Civilgericht (§ 5). Ebenso Württemb. Ges. 18. Aug. 1879 Art. 3
u. 10. Bayr. Ausf.Ges. v. 23. Febr. 1879 Art. 7 verweist wegen aller Vollstreckungs-
beschlüsse an das Gericht.

Die Finanzgewalt.
regeln und die Entscheidungen über Widersprüche des angegriffenen
Teils. Der Gezwungene findet sich hier überall nur der öffentlichen
Gewalt gegenüber, die in verschiedenen Zuständigkeiten auftritt10.
Zu besserer Sicherung des Rechtsschutzes wird für solche Zwischen-
streitigkeiten die Form der Verwaltungsrechtspflege und der Weg vor
selbständige Verwaltungsgerichte eröffnet sein. Das Wesen des ganzen
Verhältnisses ändert sich dadurch nicht.

5. Gegenüber diesen Grundzügen des Verfahrens können ab-
weichende Ordnungen geschaffen sein, durch welche die Stellung der
leitenden Verwaltungsbehörde der einer betreibenden Privat-
partei
nach dem Vorbild des Civilprozesses näher gebracht wird;
an die Übertragung von Stücken der administrativen Zwangsvoll-
streckung an die Behörden und Beamten der civilprozeſsrechtlichen
Zwangsvollstreckung knüpft sich diese Wirkung von selbst.

Das Gesetz kann gewisse Vollstreckungsmaſsregeln auch für die
administrative Zwangsbeitreibung dem nach der Civilprozeſs-
ordnung zuständigen Vollstreckungsgericht
vorbehalten.
So ist es mehrfach vorgeschrieben für die Anordnung der Pfändung
und Überweisung von Forderungen; namentlich auch für die Zwangs-
vollstreckung in Liegenschaften11. Das Gericht faſst alsdann seinen
Beschluſs in den Formen und mit der Wirkung, wie die Civilprozeſs-
ordnung sie giebt; die Verwaltungsbehörde steht vor ihm wie ein
gewöhnlicher Antragsteller, wenn auch die Äuſserlichkeiten des be-
hördlichen Verkehrs dabei gewahrt werden. Aber die Voraussetzungen
des Beschlusses sind die der administrativen Zwangsbeitreibung: also
ein zu vollstreckender Verwaltungsakt oder eine unmittelbar auf Ge-
setz beruhende öffentlichrechtliche Zahlungspflicht. Im letzteren Falle
genügt eine Aufstellung des Schuldpostens, wie sie die Behörde für

10 Sächs. Ges. 7. März 1879 § 6: „Die in § 678 Abs. 3, 681, 698, 723, 724
726 der C.Pr.O. dem Vollstreckungsgerichte vorbehaltenen Entschlieſsungen stehen,
wenn die Zwangsvollstreckung durch den Vollstreckungsbeamten einer Verwaltungs-
behörde erfolgt, der letzteren zu“. Württemb. Ges. v. 18. Aug. 1879 Art. 6,
Art. 13; Preuſs. Verord. 7. September 1879 § 3, 4, 7, 38 ff.; Bad. Verord. 3. Nov.
1879 § 2.
11 Sächs. Ges. 7. März 1878 § 9; Bad. Verord. 3. Nov. 1879 § 31, 33. Preuſs.
Verordnung 7. Sept. 1879 überläſst die Pfändung von Forderungen der Verfügung
der Vollstreckungsbehörde (§ 42), die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche
Vermögen dem Civilgericht (§ 5). Ebenso Württemb. Ges. 18. Aug. 1879 Art. 3
u. 10. Bayr. Ausf.Ges. v. 23. Febr. 1879 Art. 7 verweist wegen aller Vollstreckungs-
beschlüsse an das Gericht.
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[480/0500] Die Finanzgewalt. regeln und die Entscheidungen über Widersprüche des angegriffenen Teils. Der Gezwungene findet sich hier überall nur der öffentlichen Gewalt gegenüber, die in verschiedenen Zuständigkeiten auftritt 10. Zu besserer Sicherung des Rechtsschutzes wird für solche Zwischen- streitigkeiten die Form der Verwaltungsrechtspflege und der Weg vor selbständige Verwaltungsgerichte eröffnet sein. Das Wesen des ganzen Verhältnisses ändert sich dadurch nicht. 5. Gegenüber diesen Grundzügen des Verfahrens können ab- weichende Ordnungen geschaffen sein, durch welche die Stellung der leitenden Verwaltungsbehörde der einer betreibenden Privat- partei nach dem Vorbild des Civilprozesses näher gebracht wird; an die Übertragung von Stücken der administrativen Zwangsvoll- streckung an die Behörden und Beamten der civilprozeſsrechtlichen Zwangsvollstreckung knüpft sich diese Wirkung von selbst. Das Gesetz kann gewisse Vollstreckungsmaſsregeln auch für die administrative Zwangsbeitreibung dem nach der Civilprozeſs- ordnung zuständigen Vollstreckungsgericht vorbehalten. So ist es mehrfach vorgeschrieben für die Anordnung der Pfändung und Überweisung von Forderungen; namentlich auch für die Zwangs- vollstreckung in Liegenschaften 11. Das Gericht faſst alsdann seinen Beschluſs in den Formen und mit der Wirkung, wie die Civilprozeſs- ordnung sie giebt; die Verwaltungsbehörde steht vor ihm wie ein gewöhnlicher Antragsteller, wenn auch die Äuſserlichkeiten des be- hördlichen Verkehrs dabei gewahrt werden. Aber die Voraussetzungen des Beschlusses sind die der administrativen Zwangsbeitreibung: also ein zu vollstreckender Verwaltungsakt oder eine unmittelbar auf Ge- setz beruhende öffentlichrechtliche Zahlungspflicht. Im letzteren Falle genügt eine Aufstellung des Schuldpostens, wie sie die Behörde für 10 Sächs. Ges. 7. März 1879 § 6: „Die in § 678 Abs. 3, 681, 698, 723, 724 726 der C.Pr.O. dem Vollstreckungsgerichte vorbehaltenen Entschlieſsungen stehen, wenn die Zwangsvollstreckung durch den Vollstreckungsbeamten einer Verwaltungs- behörde erfolgt, der letzteren zu“. Württemb. Ges. v. 18. Aug. 1879 Art. 6, Art. 13; Preuſs. Verord. 7. September 1879 § 3, 4, 7, 38 ff.; Bad. Verord. 3. Nov. 1879 § 2. 11 Sächs. Ges. 7. März 1878 § 9; Bad. Verord. 3. Nov. 1879 § 31, 33. Preuſs. Verordnung 7. Sept. 1879 überläſst die Pfändung von Forderungen der Verfügung der Vollstreckungsbehörde (§ 42), die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen dem Civilgericht (§ 5). Ebenso Württemb. Ges. 18. Aug. 1879 Art. 3 u. 10. Bayr. Ausf.Ges. v. 23. Febr. 1879 Art. 7 verweist wegen aller Vollstreckungs- beschlüsse an das Gericht.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895, S. 480. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht01_1895/500>, abgerufen am 23.12.2024.