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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895.

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Die Finanzgewalt.

3. Als natürliche Zwangsmittel für den Befehl haben wir die
Ersatzvornahme und die einfache Gewaltanwendung kennen gelernt
(oben § 23). Dem entspricht für die Erzwingung einer Geldzahlung
die obrigkeitliche Wegnahme des entsprechenden Vermögenswertes
aus dem Vermögen des Schuldners, in Geld oder Geldeswert, die
Pfändung also in allen ihren Formen. Die Pfändung ist die ein-
fache Durchführung des Anspruchs, sie thut nichts hinzu, sie vollzieht
nur. Sobald eine öffentlichrechtliche Forderung geltend zu machen
ist, steht also der Verwaltung die Pfändung des Schuldners von selbst
zu; es bedarf hierzu keiner weiteren gesetzlichen Grundlage. Nicht
selbstverständlich sind Zwangsmittel, welche nur auf Umwegen das
Ziel erreichen, den Schuldner an irgend einem anderen Punkte treffen,
um einen Druck zu üben. So ist die Ungehorsamsstrafe für den Be-
fehl als Zwangsmittel nur zulässig, soweit eine gesetzliche Grundlage
dafür besteht. Ähnlichen indirekten Zwang verwendete nament-
lich im älteren Rechte auch die administrative Zwangsbeitreibung.
Das Militär half aus für die Steuereintreibung. Mancherlei andere
Formen des Einlegers haben sich länger gehalten, wie das Institut
der "Presser" des württembergischen Rechts, der garnisaires des
französischen Rechts. Dazu bedürfte es jetzt überall besonderer gesetz-
licher Grundlage.

Die neuere Gesetzgebung hat die Art und Form der anzuwenden-
den Zwangsmittel allenthalben ausdrücklich geordnet, wobei die Civil-
prozessordnung das Muster gab. Es darf nicht vergessen werden,
dass jene natürliche Rechtsgrundlage immer noch dahinter steht und
imstande ist, etwaige Lücken auszufüllen.

4. Das administrative Zwangsbeitreibungsverfahren, so sehr es
dem civilprozessrechtlichen nachgebildet wird, erhält seine wesentliche
Eigenart durch die ganz anders bestimmte Stellung der Beteiligten.

fügt. Sächs. Ges. v. 7. März 1879 § 2 u. 3 verlangt nur einen "Auftrag" an den
Gerichtsvollzieher und die Zwangsvollstreckung erfolgt auf Grund einer amtlichen
Ausfertigung dieser Verfügung. -- Postges. v. 28. Okt. 1871 § 25 bestimmt: "Die
Postanstalten sind berechtigt, unbezahlt gebliebene Beträge von Personengeld, Porto
und Gebühren nach den für die Beitreibung öffentlicher Abgaben bestehenden
Vorschriften exekutorisch einziehen zu lassen". Dambach, Ges. über das Post-
wesen S. 126, bemerkt dazu: "der § 25 enthält eine Ausnahme von der allgemeinen
Rechtsregel, dass Forderungen erst dann im Wege der Zwangsvollstreckung bei-
getrieben werden dürfen, wenn sie durch richterliches Erkenntnis oder einen
sonstigen s. g. vollstreckbaren Titel festgestellt sind". Eine Ausnahme ist das
aber nur, wenn man sich, wie Dambach thut, von vornherein unter die Regeln der
civilprozessrechtlichen Zwangsvollstreckung stellt, die ja allerdings ihren vollstreck-
baren Titel verlangt.
Die Finanzgewalt.

3. Als natürliche Zwangsmittel für den Befehl haben wir die
Ersatzvornahme und die einfache Gewaltanwendung kennen gelernt
(oben § 23). Dem entspricht für die Erzwingung einer Geldzahlung
die obrigkeitliche Wegnahme des entsprechenden Vermögenswertes
aus dem Vermögen des Schuldners, in Geld oder Geldeswert, die
Pfändung also in allen ihren Formen. Die Pfändung ist die ein-
fache Durchführung des Anspruchs, sie thut nichts hinzu, sie vollzieht
nur. Sobald eine öffentlichrechtliche Forderung geltend zu machen
ist, steht also der Verwaltung die Pfändung des Schuldners von selbst
zu; es bedarf hierzu keiner weiteren gesetzlichen Grundlage. Nicht
selbstverständlich sind Zwangsmittel, welche nur auf Umwegen das
Ziel erreichen, den Schuldner an irgend einem anderen Punkte treffen,
um einen Druck zu üben. So ist die Ungehorsamsstrafe für den Be-
fehl als Zwangsmittel nur zulässig, soweit eine gesetzliche Grundlage
dafür besteht. Ähnlichen indirekten Zwang verwendete nament-
lich im älteren Rechte auch die administrative Zwangsbeitreibung.
Das Militär half aus für die Steuereintreibung. Mancherlei andere
Formen des Einlegers haben sich länger gehalten, wie das Institut
der „Presser“ des württembergischen Rechts, der garnisaires des
französischen Rechts. Dazu bedürfte es jetzt überall besonderer gesetz-
licher Grundlage.

Die neuere Gesetzgebung hat die Art und Form der anzuwenden-
den Zwangsmittel allenthalben ausdrücklich geordnet, wobei die Civil-
prozeſsordnung das Muster gab. Es darf nicht vergessen werden,
daſs jene natürliche Rechtsgrundlage immer noch dahinter steht und
imstande ist, etwaige Lücken auszufüllen.

4. Das administrative Zwangsbeitreibungsverfahren, so sehr es
dem civilprozeſsrechtlichen nachgebildet wird, erhält seine wesentliche
Eigenart durch die ganz anders bestimmte Stellung der Beteiligten.

fügt. Sächs. Ges. v. 7. März 1879 § 2 u. 3 verlangt nur einen „Auftrag“ an den
Gerichtsvollzieher und die Zwangsvollstreckung erfolgt auf Grund einer amtlichen
Ausfertigung dieser Verfügung. — Postges. v. 28. Okt. 1871 § 25 bestimmt: „Die
Postanstalten sind berechtigt, unbezahlt gebliebene Beträge von Personengeld, Porto
und Gebühren nach den für die Beitreibung öffentlicher Abgaben bestehenden
Vorschriften exekutorisch einziehen zu lassen“. Dambach, Ges. über das Post-
wesen S. 126, bemerkt dazu: „der § 25 enthält eine Ausnahme von der allgemeinen
Rechtsregel, daſs Forderungen erst dann im Wege der Zwangsvollstreckung bei-
getrieben werden dürfen, wenn sie durch richterliches Erkenntnis oder einen
sonstigen s. g. vollstreckbaren Titel festgestellt sind“. Eine Ausnahme ist das
aber nur, wenn man sich, wie Dambach thut, von vornherein unter die Regeln der
civilprozeſsrechtlichen Zwangsvollstreckung stellt, die ja allerdings ihren vollstreck-
baren Titel verlangt.
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[478/0498] Die Finanzgewalt. 3. Als natürliche Zwangsmittel für den Befehl haben wir die Ersatzvornahme und die einfache Gewaltanwendung kennen gelernt (oben § 23). Dem entspricht für die Erzwingung einer Geldzahlung die obrigkeitliche Wegnahme des entsprechenden Vermögenswertes aus dem Vermögen des Schuldners, in Geld oder Geldeswert, die Pfändung also in allen ihren Formen. Die Pfändung ist die ein- fache Durchführung des Anspruchs, sie thut nichts hinzu, sie vollzieht nur. Sobald eine öffentlichrechtliche Forderung geltend zu machen ist, steht also der Verwaltung die Pfändung des Schuldners von selbst zu; es bedarf hierzu keiner weiteren gesetzlichen Grundlage. Nicht selbstverständlich sind Zwangsmittel, welche nur auf Umwegen das Ziel erreichen, den Schuldner an irgend einem anderen Punkte treffen, um einen Druck zu üben. So ist die Ungehorsamsstrafe für den Be- fehl als Zwangsmittel nur zulässig, soweit eine gesetzliche Grundlage dafür besteht. Ähnlichen indirekten Zwang verwendete nament- lich im älteren Rechte auch die administrative Zwangsbeitreibung. Das Militär half aus für die Steuereintreibung. Mancherlei andere Formen des Einlegers haben sich länger gehalten, wie das Institut der „Presser“ des württembergischen Rechts, der garnisaires des französischen Rechts. Dazu bedürfte es jetzt überall besonderer gesetz- licher Grundlage. Die neuere Gesetzgebung hat die Art und Form der anzuwenden- den Zwangsmittel allenthalben ausdrücklich geordnet, wobei die Civil- prozeſsordnung das Muster gab. Es darf nicht vergessen werden, daſs jene natürliche Rechtsgrundlage immer noch dahinter steht und imstande ist, etwaige Lücken auszufüllen. 4. Das administrative Zwangsbeitreibungsverfahren, so sehr es dem civilprozeſsrechtlichen nachgebildet wird, erhält seine wesentliche Eigenart durch die ganz anders bestimmte Stellung der Beteiligten. 8 8 fügt. Sächs. Ges. v. 7. März 1879 § 2 u. 3 verlangt nur einen „Auftrag“ an den Gerichtsvollzieher und die Zwangsvollstreckung erfolgt auf Grund einer amtlichen Ausfertigung dieser Verfügung. — Postges. v. 28. Okt. 1871 § 25 bestimmt: „Die Postanstalten sind berechtigt, unbezahlt gebliebene Beträge von Personengeld, Porto und Gebühren nach den für die Beitreibung öffentlicher Abgaben bestehenden Vorschriften exekutorisch einziehen zu lassen“. Dambach, Ges. über das Post- wesen S. 126, bemerkt dazu: „der § 25 enthält eine Ausnahme von der allgemeinen Rechtsregel, daſs Forderungen erst dann im Wege der Zwangsvollstreckung bei- getrieben werden dürfen, wenn sie durch richterliches Erkenntnis oder einen sonstigen s. g. vollstreckbaren Titel festgestellt sind“. Eine Ausnahme ist das aber nur, wenn man sich, wie Dambach thut, von vornherein unter die Regeln der civilprozeſsrechtlichen Zwangsvollstreckung stellt, die ja allerdings ihren vollstreck- baren Titel verlangt.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895, S. 478. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht01_1895/498>, abgerufen am 23.12.2024.