geübt werden sollen, oder auch die "näheren Bestimmungen" zu geben über das dabei zu beobachtende "Verfahren". Damit wird angeknüpft an die dem Bundesrat nach Reichs-Verf. Art. 7 Ziff. 2 zustehende Befugnis, zu beschliessen über die "zur Ausführung der Reichsgesetze erforderlichen Verwaltungsvorschriften und Einrichtungen". Diese Verwaltungsvorschriften enthalten wesentlich allgemeine Dienst- anweisungen an die zur Ausführung der Reichsgesetze berufenen Beamten; sie werden demgemäss in dem für den dienstlichen Ge- brauch der Beamten bestimmten Amtsblatte veröffentlicht.
Wenn nun gemäss jener Klauseln der Reichsgesetze die kraft der Überwachungsgewalt zu erlassenden Finanzbefehle, samt den zu- gehörigen Dienstbefehlen auf den gleichen Weg verwiesen werden, so bedeutet das ein Dreifaches:
einmal die ausschliessliche Zuständigkeit des Bundesrates zum Erlasse dieser Befehle;
zweitens, dass diese Befehle gemeinsam für alle Beteiligten in Generalverfügungen erlassen werden sollen, wie Dienstvorschriften;
endlich wird dadurch die ordentliche Veröffentlichungsweise von Verwaltungsvorschriften des Bundesrates, die gewöhnlich nur für Dienstanweisungen Verwendung findet, von selbst zum Mittel binden- der Kundgabe dieser Finanzbefehle.
Das Letztere ist vielleicht nicht sehr zweckmässig, um so un- mittelbar zu wirken; es wird den Beteiligten ein grosses Entgegen- kommen und allzuviel Erkundigungspflicht zugemutet. Thatsächlich wird ja auch durch sonstige Bekanntgabe nachgeholfen. Jedenfalls ist rechtlich die Form unanfechtbar, -- so unanfechtbar wie die Ver- kündung von Dienstvorschriften in den Amtsblättern.
III. Die Polizeierlaubnis hat hier ihr Gegenstück in der Auf- hebung des allgemein erlassenen Finanzbefehls für den Einzelfall. Wir mögen sie die Finanzerlaubnis nennen. Der Name Fi- nanzgestattung wäre vielleicht zutreffender, wenn er mit der gleichen Bestimmtheit den Gedanken einer Ausnahme von der Regel wiedergäbe. Denn zum Unterschied vom Polizeirechte finden sich hier nicht mit so ausgeprägter Einseitigkeit nur Entbindungen vom Ver- bote; vielmehr begegnen uns fast ebenso häufig Gewährungen von Ausnahmen gegenüber allgemeinen Finanzgeboten.
Ausserdem hat hier die Erlaubnis oder Gestattung die Eigen- tümlichkeit, dass sie zweierlei Arten von allgemeinen Finanz- befehlen gegenüber steht; je nachdem wird sie einer verschiedenen rechtlichen Beurteilung unterliegen.
§ 30. Der Finanzbefehl.
geübt werden sollen, oder auch die „näheren Bestimmungen“ zu geben über das dabei zu beobachtende „Verfahren“. Damit wird angeknüpft an die dem Bundesrat nach Reichs-Verf. Art. 7 Ziff. 2 zustehende Befugnis, zu beschlieſsen über die „zur Ausführung der Reichsgesetze erforderlichen Verwaltungsvorschriften und Einrichtungen“. Diese Verwaltungsvorschriften enthalten wesentlich allgemeine Dienst- anweisungen an die zur Ausführung der Reichsgesetze berufenen Beamten; sie werden demgemäſs in dem für den dienstlichen Ge- brauch der Beamten bestimmten Amtsblatte veröffentlicht.
Wenn nun gemäſs jener Klauseln der Reichsgesetze die kraft der Überwachungsgewalt zu erlassenden Finanzbefehle, samt den zu- gehörigen Dienstbefehlen auf den gleichen Weg verwiesen werden, so bedeutet das ein Dreifaches:
einmal die ausschlieſsliche Zuständigkeit des Bundesrates zum Erlasse dieser Befehle;
zweitens, daſs diese Befehle gemeinsam für alle Beteiligten in Generalverfügungen erlassen werden sollen, wie Dienstvorschriften;
endlich wird dadurch die ordentliche Veröffentlichungsweise von Verwaltungsvorschriften des Bundesrates, die gewöhnlich nur für Dienstanweisungen Verwendung findet, von selbst zum Mittel binden- der Kundgabe dieser Finanzbefehle.
Das Letztere ist vielleicht nicht sehr zweckmäſsig, um so un- mittelbar zu wirken; es wird den Beteiligten ein groſses Entgegen- kommen und allzuviel Erkundigungspflicht zugemutet. Thatsächlich wird ja auch durch sonstige Bekanntgabe nachgeholfen. Jedenfalls ist rechtlich die Form unanfechtbar, — so unanfechtbar wie die Ver- kündung von Dienstvorschriften in den Amtsblättern.
III. Die Polizeierlaubnis hat hier ihr Gegenstück in der Auf- hebung des allgemein erlassenen Finanzbefehls für den Einzelfall. Wir mögen sie die Finanzerlaubnis nennen. Der Name Fi- nanzgestattung wäre vielleicht zutreffender, wenn er mit der gleichen Bestimmtheit den Gedanken einer Ausnahme von der Regel wiedergäbe. Denn zum Unterschied vom Polizeirechte finden sich hier nicht mit so ausgeprägter Einseitigkeit nur Entbindungen vom Ver- bote; vielmehr begegnen uns fast ebenso häufig Gewährungen von Ausnahmen gegenüber allgemeinen Finanzgeboten.
Auſserdem hat hier die Erlaubnis oder Gestattung die Eigen- tümlichkeit, daſs sie zweierlei Arten von allgemeinen Finanz- befehlen gegenüber steht; je nachdem wird sie einer verschiedenen rechtlichen Beurteilung unterliegen.
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§ 30. Der Finanzbefehl.
geübt werden sollen, oder auch die „näheren Bestimmungen“ zu geben
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an die dem Bundesrat nach Reichs-Verf. Art. 7 Ziff. 2 zustehende
Befugnis, zu beschlieſsen über die „zur Ausführung der Reichsgesetze
erforderlichen Verwaltungsvorschriften und Einrichtungen“. Diese
Verwaltungsvorschriften enthalten wesentlich allgemeine Dienst-
anweisungen an die zur Ausführung der Reichsgesetze berufenen
Beamten; sie werden demgemäſs in dem für den dienstlichen Ge-
brauch der Beamten bestimmten Amtsblatte veröffentlicht.
Wenn nun gemäſs jener Klauseln der Reichsgesetze die kraft der
Überwachungsgewalt zu erlassenden Finanzbefehle, samt den zu-
gehörigen Dienstbefehlen auf den gleichen Weg verwiesen werden, so
bedeutet das ein Dreifaches:
einmal die ausschlieſsliche Zuständigkeit des Bundesrates zum
Erlasse dieser Befehle;
zweitens, daſs diese Befehle gemeinsam für alle Beteiligten in
Generalverfügungen erlassen werden sollen, wie Dienstvorschriften;
endlich wird dadurch die ordentliche Veröffentlichungsweise von
Verwaltungsvorschriften des Bundesrates, die gewöhnlich nur für
Dienstanweisungen Verwendung findet, von selbst zum Mittel binden-
der Kundgabe dieser Finanzbefehle.
Das Letztere ist vielleicht nicht sehr zweckmäſsig, um so un-
mittelbar zu wirken; es wird den Beteiligten ein groſses Entgegen-
kommen und allzuviel Erkundigungspflicht zugemutet. Thatsächlich
wird ja auch durch sonstige Bekanntgabe nachgeholfen. Jedenfalls ist
rechtlich die Form unanfechtbar, — so unanfechtbar wie die Ver-
kündung von Dienstvorschriften in den Amtsblättern.
III. Die Polizeierlaubnis hat hier ihr Gegenstück in der Auf-
hebung des allgemein erlassenen Finanzbefehls für den Einzelfall.
Wir mögen sie die Finanzerlaubnis nennen. Der Name Fi-
nanzgestattung wäre vielleicht zutreffender, wenn er mit der
gleichen Bestimmtheit den Gedanken einer Ausnahme von der Regel
wiedergäbe. Denn zum Unterschied vom Polizeirechte finden sich hier
nicht mit so ausgeprägter Einseitigkeit nur Entbindungen vom Ver-
bote; vielmehr begegnen uns fast ebenso häufig Gewährungen von
Ausnahmen gegenüber allgemeinen Finanzgeboten.
Auſserdem hat hier die Erlaubnis oder Gestattung die Eigen-
tümlichkeit, daſs sie zweierlei Arten von allgemeinen Finanz-
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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht01_1895/465>, abgerufen am 22.07.2024.
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