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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895.

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§ 28. Die abgeschwächte Steuerpflicht.
Ware im Inland verbleibt oder weil sie untergegangen ist, gleichviel,
so ist die Bedingung erfüllt und die Steuer zu entrichten nach dem
Tarif der Einfuhrzeit21.

Wesentlich anders gestaltet ist eine Art von Rückgängigwerden
einer entstandenen Steuerpflicht, welche das Tabaksteuergesetz regelt.
Die Steuerpflicht entsteht hier mit der Verwiegung, wird aber gestundet
bis zur Veräusserung, beziehungsweise einem späteren festen Ter-
min. Der Pflichtige kann nun gemäss § 17 des Gesetzes die Ware
nach der Verwiegung in eine Niederlage für unverzollte Waren bringen.
Damit wird seine Steuerpflicht rückgängig für einen der eingelegten
Gewichtsmenge entsprechenden Betrag. An ihre Stelle tritt zunächst
eine schwebende Steuerpflicht, die möglicherweise durch Ausfuhr gänz-
lich verschwinden kann, möglicherweise durch Entnahme aus der
Niederlage zum freien Verkehr in eine neue Steuerpflicht übergeht,
die von der ursprünglichen, durch die Einlagerung erloschenen un-
abhängig ist22.

Die Steuerpflicht des Tabakpflanzers ist also bei ihrer Entstehung
vom Gesetz mit einer auflösenden Bedingung versehen, deren Er-

21 Bundesratsbeschluss v. 29. Mai 1877, Centr.Bl. 1888 n. 31 Beil. (S. 493).
Der Zollanspruch wird beim Eingang zur Veredelung "vorgemerkt". Mit Erfüllung
der aufschiebenden Bedingung wird diese Vormerkung von selbst zum Schuldposten
des Zollpflichtigen. Die Zollpflicht mit auflösender Bedingung und Stundung da-
gegen wird in den Büchern sofort als Schuldposten erscheinen mit Vorbehalt der
Tilgung. -- Wenn also z. B. eine Ware auf das Kontenlager geht, so wird der
Inhaber desselben mit dem Zollbetrage belastet, geht sie aus dem Lager wieder
ohne Verzollung zur Veredelung, so wird der Zollbetrag auf dem Konto ab-
geschrieben und der Empfänger mit einer Vormerkung der Zollpflicht belastet: der
Zoll ist aus der auflösenden Bedingung in die aufschiebende Bedingung über-
gegangen (Kontenregulativ v. 8. Juni/15. Dez. 1877 § 21; Centr.Bl. 1887 S. 591).
-- Eine andere Reihe von Buchungen ergiebt sich beim Übergang von schwebender
Zollpflicht in bedingte: bei der Aufnahme in die öffentliche Niederlage wird die
Ware -- nicht der geschuldete Zoll, denn eine Zollpflicht ist nicht da -- in das
Niederlageregister eingetragen, wegen der Haftung des Niederlegers für die Ge-
stellung. Bei Herausnahme zum Veredelungsverkehr wird dieser Eintrag gelöscht,
an Stelle der Haftung tritt eine aufschiebend bedingte Zollpflicht, welche vor-
gemerkt wird. Mit Erfüllung der Bedingung durch Ablauf der Frist wird alsdann
diese Zollpflicht wirksam vom Tage der bedingten Entstehung und als fälliger
Schuldposten eingetragen.
22 G. Meyer, V.R. S. 360, will bei Aufnahme des Tabaks in eine zollfreie
Niederlage nur "eine Hinausschiebung des Fälligkeitstermins" eintreten lassen.
Was wirklich geschieht, ist etwas viel einschneidenderes, eine Umgestaltung der
Steuerpflicht. Das Gesetz sagt ausdrücklich: die Verpflichtung zur Entrichtung der
bei der Verwiegung festgestellten Steuer erlischt.
Binding, Handbuch. VI. 1: Otto Mayer, Verwaltungsr. I. 27

§ 28. Die abgeschwächte Steuerpflicht.
Ware im Inland verbleibt oder weil sie untergegangen ist, gleichviel,
so ist die Bedingung erfüllt und die Steuer zu entrichten nach dem
Tarif der Einfuhrzeit21.

Wesentlich anders gestaltet ist eine Art von Rückgängigwerden
einer entstandenen Steuerpflicht, welche das Tabaksteuergesetz regelt.
Die Steuerpflicht entsteht hier mit der Verwiegung, wird aber gestundet
bis zur Veräuſserung, beziehungsweise einem späteren festen Ter-
min. Der Pflichtige kann nun gemäſs § 17 des Gesetzes die Ware
nach der Verwiegung in eine Niederlage für unverzollte Waren bringen.
Damit wird seine Steuerpflicht rückgängig für einen der eingelegten
Gewichtsmenge entsprechenden Betrag. An ihre Stelle tritt zunächst
eine schwebende Steuerpflicht, die möglicherweise durch Ausfuhr gänz-
lich verschwinden kann, möglicherweise durch Entnahme aus der
Niederlage zum freien Verkehr in eine neue Steuerpflicht übergeht,
die von der ursprünglichen, durch die Einlagerung erloschenen un-
abhängig ist22.

Die Steuerpflicht des Tabakpflanzers ist also bei ihrer Entstehung
vom Gesetz mit einer auflösenden Bedingung versehen, deren Er-

21 Bundesratsbeschluſs v. 29. Mai 1877, Centr.Bl. 1888 n. 31 Beil. (S. 493).
Der Zollanspruch wird beim Eingang zur Veredelung „vorgemerkt“. Mit Erfüllung
der aufschiebenden Bedingung wird diese Vormerkung von selbst zum Schuldposten
des Zollpflichtigen. Die Zollpflicht mit auflösender Bedingung und Stundung da-
gegen wird in den Büchern sofort als Schuldposten erscheinen mit Vorbehalt der
Tilgung. — Wenn also z. B. eine Ware auf das Kontenlager geht, so wird der
Inhaber desselben mit dem Zollbetrage belastet, geht sie aus dem Lager wieder
ohne Verzollung zur Veredelung, so wird der Zollbetrag auf dem Konto ab-
geschrieben und der Empfänger mit einer Vormerkung der Zollpflicht belastet: der
Zoll ist aus der auflösenden Bedingung in die aufschiebende Bedingung über-
gegangen (Kontenregulativ v. 8. Juni/15. Dez. 1877 § 21; Centr.Bl. 1887 S. 591).
— Eine andere Reihe von Buchungen ergiebt sich beim Übergang von schwebender
Zollpflicht in bedingte: bei der Aufnahme in die öffentliche Niederlage wird die
Ware — nicht der geschuldete Zoll, denn eine Zollpflicht ist nicht da — in das
Niederlageregister eingetragen, wegen der Haftung des Niederlegers für die Ge-
stellung. Bei Herausnahme zum Veredelungsverkehr wird dieser Eintrag gelöscht,
an Stelle der Haftung tritt eine aufschiebend bedingte Zollpflicht, welche vor-
gemerkt wird. Mit Erfüllung der Bedingung durch Ablauf der Frist wird alsdann
diese Zollpflicht wirksam vom Tage der bedingten Entstehung und als fälliger
Schuldposten eingetragen.
22 G. Meyer, V.R. S. 360, will bei Aufnahme des Tabaks in eine zollfreie
Niederlage nur „eine Hinausschiebung des Fälligkeitstermins“ eintreten lassen.
Was wirklich geschieht, ist etwas viel einschneidenderes, eine Umgestaltung der
Steuerpflicht. Das Gesetz sagt ausdrücklich: die Verpflichtung zur Entrichtung der
bei der Verwiegung festgestellten Steuer erlischt.
Binding, Handbuch. VI. 1: Otto Mayer, Verwaltungsr. I. 27
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[417/0437] § 28. Die abgeschwächte Steuerpflicht. Ware im Inland verbleibt oder weil sie untergegangen ist, gleichviel, so ist die Bedingung erfüllt und die Steuer zu entrichten nach dem Tarif der Einfuhrzeit 21. Wesentlich anders gestaltet ist eine Art von Rückgängigwerden einer entstandenen Steuerpflicht, welche das Tabaksteuergesetz regelt. Die Steuerpflicht entsteht hier mit der Verwiegung, wird aber gestundet bis zur Veräuſserung, beziehungsweise einem späteren festen Ter- min. Der Pflichtige kann nun gemäſs § 17 des Gesetzes die Ware nach der Verwiegung in eine Niederlage für unverzollte Waren bringen. Damit wird seine Steuerpflicht rückgängig für einen der eingelegten Gewichtsmenge entsprechenden Betrag. An ihre Stelle tritt zunächst eine schwebende Steuerpflicht, die möglicherweise durch Ausfuhr gänz- lich verschwinden kann, möglicherweise durch Entnahme aus der Niederlage zum freien Verkehr in eine neue Steuerpflicht übergeht, die von der ursprünglichen, durch die Einlagerung erloschenen un- abhängig ist 22. Die Steuerpflicht des Tabakpflanzers ist also bei ihrer Entstehung vom Gesetz mit einer auflösenden Bedingung versehen, deren Er- 21 Bundesratsbeschluſs v. 29. Mai 1877, Centr.Bl. 1888 n. 31 Beil. (S. 493). Der Zollanspruch wird beim Eingang zur Veredelung „vorgemerkt“. Mit Erfüllung der aufschiebenden Bedingung wird diese Vormerkung von selbst zum Schuldposten des Zollpflichtigen. Die Zollpflicht mit auflösender Bedingung und Stundung da- gegen wird in den Büchern sofort als Schuldposten erscheinen mit Vorbehalt der Tilgung. — Wenn also z. B. eine Ware auf das Kontenlager geht, so wird der Inhaber desselben mit dem Zollbetrage belastet, geht sie aus dem Lager wieder ohne Verzollung zur Veredelung, so wird der Zollbetrag auf dem Konto ab- geschrieben und der Empfänger mit einer Vormerkung der Zollpflicht belastet: der Zoll ist aus der auflösenden Bedingung in die aufschiebende Bedingung über- gegangen (Kontenregulativ v. 8. Juni/15. Dez. 1877 § 21; Centr.Bl. 1887 S. 591). — Eine andere Reihe von Buchungen ergiebt sich beim Übergang von schwebender Zollpflicht in bedingte: bei der Aufnahme in die öffentliche Niederlage wird die Ware — nicht der geschuldete Zoll, denn eine Zollpflicht ist nicht da — in das Niederlageregister eingetragen, wegen der Haftung des Niederlegers für die Ge- stellung. Bei Herausnahme zum Veredelungsverkehr wird dieser Eintrag gelöscht, an Stelle der Haftung tritt eine aufschiebend bedingte Zollpflicht, welche vor- gemerkt wird. Mit Erfüllung der Bedingung durch Ablauf der Frist wird alsdann diese Zollpflicht wirksam vom Tage der bedingten Entstehung und als fälliger Schuldposten eingetragen. 22 G. Meyer, V.R. S. 360, will bei Aufnahme des Tabaks in eine zollfreie Niederlage nur „eine Hinausschiebung des Fälligkeitstermins“ eintreten lassen. Was wirklich geschieht, ist etwas viel einschneidenderes, eine Umgestaltung der Steuerpflicht. Das Gesetz sagt ausdrücklich: die Verpflichtung zur Entrichtung der bei der Verwiegung festgestellten Steuer erlischt. Binding, Handbuch. VI. 1: Otto Mayer, Verwaltungsr. I. 27

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht01_1895/437>, abgerufen am 04.12.2024.