Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895.Die Polizeigewalt. gangen wäre, geeignet, als Gesetz im neuen Sinne übernommen zuwerden (oben § 10 n. 1), würde sie die erforderliche Grundlage jetzt noch abgeben können. Das geschichtlich Hergebrachte wirkte aber allerdings als Beweg- Das Gesetz bestimmt die Strafen der Art nach meist als Geld- Der alte Zusammenhang der Ungehorsamsstrafe mit der Amts- 7 So Preuss. L.V.G. § 132; Württemb. Ges. 12. Aug. 1879 Art. 2; Bad. Pol.Stf.G.B. Art. 31; Hess. V.Ges. v. 1874 Art. 80. Einschränkend Bayr. Pol.Stf.G.B. Art. 21, vgl. unten Note 17. Die pfälzischen Abgeordneten haben seiner Zeit in der bayrischen Kammer vom Standpunkte ihres Provinzialrechts aus die Zulassung der Ungehorsamsstrafe in E.G. zu Stf.G.B. v. 1861 Art. 28 leb- haft bekämpft (Risch bei Dollmann, Ges.Gebung III, III S. 146). Aus dem franz. Rechte ist nämlich seit der Revolution die Ungehorsamsstrafe verschwunden; die Bestimmung c. pen. Art. 471 § 15, die Loening, V.R. S. 252, unter den Gesetzen über die Exekutivstrafe anführt, enthält eine unzweifelhafte Polizei- strafe. 8 Abweichend Württemb. Ges. v. 27. Dez. 1871 Art. 2: Geldstrafe oder Haft; die Ungehorsamsstrafe hat hier überhaupt viel besonderes, und nähert sich der Polizeistrafe. -- Nach Sächs. Recht können die Behörden "sachgemässe Strafen" androhen, ohne dass Regeln bestünden über Art und Mass! Leuthold, Sächs. V.R. S. 376. 9 So folgern mit Recht Bingner u. Eisenlohr, Bad. Stf.R. S. 194. 10 Zusammenstellung bei G. Meyer in Wörterbuch II S. 800, 801. Ab-
weichend das neue württemb. Recht nach Ges. v. 12. Aug. 1879 Art. 2: es kommt nicht darauf an, wer befohlen hat, sondern wer die Strafe verhängt; die obere Be- hörde kann dem Ungehorsam gegen den Befehl der unteren mit einer höheren Strafe entgegentreten als diese selbst. Die Polizeigewalt. gangen wäre, geeignet, als Gesetz im neuen Sinne übernommen zuwerden (oben § 10 n. 1), würde sie die erforderliche Grundlage jetzt noch abgeben können. Das geschichtlich Hergebrachte wirkte aber allerdings als Beweg- Das Gesetz bestimmt die Strafen der Art nach meist als Geld- Der alte Zusammenhang der Ungehorsamsstrafe mit der Amts- 7 So Preuſs. L.V.G. § 132; Württemb. Ges. 12. Aug. 1879 Art. 2; Bad. Pol.Stf.G.B. Art. 31; Hess. V.Ges. v. 1874 Art. 80. Einschränkend Bayr. Pol.Stf.G.B. Art. 21, vgl. unten Note 17. Die pfälzischen Abgeordneten haben seiner Zeit in der bayrischen Kammer vom Standpunkte ihres Provinzialrechts aus die Zulassung der Ungehorsamsstrafe in E.G. zu Stf.G.B. v. 1861 Art. 28 leb- haft bekämpft (Risch bei Dollmann, Ges.Gebung III, III S. 146). Aus dem franz. Rechte ist nämlich seit der Revolution die Ungehorsamsstrafe verschwunden; die Bestimmung c. pén. Art. 471 § 15, die Loening, V.R. S. 252, unter den Gesetzen über die Exekutivstrafe anführt, enthält eine unzweifelhafte Polizei- strafe. 8 Abweichend Württemb. Ges. v. 27. Dez. 1871 Art. 2: Geldstrafe oder Haft; die Ungehorsamsstrafe hat hier überhaupt viel besonderes, und nähert sich der Polizeistrafe. — Nach Sächs. Recht können die Behörden „sachgemäſse Strafen“ androhen, ohne daſs Regeln bestünden über Art und Maſs! Leuthold, Sächs. V.R. S. 376. 9 So folgern mit Recht Bingner u. Eisenlohr, Bad. Stf.R. S. 194. 10 Zusammenstellung bei G. Meyer in Wörterbuch II S. 800, 801. Ab-
weichend das neue württemb. Recht nach Ges. v. 12. Aug. 1879 Art. 2: es kommt nicht darauf an, wer befohlen hat, sondern wer die Strafe verhängt; die obere Be- hörde kann dem Ungehorsam gegen den Befehl der unteren mit einer höheren Strafe entgegentreten als diese selbst. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0350" n="330"/><fw place="top" type="header">Die Polizeigewalt.</fw><lb/> gangen wäre, geeignet, als Gesetz im neuen Sinne übernommen zu<lb/> werden (oben § 10 n. 1), würde sie die erforderliche Grundlage jetzt<lb/> noch abgeben können.</p><lb/> <p>Das geschichtlich Hergebrachte wirkte aber allerdings als Beweg-<lb/> grund für unsere neue Gesetzgebung dahin, daſs sie die Ungehorsams-<lb/> strafe in sehr umfassender Weise zulieſs. Grundsätzlich ist sie jedem<lb/> gesetzmäſsigen Befehle der Polizeibehörden zur Seite gestellt. Die<lb/> Abgrenzung ist nur verneinend zu formulieren: die Ungehorsamsstrafe<lb/> gilt für alle Fälle obrigkeitlichen Befehls, für die sie nicht aus-<lb/> geschlossen ist, ausdrücklich oder durch anderweite Ordnung des<lb/> Zwanges<note place="foot" n="7">So Preuſs. L.V.G. § 132; Württemb. Ges. 12. Aug. 1879 Art. 2; Bad.<lb/> Pol.Stf.G.B. Art. 31; Hess. V.Ges. v. 1874 Art. 80. Einschränkend Bayr.<lb/> Pol.Stf.G.B. Art. 21, vgl. unten Note 17. Die pfälzischen Abgeordneten haben<lb/> seiner Zeit in der bayrischen Kammer vom Standpunkte ihres Provinzialrechts<lb/> aus die Zulassung der Ungehorsamsstrafe in E.G. zu Stf.G.B. v. 1861 Art. 28 leb-<lb/> haft bekämpft (<hi rendition="#g">Risch</hi> bei Dollmann, Ges.Gebung III, III S. 146). Aus dem<lb/> franz. Rechte ist nämlich seit der Revolution die Ungehorsamsstrafe verschwunden;<lb/> die Bestimmung c. pén. Art. 471 § 15, die <hi rendition="#g">Loening,</hi> V.R. S. 252, unter den<lb/> Gesetzen über die Exekutivstrafe anführt, enthält eine unzweifelhafte Polizei-<lb/> strafe.</note>.</p><lb/> <p>Das Gesetz bestimmt die Strafen der <hi rendition="#g">Art</hi> nach meist als Geld-<lb/> buſsen unter Festsetzung eines <hi rendition="#g">Höchstbetrages</hi><note place="foot" n="8">Abweichend Württemb. Ges. v. 27. Dez. 1871 Art. 2: Geldstrafe <hi rendition="#g">oder</hi><lb/> Haft; die Ungehorsamsstrafe hat hier überhaupt viel besonderes, und nähert sich<lb/> der Polizeistrafe. — Nach Sächs. Recht können die Behörden „sachgemäſse Strafen“<lb/> androhen, ohne daſs Regeln bestünden über Art und Maſs! <hi rendition="#g">Leuthold,</hi> Sächs.<lb/> V.R. S. 376.</note>. Umwandlung<lb/> der verhängten Geldstrafe in Haft nach dem Vorbild des Stf.G.B. ist<lb/> nicht selbstverständlich, vielmehr ausgeschlossen, wo sie vom Gesetz<lb/> nicht besonders zugelassen ist<note place="foot" n="9">So folgern mit Recht <hi rendition="#g">Bingner</hi> u. <hi rendition="#g">Eisenlohr,</hi> Bad. Stf.R. S. 194.</note>.</p><lb/> <p>Der alte Zusammenhang der Ungehorsamsstrafe mit der Amts-<lb/> gewalt erweist sich auch hier insofern, als die <hi rendition="#g">Höhe</hi> der zulässigen<lb/> Strafen verschieden bemessen wird je nach dem Range, welchen die<lb/> befehlende und strafdrohende Behörde in der Stufenfolge der Be-<lb/> hördenordnung einnimmt: die untere Behörde hat ein geringeres<lb/> Strafmaſs zur Aufrechterhaltung ihrer Amtsgewalt zur Verfügung als<lb/> die obere<note place="foot" n="10">Zusammenstellung bei G. <hi rendition="#g">Meyer</hi> in Wörterbuch II S. 800, 801. Ab-<lb/> weichend das neue württemb. Recht nach Ges. v. 12. Aug. 1879 Art. 2: es kommt<lb/> nicht darauf an, wer befohlen hat, sondern wer die Strafe verhängt; die obere Be-<lb/> hörde kann dem Ungehorsam gegen den Befehl der unteren mit einer höheren<lb/> Strafe entgegentreten als diese selbst.</note>.</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [330/0350]
Die Polizeigewalt.
gangen wäre, geeignet, als Gesetz im neuen Sinne übernommen zu
werden (oben § 10 n. 1), würde sie die erforderliche Grundlage jetzt
noch abgeben können.
Das geschichtlich Hergebrachte wirkte aber allerdings als Beweg-
grund für unsere neue Gesetzgebung dahin, daſs sie die Ungehorsams-
strafe in sehr umfassender Weise zulieſs. Grundsätzlich ist sie jedem
gesetzmäſsigen Befehle der Polizeibehörden zur Seite gestellt. Die
Abgrenzung ist nur verneinend zu formulieren: die Ungehorsamsstrafe
gilt für alle Fälle obrigkeitlichen Befehls, für die sie nicht aus-
geschlossen ist, ausdrücklich oder durch anderweite Ordnung des
Zwanges 7.
Das Gesetz bestimmt die Strafen der Art nach meist als Geld-
buſsen unter Festsetzung eines Höchstbetrages 8. Umwandlung
der verhängten Geldstrafe in Haft nach dem Vorbild des Stf.G.B. ist
nicht selbstverständlich, vielmehr ausgeschlossen, wo sie vom Gesetz
nicht besonders zugelassen ist 9.
Der alte Zusammenhang der Ungehorsamsstrafe mit der Amts-
gewalt erweist sich auch hier insofern, als die Höhe der zulässigen
Strafen verschieden bemessen wird je nach dem Range, welchen die
befehlende und strafdrohende Behörde in der Stufenfolge der Be-
hördenordnung einnimmt: die untere Behörde hat ein geringeres
Strafmaſs zur Aufrechterhaltung ihrer Amtsgewalt zur Verfügung als
die obere 10.
7 So Preuſs. L.V.G. § 132; Württemb. Ges. 12. Aug. 1879 Art. 2; Bad.
Pol.Stf.G.B. Art. 31; Hess. V.Ges. v. 1874 Art. 80. Einschränkend Bayr.
Pol.Stf.G.B. Art. 21, vgl. unten Note 17. Die pfälzischen Abgeordneten haben
seiner Zeit in der bayrischen Kammer vom Standpunkte ihres Provinzialrechts
aus die Zulassung der Ungehorsamsstrafe in E.G. zu Stf.G.B. v. 1861 Art. 28 leb-
haft bekämpft (Risch bei Dollmann, Ges.Gebung III, III S. 146). Aus dem
franz. Rechte ist nämlich seit der Revolution die Ungehorsamsstrafe verschwunden;
die Bestimmung c. pén. Art. 471 § 15, die Loening, V.R. S. 252, unter den
Gesetzen über die Exekutivstrafe anführt, enthält eine unzweifelhafte Polizei-
strafe.
8 Abweichend Württemb. Ges. v. 27. Dez. 1871 Art. 2: Geldstrafe oder
Haft; die Ungehorsamsstrafe hat hier überhaupt viel besonderes, und nähert sich
der Polizeistrafe. — Nach Sächs. Recht können die Behörden „sachgemäſse Strafen“
androhen, ohne daſs Regeln bestünden über Art und Maſs! Leuthold, Sächs.
V.R. S. 376.
9 So folgern mit Recht Bingner u. Eisenlohr, Bad. Stf.R. S. 194.
10 Zusammenstellung bei G. Meyer in Wörterbuch II S. 800, 801. Ab-
weichend das neue württemb. Recht nach Ges. v. 12. Aug. 1879 Art. 2: es kommt
nicht darauf an, wer befohlen hat, sondern wer die Strafe verhängt; die obere Be-
hörde kann dem Ungehorsam gegen den Befehl der unteren mit einer höheren
Strafe entgegentreten als diese selbst.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |