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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895.

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§ 21. Die Polizeierlaubnis

III. Die Versagung der Erlaubnis ist kein Hindernis für ein
neues Gesuch, selbst bei gleichbleibendem Thatbestand. Thatsächlich
wird die Behörde sich meist einfach auf ihren früheren Bescheid be-
ziehen können, wenn sie neuerdings abweist. Sie kann auch noch-
mals prüfen und je nachdem erlauben oder nochmals versagen. Durch
die erste Versagung entsteht keinerlei rechtliche Gebundenheit für sie.
Ausnahmen vermag in dieser Beziehung die Verwaltungsrechtspflege
zu schaffen, insofern der darin erlassene Versagungsbeschluss zu
Gunsten eines dritten Beteiligten rechtskräftig wird; davon oben
§ 14 Note 16.

Dagegen knüpft sich an die erteilte Erlaubnis eine besondere
Lehre von den ihr eigentümlichen Erlöschungsgründen.

Die Erlaubnis kann erlöschen infolge einer beigefügten besonderen
Bedingung oder Befristung (oben II n. 3).

Sie erlischt durch das Wegfallen der Voraussetzungen,
an welche sie geknüpft ist: die persönliche Erlaubnis mit dem Tode
des Empfängers, die gemischte mit dem Tode des Empfängers oder
dem Verlust der genehmigten Mittel, die sachliche mit der Auflösung
des Unternehmens.

Für manche Erlaubnisse ist gesetzlich zur Bedingung gemacht,
dass das Unternehmen in einer bestimmten Frist zur Ausführung ge-
bracht oder dass das einmal begonnene nicht während einer gewissen
Frist ausser Betrieb gesetzt werde. Dann kann die Erlaubnis er-
löschen durch Nichtgebrauch22. Von selbst versteht sich dieser
Endigungsgrund nicht.

Kein Erlöschungsgrund der Polizeierlaubnis ist der Verzicht.
Die Erlaubnis ist ein obrigkeitlicher Akt, welcher diesem Unternehmen
gegenüber das allgemeine Verbot für unanwendbar erklärt. Sie giebt
dem Empfänger nichts, worüber er verfügen könnte, sondern stellt
nur seine Freiheit wieder her, über das zu verfügen, was er sonst
hat und haben wird. Der Erlaubnisträger kann die Erlaubnis un-
benützt lassen; von ihm hängt es in gewissem Masse ab, ob die that-
sächlichen Voraussetzungen in Wegfall kommen; er kann auch eine

O.V.G. 19. Mai 1877 (Samml. II S. 358): Bei Erteilung eines Baukonsenses wird
dem Bauherrn zugleich verboten, künftighin etwa Fenster in einer Feuermauer an-
zubringen. Die Behörde verlangt von dem neuen Eigentümer die Beseitigung
der verbotswidrig angebrachten Fenster. Das Gericht aber spricht dem Verbote
die Wirkung gegen den Nachfolger ab; nur im Falle der mala fides beim Erwerb
meint es, könne es sich vielleicht doch auf ihn erstrecken. Wie letzteres zugehen
soll, ist nicht recht verständlich.
22 Gew.O. § 49, § 50.
§ 21. Die Polizeierlaubnis

III. Die Versagung der Erlaubnis ist kein Hindernis für ein
neues Gesuch, selbst bei gleichbleibendem Thatbestand. Thatsächlich
wird die Behörde sich meist einfach auf ihren früheren Bescheid be-
ziehen können, wenn sie neuerdings abweist. Sie kann auch noch-
mals prüfen und je nachdem erlauben oder nochmals versagen. Durch
die erste Versagung entsteht keinerlei rechtliche Gebundenheit für sie.
Ausnahmen vermag in dieser Beziehung die Verwaltungsrechtspflege
zu schaffen, insofern der darin erlassene Versagungsbeschluſs zu
Gunsten eines dritten Beteiligten rechtskräftig wird; davon oben
§ 14 Note 16.

Dagegen knüpft sich an die erteilte Erlaubnis eine besondere
Lehre von den ihr eigentümlichen Erlöschungsgründen.

Die Erlaubnis kann erlöschen infolge einer beigefügten besonderen
Bedingung oder Befristung (oben II n. 3).

Sie erlischt durch das Wegfallen der Voraussetzungen,
an welche sie geknüpft ist: die persönliche Erlaubnis mit dem Tode
des Empfängers, die gemischte mit dem Tode des Empfängers oder
dem Verlust der genehmigten Mittel, die sachliche mit der Auflösung
des Unternehmens.

Für manche Erlaubnisse ist gesetzlich zur Bedingung gemacht,
daſs das Unternehmen in einer bestimmten Frist zur Ausführung ge-
bracht oder daſs das einmal begonnene nicht während einer gewissen
Frist auſser Betrieb gesetzt werde. Dann kann die Erlaubnis er-
löschen durch Nichtgebrauch22. Von selbst versteht sich dieser
Endigungsgrund nicht.

Kein Erlöschungsgrund der Polizeierlaubnis ist der Verzicht.
Die Erlaubnis ist ein obrigkeitlicher Akt, welcher diesem Unternehmen
gegenüber das allgemeine Verbot für unanwendbar erklärt. Sie giebt
dem Empfänger nichts, worüber er verfügen könnte, sondern stellt
nur seine Freiheit wieder her, über das zu verfügen, was er sonst
hat und haben wird. Der Erlaubnisträger kann die Erlaubnis un-
benützt lassen; von ihm hängt es in gewissem Maſse ab, ob die that-
sächlichen Voraussetzungen in Wegfall kommen; er kann auch eine

O.V.G. 19. Mai 1877 (Samml. II S. 358): Bei Erteilung eines Baukonsenses wird
dem Bauherrn zugleich verboten, künftighin etwa Fenster in einer Feuermauer an-
zubringen. Die Behörde verlangt von dem neuen Eigentümer die Beseitigung
der verbotswidrig angebrachten Fenster. Das Gericht aber spricht dem Verbote
die Wirkung gegen den Nachfolger ab; nur im Falle der mala fides beim Erwerb
meint es, könne es sich vielleicht doch auf ihn erstrecken. Wie letzteres zugehen
soll, ist nicht recht verständlich.
22 Gew.O. § 49, § 50.
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[301/0321] § 21. Die Polizeierlaubnis III. Die Versagung der Erlaubnis ist kein Hindernis für ein neues Gesuch, selbst bei gleichbleibendem Thatbestand. Thatsächlich wird die Behörde sich meist einfach auf ihren früheren Bescheid be- ziehen können, wenn sie neuerdings abweist. Sie kann auch noch- mals prüfen und je nachdem erlauben oder nochmals versagen. Durch die erste Versagung entsteht keinerlei rechtliche Gebundenheit für sie. Ausnahmen vermag in dieser Beziehung die Verwaltungsrechtspflege zu schaffen, insofern der darin erlassene Versagungsbeschluſs zu Gunsten eines dritten Beteiligten rechtskräftig wird; davon oben § 14 Note 16. Dagegen knüpft sich an die erteilte Erlaubnis eine besondere Lehre von den ihr eigentümlichen Erlöschungsgründen. Die Erlaubnis kann erlöschen infolge einer beigefügten besonderen Bedingung oder Befristung (oben II n. 3). Sie erlischt durch das Wegfallen der Voraussetzungen, an welche sie geknüpft ist: die persönliche Erlaubnis mit dem Tode des Empfängers, die gemischte mit dem Tode des Empfängers oder dem Verlust der genehmigten Mittel, die sachliche mit der Auflösung des Unternehmens. Für manche Erlaubnisse ist gesetzlich zur Bedingung gemacht, daſs das Unternehmen in einer bestimmten Frist zur Ausführung ge- bracht oder daſs das einmal begonnene nicht während einer gewissen Frist auſser Betrieb gesetzt werde. Dann kann die Erlaubnis er- löschen durch Nichtgebrauch 22. Von selbst versteht sich dieser Endigungsgrund nicht. Kein Erlöschungsgrund der Polizeierlaubnis ist der Verzicht. Die Erlaubnis ist ein obrigkeitlicher Akt, welcher diesem Unternehmen gegenüber das allgemeine Verbot für unanwendbar erklärt. Sie giebt dem Empfänger nichts, worüber er verfügen könnte, sondern stellt nur seine Freiheit wieder her, über das zu verfügen, was er sonst hat und haben wird. Der Erlaubnisträger kann die Erlaubnis un- benützt lassen; von ihm hängt es in gewissem Maſse ab, ob die that- sächlichen Voraussetzungen in Wegfall kommen; er kann auch eine 21 22 Gew.O. § 49, § 50. 21 O.V.G. 19. Mai 1877 (Samml. II S. 358): Bei Erteilung eines Baukonsenses wird dem Bauherrn zugleich verboten, künftighin etwa Fenster in einer Feuermauer an- zubringen. Die Behörde verlangt von dem neuen Eigentümer die Beseitigung der verbotswidrig angebrachten Fenster. Das Gericht aber spricht dem Verbote die Wirkung gegen den Nachfolger ab; nur im Falle der mala fides beim Erwerb meint es, könne es sich vielleicht doch auf ihn erstrecken. Wie letzteres zugehen soll, ist nicht recht verständlich.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht01_1895/321>, abgerufen am 17.05.2024.