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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895.

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§ 21. Die Polizeierlaubnis.
enthalten als das Mildere gegenüber der einfachen Versagung, gerade
wie das Gebot eines der Schädlichkeit abhelfenden Thuns in dem
Rechte des einfachen Verbotes (oben § 19 Note 12).

Das Gesetz kann aber auch die erlaubende Behörde besonders
ermächtigen,
ihrer Erlaubnis solche Auflagen beizufügen, gleich-
viel ob die Erlaubniserteilung im übrigen gebunden ist oder nach
freiem Ermessen erteilt werden kann. Im letzteren Fall ermächtigt
also das Gesetz zu Auflagen, welche nach dem oben Gesagten die
Behörde aus ihrer Macht über die Erlaubniserteilung allein schon
schöpfen konnte; das hat gleichwohl noch seinen Sinn, denn die recht-
liche Bedeutung der Auflagen ist verschieden bei der einen und bei
der anderen Grundlage.

Welches die rechtliche Bedeutung der Auflage ist, das zeigt sich
in dem Falle, wo von seiten des Unternehmers ihren Vorschriften
nicht nachgekommen wird.

Handelt es sich um eine Auflage, welche die Behörde lediglich
auf Grund des ihr zustehenden freien Ermessens der Er-
laubniserteilung beigefügt hat, so bewirkt die Nichterfüllung der Auf-
lage, dass das Unternehmen durch die erteilte Erlaubnis nicht mehr
gedeckt ist wegen der Polizeiwidrigkeit, gegen die das Verbot mit
Erlaubnisvorbehalt gerichtet war. Die Auflage ist kein Befehl, der
nun einfach zu vollstrecken wäre. Die Auflage ist auch keine Be-
dingung, deren Nichterfüllung von selbst das allgemeine Verbot wieder
in Kraft treten liesse. Sie bedeutet einen Vorbehalt für die Be-
hörde, im Falle der Nichterfüllung trotz der erteilten Erlaubnis die
der etwa erscheinenden Polizeiwidrigkeit entsprechenden Massregeln
zu treffen. Das kann die zwangsmässige Durchführung der Auflage
sein oder eine andere Massregel, die dem Fall angemessen ist; kann
auch der einfache Widerruf der Erlaubnis sein. Die Forderung der
Verhältnismässigkeit der Polizeigewaltübung tritt wieder in Wirk-
samkeit19.

Wenn dagegen die Behörde die Auflage der Erlaubnis beigefügt
hat auf Grund einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung dazu, dann

19 O.V.G. 7. Nov. 1878 (Samml. IV S. 378): Baukonsens für eine Säge erteilt
unter der Bedingung d. h. Auflage, dass diese durch ein zu erbauendes Wohn-
haus nach der Strasse zu verdeckt werde. Nach Errichtung der Säge will die
Behörde den Bau des Wohnhauses erzwingen; das Gericht sagt aber: "die Befugnis
der Polizeibehörde kann nicht weiter reichen, als der Zweck ihres Einschreitens
bedingt (Grundsatz der Verhältnismässigkeit). Obwohl der Unternehmer sich der
Bedingung unterworfen hat, kann er nachträglich immer noch geltend machen, dass
nach Massgabe des ausgeführten Unternehmens die Durchführung der Auflage "über
den Zweck hinausgehe".

§ 21. Die Polizeierlaubnis.
enthalten als das Mildere gegenüber der einfachen Versagung, gerade
wie das Gebot eines der Schädlichkeit abhelfenden Thuns in dem
Rechte des einfachen Verbotes (oben § 19 Note 12).

Das Gesetz kann aber auch die erlaubende Behörde besonders
ermächtigen,
ihrer Erlaubnis solche Auflagen beizufügen, gleich-
viel ob die Erlaubniserteilung im übrigen gebunden ist oder nach
freiem Ermessen erteilt werden kann. Im letzteren Fall ermächtigt
also das Gesetz zu Auflagen, welche nach dem oben Gesagten die
Behörde aus ihrer Macht über die Erlaubniserteilung allein schon
schöpfen konnte; das hat gleichwohl noch seinen Sinn, denn die recht-
liche Bedeutung der Auflagen ist verschieden bei der einen und bei
der anderen Grundlage.

Welches die rechtliche Bedeutung der Auflage ist, das zeigt sich
in dem Falle, wo von seiten des Unternehmers ihren Vorschriften
nicht nachgekommen wird.

Handelt es sich um eine Auflage, welche die Behörde lediglich
auf Grund des ihr zustehenden freien Ermessens der Er-
laubniserteilung beigefügt hat, so bewirkt die Nichterfüllung der Auf-
lage, daſs das Unternehmen durch die erteilte Erlaubnis nicht mehr
gedeckt ist wegen der Polizeiwidrigkeit, gegen die das Verbot mit
Erlaubnisvorbehalt gerichtet war. Die Auflage ist kein Befehl, der
nun einfach zu vollstrecken wäre. Die Auflage ist auch keine Be-
dingung, deren Nichterfüllung von selbst das allgemeine Verbot wieder
in Kraft treten lieſse. Sie bedeutet einen Vorbehalt für die Be-
hörde, im Falle der Nichterfüllung trotz der erteilten Erlaubnis die
der etwa erscheinenden Polizeiwidrigkeit entsprechenden Maſsregeln
zu treffen. Das kann die zwangsmäſsige Durchführung der Auflage
sein oder eine andere Maſsregel, die dem Fall angemessen ist; kann
auch der einfache Widerruf der Erlaubnis sein. Die Forderung der
Verhältnismäſsigkeit der Polizeigewaltübung tritt wieder in Wirk-
samkeit19.

Wenn dagegen die Behörde die Auflage der Erlaubnis beigefügt
hat auf Grund einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung dazu, dann

19 O.V.G. 7. Nov. 1878 (Samml. IV S. 378): Baukonsens für eine Säge erteilt
unter der Bedingung d. h. Auflage, daſs diese durch ein zu erbauendes Wohn-
haus nach der Straſse zu verdeckt werde. Nach Errichtung der Säge will die
Behörde den Bau des Wohnhauses erzwingen; das Gericht sagt aber: „die Befugnis
der Polizeibehörde kann nicht weiter reichen, als der Zweck ihres Einschreitens
bedingt (Grundsatz der Verhältnismäſsigkeit). Obwohl der Unternehmer sich der
Bedingung unterworfen hat, kann er nachträglich immer noch geltend machen, daſs
nach Maſsgabe des ausgeführten Unternehmens die Durchführung der Auflage „über
den Zweck hinausgehe“.
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[299/0319] § 21. Die Polizeierlaubnis. enthalten als das Mildere gegenüber der einfachen Versagung, gerade wie das Gebot eines der Schädlichkeit abhelfenden Thuns in dem Rechte des einfachen Verbotes (oben § 19 Note 12). Das Gesetz kann aber auch die erlaubende Behörde besonders ermächtigen, ihrer Erlaubnis solche Auflagen beizufügen, gleich- viel ob die Erlaubniserteilung im übrigen gebunden ist oder nach freiem Ermessen erteilt werden kann. Im letzteren Fall ermächtigt also das Gesetz zu Auflagen, welche nach dem oben Gesagten die Behörde aus ihrer Macht über die Erlaubniserteilung allein schon schöpfen konnte; das hat gleichwohl noch seinen Sinn, denn die recht- liche Bedeutung der Auflagen ist verschieden bei der einen und bei der anderen Grundlage. Welches die rechtliche Bedeutung der Auflage ist, das zeigt sich in dem Falle, wo von seiten des Unternehmers ihren Vorschriften nicht nachgekommen wird. Handelt es sich um eine Auflage, welche die Behörde lediglich auf Grund des ihr zustehenden freien Ermessens der Er- laubniserteilung beigefügt hat, so bewirkt die Nichterfüllung der Auf- lage, daſs das Unternehmen durch die erteilte Erlaubnis nicht mehr gedeckt ist wegen der Polizeiwidrigkeit, gegen die das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt gerichtet war. Die Auflage ist kein Befehl, der nun einfach zu vollstrecken wäre. Die Auflage ist auch keine Be- dingung, deren Nichterfüllung von selbst das allgemeine Verbot wieder in Kraft treten lieſse. Sie bedeutet einen Vorbehalt für die Be- hörde, im Falle der Nichterfüllung trotz der erteilten Erlaubnis die der etwa erscheinenden Polizeiwidrigkeit entsprechenden Maſsregeln zu treffen. Das kann die zwangsmäſsige Durchführung der Auflage sein oder eine andere Maſsregel, die dem Fall angemessen ist; kann auch der einfache Widerruf der Erlaubnis sein. Die Forderung der Verhältnismäſsigkeit der Polizeigewaltübung tritt wieder in Wirk- samkeit 19. Wenn dagegen die Behörde die Auflage der Erlaubnis beigefügt hat auf Grund einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung dazu, dann 19 O.V.G. 7. Nov. 1878 (Samml. IV S. 378): Baukonsens für eine Säge erteilt unter der Bedingung d. h. Auflage, daſs diese durch ein zu erbauendes Wohn- haus nach der Straſse zu verdeckt werde. Nach Errichtung der Säge will die Behörde den Bau des Wohnhauses erzwingen; das Gericht sagt aber: „die Befugnis der Polizeibehörde kann nicht weiter reichen, als der Zweck ihres Einschreitens bedingt (Grundsatz der Verhältnismäſsigkeit). Obwohl der Unternehmer sich der Bedingung unterworfen hat, kann er nachträglich immer noch geltend machen, daſs nach Maſsgabe des ausgeführten Unternehmens die Durchführung der Auflage „über den Zweck hinausgehe“.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht01_1895/319>, abgerufen am 17.05.2024.