Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895.Grundzüge der Verwaltungsrechtsordnung. werden verdient. Wir hätten dann eine übersichtliche Gruppierung.Die Verwaltungsvorschrift ist nicht gleichbedeutend mit Generalver- fügung, sondern sie ist der Akt, der bestimmt ist, solche zu geben, wie die Verordnung bestimmt ist, Rechtssätze zu geben; sie kann daneben noch anderes enthalten, Meinungsäusserungen, Belehrungen, Vorsätze, so gut wie Gesetz und Verordnung das neben ihren Rechts- sätzen thun11. 3. Eine dritte, verhältnismässig weniger ergiebige Quelle des Die Autonomie, Selbstgesetzgebung, erscheint auf dem Gebiete Die Selbstverwaltung besteht darin, dass ein Stück öffentlicher 11 Über den Gegensatz dieser reichsrechtlichen Verwaltungsvorschriften zur rechtssatzschaffenden Verordnung Seydel in Annalen 1874 S. 1143 ff.; Laband, St.R. I S. 596, wo auch die Meinung von Arndt, Verord.R. S. 35, es wären doch Rechtssätze gemeint, genügend widerlegt sein dürfte. Haenel, St.R. I S. 382, will dem Wort Verwaltungsvorschrift eine "subjektive Bedeutung" geben in dem Sinne, dass es den Urheber der Vorschrift, die Verwaltung, also die vollziehende Gewalt bedeutet. Da könnte es allerdings auch Rechtssätze bedeuten; man muss die Urheberschaft in besonderem Sinn verstehen, damit der Ausdruck sich recht- fertigt: Verwaltungsvorschrift ist eine solche, die mit der der Verwaltung d. h. der vollziehenden Gewalt eignen Kraft wirkt, im Gegensatz zur Verordnung, der die entlehnte Kraft des Gesetzes zusteht. -- Es ist in neuerer Zeit üblich geworden, den Gegensatz dadurch zum Ausdruck zu bringen, dass man die Verordnungen als Rechtsverordnungen, die Verwaltungsvorschriften als Verwaltungsverord- nungen bezeichnet. Vgl. die stattliche Aufzählung der Anhänger dieser Bezeich- nungen bei Laband, St.R. I S. 572. Das Wort Rechtsverordnung mag angehen, sofern es die rechtssatzschaffende, gesetzvertretende Natur der Verordnung noch besonders unterstreicht. Aber der Gegensatz Verwaltungsverordnung bringt uns in die schiefe Lage, dass wir eine für das Gebiet der Verwaltung ergehende Rechtsverordnung nicht mehr kurz Verwaltungsverordnung nennen dürfen, weil wir damit sofort schon erklärten, sie könne keine Rechtssätze enthalten. Und doch besteht daneben die Thatsache, dass wir das für das Gebiet der Verwaltung ergehende Gesetz ruhig Verwaltungsgesetz nennen, ohne an seiner Rechtssatzfähigkeit zu zweifeln. Das wäre also nicht folgerichtig. Laband freilich hat die Folgerichtigkeit herzustellen gewusst, indem er St.R. I S. 679 auch das Verwaltungsgesetz für ein solches er- klärt, das keine Rechtsvorschriften enthält. Da kann man diesen Sinn nicht mehr rechtfertigen aus dem Ursprung der Vorschrift aus der Verwaltung d. h. vollziehen- den Gewalt und der ihr eignen beschränkten Kraft. Es ist einzig der alte polizei- staatliche Gedanke, dass "Verwaltung" von selbst den Gegensatz von "Recht" be- deute, der dem ersteren Wort diese "privative" Bedeutung giebt, wo es als Zusatz verwendet wird. Gegen diesen Gedanken müssen wir uns aber im Namen des Rechtsstaates verwahren. 12 Laband, St.R. I S. 104; Gareis, Allg. St.R. S. 86.
Grundzüge der Verwaltungsrechtsordnung. werden verdient. Wir hätten dann eine übersichtliche Gruppierung.Die Verwaltungsvorschrift ist nicht gleichbedeutend mit Generalver- fügung, sondern sie ist der Akt, der bestimmt ist, solche zu geben, wie die Verordnung bestimmt ist, Rechtssätze zu geben; sie kann daneben noch anderes enthalten, Meinungsäuſserungen, Belehrungen, Vorsätze, so gut wie Gesetz und Verordnung das neben ihren Rechts- sätzen thun11. 3. Eine dritte, verhältnismäſsig weniger ergiebige Quelle des Die Autonomie, Selbstgesetzgebung, erscheint auf dem Gebiete Die Selbstverwaltung besteht darin, daſs ein Stück öffentlicher 11 Über den Gegensatz dieser reichsrechtlichen Verwaltungsvorschriften zur rechtssatzschaffenden Verordnung Seydel in Annalen 1874 S. 1143 ff.; Laband, St.R. I S. 596, wo auch die Meinung von Arndt, Verord.R. S. 35, es wären doch Rechtssätze gemeint, genügend widerlegt sein dürfte. Haenel, St.R. I S. 382, will dem Wort Verwaltungsvorschrift eine „subjektive Bedeutung“ geben in dem Sinne, daſs es den Urheber der Vorschrift, die Verwaltung, also die vollziehende Gewalt bedeutet. Da könnte es allerdings auch Rechtssätze bedeuten; man muſs die Urheberschaft in besonderem Sinn verstehen, damit der Ausdruck sich recht- fertigt: Verwaltungsvorschrift ist eine solche, die mit der der Verwaltung d. h. der vollziehenden Gewalt eignen Kraft wirkt, im Gegensatz zur Verordnung, der die entlehnte Kraft des Gesetzes zusteht. — Es ist in neuerer Zeit üblich geworden, den Gegensatz dadurch zum Ausdruck zu bringen, daſs man die Verordnungen als Rechtsverordnungen, die Verwaltungsvorschriften als Verwaltungsverord- nungen bezeichnet. Vgl. die stattliche Aufzählung der Anhänger dieser Bezeich- nungen bei Laband, St.R. I S. 572. Das Wort Rechtsverordnung mag angehen, sofern es die rechtssatzschaffende, gesetzvertretende Natur der Verordnung noch besonders unterstreicht. Aber der Gegensatz Verwaltungsverordnung bringt uns in die schiefe Lage, daſs wir eine für das Gebiet der Verwaltung ergehende Rechtsverordnung nicht mehr kurz Verwaltungsverordnung nennen dürfen, weil wir damit sofort schon erklärten, sie könne keine Rechtssätze enthalten. Und doch besteht daneben die Thatsache, daſs wir das für das Gebiet der Verwaltung ergehende Gesetz ruhig Verwaltungsgesetz nennen, ohne an seiner Rechtssatzfähigkeit zu zweifeln. Das wäre also nicht folgerichtig. Laband freilich hat die Folgerichtigkeit herzustellen gewuſst, indem er St.R. I S. 679 auch das Verwaltungsgesetz für ein solches er- klärt, das keine Rechtsvorschriften enthält. Da kann man diesen Sinn nicht mehr rechtfertigen aus dem Ursprung der Vorschrift aus der Verwaltung d. h. vollziehen- den Gewalt und der ihr eignen beschränkten Kraft. Es ist einzig der alte polizei- staatliche Gedanke, daſs „Verwaltung“ von selbst den Gegensatz von „Recht“ be- deute, der dem ersteren Wort diese „privative“ Bedeutung giebt, wo es als Zusatz verwendet wird. Gegen diesen Gedanken müssen wir uns aber im Namen des Rechtsstaates verwahren. 12 Laband, St.R. I S. 104; Gareis, Allg. St.R. S. 86.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0146" n="126"/><fw place="top" type="header">Grundzüge der Verwaltungsrechtsordnung.</fw><lb/> werden verdient. Wir hätten dann eine übersichtliche Gruppierung.<lb/> Die Verwaltungsvorschrift ist nicht gleichbedeutend mit Generalver-<lb/> fügung, sondern sie ist der Akt, der bestimmt ist, solche zu geben,<lb/> wie die Verordnung bestimmt ist, Rechtssätze zu geben; sie kann<lb/> daneben noch anderes enthalten, Meinungsäuſserungen, Belehrungen,<lb/> Vorsätze, so gut wie Gesetz und Verordnung das neben ihren Rechts-<lb/> sätzen thun<note place="foot" n="11">Über den Gegensatz dieser reichsrechtlichen Verwaltungsvorschriften zur<lb/> rechtssatzschaffenden Verordnung <hi rendition="#g">Seydel</hi> in Annalen 1874 S. 1143 ff.; <hi rendition="#g">Laband,</hi><lb/> St.R. I S. 596, wo auch die Meinung von <hi rendition="#g">Arndt,</hi> Verord.R. S. 35, es wären doch<lb/> Rechtssätze gemeint, genügend widerlegt sein dürfte. <hi rendition="#g">Haenel,</hi> St.R. I S. 382,<lb/> will dem Wort Verwaltungsvorschrift eine „subjektive Bedeutung“ geben in dem<lb/> Sinne, daſs es den Urheber der Vorschrift, die Verwaltung, also die vollziehende<lb/> Gewalt bedeutet. Da könnte es allerdings auch Rechtssätze bedeuten; man muſs<lb/> die Urheberschaft in besonderem Sinn verstehen, damit der Ausdruck sich recht-<lb/> fertigt: Verwaltungsvorschrift ist eine solche, die mit der der Verwaltung d. h. der<lb/> vollziehenden Gewalt eignen Kraft wirkt, im Gegensatz zur Verordnung, der die<lb/> entlehnte Kraft des Gesetzes zusteht. — Es ist in neuerer Zeit üblich geworden,<lb/> den Gegensatz dadurch zum Ausdruck zu bringen, daſs man die Verordnungen als<lb/> Rechtsverordnungen, die Verwaltungsvorschriften als <hi rendition="#g">Verwaltungsverord-<lb/> nungen</hi> bezeichnet. Vgl. die stattliche Aufzählung der Anhänger dieser Bezeich-<lb/> nungen bei <hi rendition="#g">Laband,</hi> St.R. I S. 572. Das Wort Rechtsverordnung mag angehen, sofern<lb/> es die rechtssatzschaffende, gesetzvertretende Natur der Verordnung noch besonders<lb/> unterstreicht. Aber der Gegensatz Verwaltungsverordnung bringt uns in die schiefe<lb/> Lage, daſs wir eine für das Gebiet der Verwaltung ergehende Rechtsverordnung<lb/> nicht mehr kurz Verwaltungsverordnung nennen dürfen, weil wir damit sofort schon<lb/> erklärten, sie könne keine Rechtssätze enthalten. Und doch besteht daneben die<lb/> Thatsache, daſs wir das für das Gebiet der Verwaltung ergehende Gesetz ruhig<lb/> Verwaltungsgesetz nennen, ohne an seiner Rechtssatzfähigkeit zu zweifeln. Das<lb/> wäre also nicht folgerichtig. <hi rendition="#g">Laband</hi> freilich hat die Folgerichtigkeit herzustellen<lb/> gewuſst, indem er St.R. I S. 679 auch das Verwaltungsgesetz für ein solches er-<lb/> klärt, das keine Rechtsvorschriften enthält. Da kann man diesen Sinn nicht mehr<lb/> rechtfertigen aus dem Ursprung der Vorschrift aus der Verwaltung d. h. vollziehen-<lb/> den Gewalt und der ihr eignen beschränkten Kraft. Es ist einzig der alte polizei-<lb/> staatliche Gedanke, daſs „Verwaltung“ von selbst den Gegensatz von „Recht“ be-<lb/> deute, der dem ersteren Wort diese „privative“ Bedeutung giebt, wo es als Zusatz<lb/> verwendet wird. Gegen diesen Gedanken müssen wir uns aber im Namen des<lb/> Rechtsstaates verwahren.</note>.</p><lb/> <p>3. Eine dritte, verhältnismäſsig weniger ergiebige Quelle des<lb/> Verwaltungsrechts liefert die <hi rendition="#g">Autonomie</hi>.</p><lb/> <p>Die Autonomie, Selbstgesetzgebung, erscheint auf dem Gebiete<lb/> der Verwaltung immer verbunden mit der Selbstverwaltung<note place="foot" n="12"><hi rendition="#g">Laband,</hi> St.R. I S. 104; <hi rendition="#g">Gareis,</hi> Allg. St.R. S. 86.</note>.</p><lb/> <p>Die Selbstverwaltung besteht darin, daſs ein Stück öffentlicher<lb/> Verwaltung einer untergeordneten juristischen Person des öffentlichen<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [126/0146]
Grundzüge der Verwaltungsrechtsordnung.
werden verdient. Wir hätten dann eine übersichtliche Gruppierung.
Die Verwaltungsvorschrift ist nicht gleichbedeutend mit Generalver-
fügung, sondern sie ist der Akt, der bestimmt ist, solche zu geben,
wie die Verordnung bestimmt ist, Rechtssätze zu geben; sie kann
daneben noch anderes enthalten, Meinungsäuſserungen, Belehrungen,
Vorsätze, so gut wie Gesetz und Verordnung das neben ihren Rechts-
sätzen thun 11.
3. Eine dritte, verhältnismäſsig weniger ergiebige Quelle des
Verwaltungsrechts liefert die Autonomie.
Die Autonomie, Selbstgesetzgebung, erscheint auf dem Gebiete
der Verwaltung immer verbunden mit der Selbstverwaltung 12.
Die Selbstverwaltung besteht darin, daſs ein Stück öffentlicher
Verwaltung einer untergeordneten juristischen Person des öffentlichen
11 Über den Gegensatz dieser reichsrechtlichen Verwaltungsvorschriften zur
rechtssatzschaffenden Verordnung Seydel in Annalen 1874 S. 1143 ff.; Laband,
St.R. I S. 596, wo auch die Meinung von Arndt, Verord.R. S. 35, es wären doch
Rechtssätze gemeint, genügend widerlegt sein dürfte. Haenel, St.R. I S. 382,
will dem Wort Verwaltungsvorschrift eine „subjektive Bedeutung“ geben in dem
Sinne, daſs es den Urheber der Vorschrift, die Verwaltung, also die vollziehende
Gewalt bedeutet. Da könnte es allerdings auch Rechtssätze bedeuten; man muſs
die Urheberschaft in besonderem Sinn verstehen, damit der Ausdruck sich recht-
fertigt: Verwaltungsvorschrift ist eine solche, die mit der der Verwaltung d. h. der
vollziehenden Gewalt eignen Kraft wirkt, im Gegensatz zur Verordnung, der die
entlehnte Kraft des Gesetzes zusteht. — Es ist in neuerer Zeit üblich geworden,
den Gegensatz dadurch zum Ausdruck zu bringen, daſs man die Verordnungen als
Rechtsverordnungen, die Verwaltungsvorschriften als Verwaltungsverord-
nungen bezeichnet. Vgl. die stattliche Aufzählung der Anhänger dieser Bezeich-
nungen bei Laband, St.R. I S. 572. Das Wort Rechtsverordnung mag angehen, sofern
es die rechtssatzschaffende, gesetzvertretende Natur der Verordnung noch besonders
unterstreicht. Aber der Gegensatz Verwaltungsverordnung bringt uns in die schiefe
Lage, daſs wir eine für das Gebiet der Verwaltung ergehende Rechtsverordnung
nicht mehr kurz Verwaltungsverordnung nennen dürfen, weil wir damit sofort schon
erklärten, sie könne keine Rechtssätze enthalten. Und doch besteht daneben die
Thatsache, daſs wir das für das Gebiet der Verwaltung ergehende Gesetz ruhig
Verwaltungsgesetz nennen, ohne an seiner Rechtssatzfähigkeit zu zweifeln. Das
wäre also nicht folgerichtig. Laband freilich hat die Folgerichtigkeit herzustellen
gewuſst, indem er St.R. I S. 679 auch das Verwaltungsgesetz für ein solches er-
klärt, das keine Rechtsvorschriften enthält. Da kann man diesen Sinn nicht mehr
rechtfertigen aus dem Ursprung der Vorschrift aus der Verwaltung d. h. vollziehen-
den Gewalt und der ihr eignen beschränkten Kraft. Es ist einzig der alte polizei-
staatliche Gedanke, daſs „Verwaltung“ von selbst den Gegensatz von „Recht“ be-
deute, der dem ersteren Wort diese „privative“ Bedeutung giebt, wo es als Zusatz
verwendet wird. Gegen diesen Gedanken müssen wir uns aber im Namen des
Rechtsstaates verwahren.
12 Laband, St.R. I S. 104; Gareis, Allg. St.R. S. 86.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |