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Mayer, Adolf: Der Kapitalismus in der Gelehrtenwelt. In: Sammlung von Vorträgen für das deutsche Volk, VI, 7. Heidelberg, 1881.

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A. Mayer:
auf dessen Besitz sie einen besonders hohen Werth legt, ein
schönes Jnstitut als Lockspeise bieten, so ist dies wenigstens
ein edleres Motiv als das Geld, und der Handel, der sich
entspinnt, ein anständigerer. Die Zugkraft einer Berufung
würde in jedem Falle eine geringere sein. Der übergroße
Wechsel würde aufhören; die Docenten würden eine Heimath
finden, in welcher sie mehr mit dem Bürgerthum verwachsen
und selber ihre Bürgerpflichten zum Segen für sich und andere
ausüben könnten. Sollte das nicht ein besserer Zustand sein?

Jch beschränke mich auf diese wenigen Andeutungen. Es
ist ja leicht eine neue und bessere Organisation auf dem Papiere
hinzuwerfen; aber es ist auch nutzlos, wenn man zu sehr
in der Luft steht, um seinen Hebel an den irdischen Dingen
ansetzen zu können. Praktische Agitation ist nicht der Zweck
dieser Zeilen, sondern theoretische Anregung und Gedanken-
austausch. Wollte ein Gleichgesinnter, der die Kraft dafür
in sich fühlt, auf das unendlich schwierigere Gebiet des Han-
delns hinübertreten, so scheint mir nur, wenn es nicht der
zukünftige Cultusminister des deutschen Reiches selber sein
sollte, ein Weg offen zu liegen, und auch dieser ist mühseelig
und führt nur langsam zum Ziel. Mit den im Sattel Sitzenden
und gar im Besitze fetter Pfründen Befindlichen ist im Großen
und Ganzen Nichts anzufangen, und auch bei den Regierungen
kann man bei dem besten Willen der maßgebenden Minister
und Räthen nicht vorwärtskommen. Bei Jenen nicht, da sie
in ihre gelehrten Detailforschungen vertieft sind und alle Or-
ganisationsbestrebungen für verlorene Zeit halten, namentlich --
da sie selber nichts dabei zu gewinnen haben. Bei den Letzteren
nicht, weil sie es mit den besten Namen der Universität un-
fehlbar verderben würden, wenn sie der Autokratie derselben
so in's Gesicht schlügen, daß sie ohne deren Willen Organisations-


A. Mayer:
auf deſſen Beſitz ſie einen beſonders hohen Werth legt, ein
ſchönes Jnſtitut als Lockſpeiſe bieten, ſo iſt dies wenigſtens
ein edleres Motiv als das Geld, und der Handel, der ſich
entſpinnt, ein anſtändigerer. Die Zugkraft einer Berufung
würde in jedem Falle eine geringere ſein. Der übergroße
Wechſel würde aufhören; die Docenten würden eine Heimath
finden, in welcher ſie mehr mit dem Bürgerthum verwachſen
und ſelber ihre Bürgerpflichten zum Segen für ſich und andere
ausüben könnten. Sollte das nicht ein beſſerer Zuſtand ſein?

Jch beſchränke mich auf dieſe wenigen Andeutungen. Es
iſt ja leicht eine neue und beſſere Organiſation auf dem Papiere
hinzuwerfen; aber es iſt auch nutzlos, wenn man zu ſehr
in der Luft ſteht, um ſeinen Hebel an den irdiſchen Dingen
anſetzen zu können. Praktiſche Agitation iſt nicht der Zweck
dieſer Zeilen, ſondern theoretiſche Anregung und Gedanken-
austauſch. Wollte ein Gleichgeſinnter, der die Kraft dafür
in ſich fühlt, auf das unendlich ſchwierigere Gebiet des Han-
delns hinübertreten, ſo ſcheint mir nur, wenn es nicht der
zukünftige Cultusminiſter des deutſchen Reiches ſelber ſein
ſollte, ein Weg offen zu liegen, und auch dieſer iſt mühſeelig
und führt nur langſam zum Ziel. Mit den im Sattel Sitzenden
und gar im Beſitze fetter Pfründen Befindlichen iſt im Großen
und Ganzen Nichts anzufangen, und auch bei den Regierungen
kann man bei dem beſten Willen der maßgebenden Miniſter
und Räthen nicht vorwärtskommen. Bei Jenen nicht, da ſie
in ihre gelehrten Detailforſchungen vertieft ſind und alle Or-
ganiſationsbeſtrebungen für verlorene Zeit halten, namentlich —
da ſie ſelber nichts dabei zu gewinnen haben. Bei den Letzteren
nicht, weil ſie es mit den beſten Namen der Univerſität un-
fehlbar verderben würden, wenn ſie der Autokratie derſelben
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[202 [42]/0044] A. Mayer: auf deſſen Beſitz ſie einen beſonders hohen Werth legt, ein ſchönes Jnſtitut als Lockſpeiſe bieten, ſo iſt dies wenigſtens ein edleres Motiv als das Geld, und der Handel, der ſich entſpinnt, ein anſtändigerer. Die Zugkraft einer Berufung würde in jedem Falle eine geringere ſein. Der übergroße Wechſel würde aufhören; die Docenten würden eine Heimath finden, in welcher ſie mehr mit dem Bürgerthum verwachſen und ſelber ihre Bürgerpflichten zum Segen für ſich und andere ausüben könnten. Sollte das nicht ein beſſerer Zuſtand ſein? Jch beſchränke mich auf dieſe wenigen Andeutungen. Es iſt ja leicht eine neue und beſſere Organiſation auf dem Papiere hinzuwerfen; aber es iſt auch nutzlos, wenn man zu ſehr in der Luft ſteht, um ſeinen Hebel an den irdiſchen Dingen anſetzen zu können. Praktiſche Agitation iſt nicht der Zweck dieſer Zeilen, ſondern theoretiſche Anregung und Gedanken- austauſch. Wollte ein Gleichgeſinnter, der die Kraft dafür in ſich fühlt, auf das unendlich ſchwierigere Gebiet des Han- delns hinübertreten, ſo ſcheint mir nur, wenn es nicht der zukünftige Cultusminiſter des deutſchen Reiches ſelber ſein ſollte, ein Weg offen zu liegen, und auch dieſer iſt mühſeelig und führt nur langſam zum Ziel. Mit den im Sattel Sitzenden und gar im Beſitze fetter Pfründen Befindlichen iſt im Großen und Ganzen Nichts anzufangen, und auch bei den Regierungen kann man bei dem beſten Willen der maßgebenden Miniſter und Räthen nicht vorwärtskommen. Bei Jenen nicht, da ſie in ihre gelehrten Detailforſchungen vertieft ſind und alle Or- ganiſationsbeſtrebungen für verlorene Zeit halten, namentlich — da ſie ſelber nichts dabei zu gewinnen haben. Bei den Letzteren nicht, weil ſie es mit den beſten Namen der Univerſität un- fehlbar verderben würden, wenn ſie der Autokratie derſelben ſo in’s Geſicht ſchlügen, daß ſie ohne deren Willen Organiſations-

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Zitationshilfe: Mayer, Adolf: Der Kapitalismus in der Gelehrtenwelt. In: Sammlung von Vorträgen für das deutsche Volk, VI, 7. Heidelberg, 1881, S. 202 [42]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_kapitalismus_1881/44>, abgerufen am 24.11.2024.